Kapitel 10

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Als ich meine Augen öffnete, konnte ich noch immer das Knacken desFeuers hören und in den Sternenhimmel schauen. Ich setzte mich auf und sah michum. Liam stand immer noch mit dem Rücken zu uns und Delia lag schlafend nebenmir, aber etwas stimmte nicht. Es war nicht viel Zeit vergangen. Ich stand aufund sah mich erneut um. Gegenüber von mir, auf der anderen Seite des Feuers,stand eine Gestalt. Es war ein Mann. „Hallo Lia. Schön das ich dich endlich malkennen lernen darf." Seine Stimme war kratzig, aber freundlich. Ich trat einenSchritt näher an ihn heran. „Wer bist du?", fragte ich ihn. Er lächelte und eswar ein Lächeln, was ich lange nicht mehr gesehen hatte, denn es war ehrlichund mitreißend. „Ich bin Rufus. Ihr seid auf dem Weg mich zu finden, aber esist momentan zu gefährlich mich anderen zu offenbaren und in ihre Weltzurückzukehren, aber sie sind auch nicht von Bedeutung, sondern du Lia."Verwirrt sah ich ihn an. „Ich? Wieso?", fragte ich nach. „Du bist dieAuserwählte." Ich schmunzelte. „Glaub mir. Sie sind nicht der Einzige bisjetzt, der das behauptet hat und bei allen anderen habe ich es auch nichtverstanden." Er kam ums Feuer herum und sah mich aus seinen alten, faltigenAugen an. „Lia, weißt du denn nicht wo du bist?" Ich drehte mich um und erstdann viel mir auf, dass Liam von unserem Gespräch keine Notiz nahm. Es lief mirein eiskalter Schauer über den Rücken. „Wir sind in der Geisterwelt, aber daswürde dann ja bedeuten, dass du..." Ich betrachtete ihn genauer. Er hatte keinespitzen Ohren, keine Kiemen oder Flügel. Er könnte noch ein Isen sein, aberdafür strahlte er zu viel Wärme und Freundlichkeit aus. „Du bist ein Mensch undwenn du nicht tot bist, dann bist du ein Magier oder um genauer zu sein, einWeltenwandlermagier." Ich sah ihn fassungslos an, aber er nickte nurzustimmend. Rufus, der Allwissendste von Allen, war ein Mensch. Ein Magier sowie ich. Konnte das überhaupt wahr sein? „Wieso kannst du dich den anderennicht zeigen?" Er wirkte auf einmal frustriert. „Sie wollen die Ältesten ausdem Weg schaffen, damit sie nicht die Wahrheit erzählen." Er legte mir eineHand auf die Schulter. „Du bist die Einzige, die die Wahrheit ans Licht bringenkann." Fragend sah ich ihn an. „Welche Wahrheit?" Er sprach leise, auch wennhier niemand war, der uns hätte hören können. „Hakunas Herrscher Paar ist noch am Leben. Die Schwarzenhalten sie gefangen. Sie wollen ihre Macht um dann schließlich selber überHakuna und dann nach und nach über ganz Renju herrschen zu können." Mirstockte der Atem. Jack und seine Anhänger oder war Jack selber einer? „Wo sindsie und wie bekommen sie ihre Macht?" Rufus kam mir noch ein Stückchen näher. „Sie fangen die Seelen und raubenihnen ihre letzte Existenz. Du weißt so gut wie ich, dass manche Geister immernoch Magie enthalten können und diese saugen sie auf und sammeln sie, um dannanschließend damit zurückzukehren." Die Schwarzen wollten Renju erobern,aber warum? „Du musst jetzt gehen, du und deine Freunde. Ihr seid in Gefahr.Ihr könnt nicht länger hier bleiben." Noch bevor ich protestieren konnte, dasssie nicht meine Freunde waren, hörte ich wie Liam aufgebracht zu Delia lief undsie wach rüttelte. „Delia! Delia verdammt, wach auf! Wo ist Lis?" Stimmt ja,sie konnten mich nicht sehen. Ich sollte zurückkehren bevor sie nach mirsuchten. Ich drehte mich noch einmal zu Rufus um. „Hast du mich in dieGeisterwelt gebracht?" Er nickte zustimmend. „Nach Jahre langer Übung konnteich es." Ich nickte anerkennend. Dann drehte ich mich weg, lief zu Liam,stellte mich direkt vor ihn, schloss meine Augen und rief: „Transformationreset". Als ich meine Augen wieder öffnete, sprang Liam gerade einen Schrittvon mir weg und starrte mich fassungslos an und Delia guckte wie blöd aus derWäsche. „Wie?" Liam hatte sich immer noch nicht gerafft und versuchte noch zuverstehen was gerade geschehen war. Ich lächelte ihn an, aber dann fiel mirwieder