Als ich meine Augen öffnete, befand ich mich in einem kleinen Kellerraum. Verwirrt sah ich mich um. „Und hier lebst du? Also nicht das es nicht schön ist, es ist nur...besonders?" Rufus kicherte. „Aber nein. Komm mit. Ich stelle dir meine Frau vor." Er ging hinüber