ein, dass Rufus mich ja gewarnt hatte und wir so schnell wie möglichhier weg mussten. „Liam, Delia! Packt die Sachen! Wir müssen so schnell wiemöglich hier weg!" Delia rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Was? Wieso?" Ichrollte genervt die Augen und fing an die Sachen zu packen. „Uns bleibt keineZeit. Rufus hat mir gesagt wir sollen fliehen. Am besten kehren wir zurück zurHütte und besprechen dort in Ruhe wie wir vorgehen werden." Zur meinerÜberraschung stellte Liam keine weiteren Fragen, sondern half mir die restlichesSachen in den Taschen zu verstauen. Delia war in der Zwischenzeit aufgestandenund hatte ihre Sachen ebenfalls verpackt. Als wir fertig waren löschten wir dasFeuer und machten uns auf den Weg zurück zur Holzhütte. Unterwegs erzählte ichLiam und Delia was geschehen war und was Rufus mir berichtete. „Also werdendeine komischen Geister von Jacks herauf beschworendem Monster gefressen undderen Magie gebündelt und die von dem Herrscherpaar?" Ich rannte hinter Liamher, dicht gefolgt von Delia. „Ganz genau und wir müssen sie daraus holen."Liam lachte bitter. „Das ist so krank und Lebensmüde, das ist dir bewusstoder?" Er warf mir einen kurzen Blick über die Schulter zu. „Oh ja, Krank undLebensmüde ist mein Leben." Ich setzte an Tempo zu. „Und wie du einfachverschwunden bist und wieder aufgetaucht, das war..." Unglaublich? Krass? Hatdeinen starken Charakter betont? „Das war äußerst dumm und leichtsinnig."Fassungslos starrte ich ihn an. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass sowasdabei heraus kommt. „Ich habe das ja nicht freiwillig gemacht! Er hat mich jaschließlich zu sich gerufen!" Ich sah wie Delia mich von links einholte. „ÄhLeute, ich will eure nette Unterhaltung ja nicht stören, aber ich glaube wirbekommen Schwierigkeiten!" Liam und ich schauten hinter uns, wo sich gerade eingeflügeltes Wesen von einem Baum empor in den Himmel aufstieg und unsereVerfolgung aufnahm. „Was zur Hölle ist das?!" schrie ich. „Das ist ein Flex!"schrie Delia mir zurück. „Schnell, kann fliegen und am schlimmsten, sie reißendir aus Reflex deinen Kopf ab!" Panisch sah ich erst zu ihr, dann zu Liam, dergerade nach seinen Gesicht Ausdruck zu urteilen, einen Plan ausheckte. Da vorneging es nicht weiter. Aber es gab einen Felsspalt der gerade groß genug für unswar, so dass wir, aber der Flex nicht, durch passen würden. Das einzige Problemwar, dass davor freies Gelände war und er uns dort kriegen könnte. Dann schauteer mir direkt in die Augen und als hätte ich seine Gedanken gelesen, wusste ichwas zu tun war. Wenn ich Liam richtig verstanden hatte, würde er ihn ablenken,während ich und Delia zum Spalt laufen können. Ich legte an Tempo zu und wiegedachte lief Liam schräg rechts weiter von uns weg und regte dieAufmerksamkeit auf sich. Delia und ich liefen so schnell wir konnten zum Spaltund quetschten uns durch. Auf der anderen Seite befand sich ein Hohlraum, wo amEnde ein Gang weiter führte. Ich sah durch den Spalt, dass Liam auf uns zurannte dicht gefolgt vom Flex. Ob er es noch rechtzeitig schaffen würde? DerFlex erwischte ihn mit einer Kralle an seiner linken Schulter. Er stolperteleicht, rannte aber weiter. Er hatte Schmerzen. Ich sah mich in der Höhle um,nach irgendwas zu schmeißen und fand einige Steine, die geeignet waren. Malgucken was der Sportunterricht mir gebracht hatte. Ich holte aus und warf, trafaber nicht. Ich warf weiter und beim dritten Versuch klappte es und der Steinlandete direkt im Auge vom Flex, der kurz zusammenzuckte und verwirrt schien.Dieser kurze Moment reichte Liam aber schon aus, um sich zu uns in die Höhle zuquetschen. Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. Delia war sofort zurStelle und gab ihm eine Wasserflasche. „Wir sollten uns hier ein paar Minutenausruhen. Hier sind wir sicher und wir haben auch kaum geschlafen." Wir nicktenzustimmend und ließen uns nieder. Delia hatte sich in die Ecke schlafen gelegtund Liam saß an der Wand. Er versuchte es zwar so gut wie möglich zu verbergen,aber er hatte schmerzen. Ich wusste ganz genau wie jemand aussah, wenn erversuchte Schmerzen zu verstecken. Das hatte ich selber schon so oft getan, damerkte man es sofort. Ich stand auf und hockte mich genau gegenüber von ihmhin. Er hob fragend eine Augenbraue hoch. Ich legte ihm eine Hand auf seinelinke Schulter und er biss seine Zähne zusammen. Triumphierend lächelte ich. Nabitte. Sag ich doch. „Du solltest deiner Kameradin sowas nicht verschweigen."Ich ging zu den Taschen und wühlte nach den Verbandssachen und der Salbe. Alsich sie gefunden hatte, ging ich wieder zu Liam und sah ihn auffordernd an.„Los." Er seufzte, verstand aber ganz genau was ich wollte. „Brauchst du jetztetwa schon Hilfe deinen Kartoffelsack auszuziehen?" Er rollte genervt mit denAugen. „Nein, ich bin nur nicht besonders stark darauf aus mir von einemkleinen Mädchen was sagen zu lassen." Ich erwiderte seinen genervten Blick,schmunzelte aber. „Ach was, ich aber von einem eingebildeten halben Walross?"Sein Mundwinkel zuckte kurz, was aber gleich zu einem schmerzlichenGesichtsausdruck wurde, als er sein weißes Shirt, was nun einen roten Blutfleckhatte, über seinen Kopf zog. Ich bin ein Mädchen und wenn ein Kerl vor dirsitzt mit einem Sixpack und wunderschönen Augen, guckt man schon mal zwei malhin, aber das dritte Mal berührte ich seine Wunde. Er zuckte zusammen. „Hördoch jetzt mal auf, da die ganze Zeit drin rumzustochern." Fauchte er mich an.Ich fing an zu lachen. „Stell dich nicht so an." Ich öffnete die Salbe und trugdiese vorsichtig, aber großzügig auf seine Wunde auf. Er zuckte nur kurzzusammen, danach entspannte er sich. Ich konnte deutlich seine Muskeln spüren,als ich ihm den Verband anlegte. Ich sah aus dem Augenwinkel wie er michanstarrte. „Was?" fragte ich. „Wie oft hast du das jetzt schon gemacht?" Ichsah ihn fragend an. „Wieso? Bin ich zu schlecht für dich?" Er schütteltelangsam den Kopf. „Nein. Es sieht eher so aus, als würdest du das gerade ausErfahrung tun." Ich lachte bitter. „Sagen wir es so, Geister sind nicht immerlieb. Warum glaubst du wohl konnte ich dir meinen wunderschönen Kinnhakenzeigen?" Er schmunzelte. „Ich muss gestehen, den hätte ich dir nicht zugetraut.Lernst du sowas auf der Erde?" Ich nickte. „Ja, also ungefähr. Ich besuche einebesondere Schule für Menschen wie mich, mit Gaben oder Flüchen, wenn du michfragst." Sein Blick verschärfte sich. „Wieso ist das für dich ein Fluch?" Ichschluckte schwer. „Kompliziert. So, du bist fertig." Er sah auf seine Schulter.„Danke" Ich nickte. „Schon gut, ist selbstverständlich." Er schüttelte wiederden Kopf. „Nein, ist es nicht und nicht nur dafür, sondern auch wegen derSteine. Das hat mir wohl möglich eine schlimmere Verletzung erspart." Ichlächelte ihn an. „Gern. Kleine Mädchen können sich halt doch wehren." Ich hörteein Stöhnen und sah, dass Delia gerade erwacht war. „Dann sollten wir wiederaufbrechen.", schlug ich vor und wir machten uns kurz darauf auf den Weg. Delialaberte Liam den ganzen Rest des Weges voll, von wegen er hätte sich dochgleich von ihr verarzten lassen können und so weiter. Irgendwie tat er mirleid. Wir waren wieder bei der Felswand angekommen und Liam legte seine Handauf die Wand und sein Blick verschärfte sich dabei. „Was ist?" fragte ich Liam.„Es war jemand hier." Delia und ich warfen uns verwirrte Blicke zu. Hatte erdas an der Magie festgestellt? Wir sprangen wieder durch die Wand, aber warendiesmal auf der Hut, wie bis jetzt noch nie. Vorsichtig näherten wir uns derHolzhütte. Liam gab uns ein Zeichnen draußen zu warten. Er schlich sich weitervoran zur Tür, die offen stand und nur angelehnt war. Mit einem Schwung trat ersie auf und hatte sein Schwert gezogen. „Wer bist du?!", rief Liam einer Personzu, die im Sessel saß, der Richtung Tür gerichtet war. Ich wusste ganz genauwer da saß und mein Herz machte einen Sprung. „Gefunden.", erwiderte Danelässig.

Die Suche nach meinem IchWhere stories live. Discover now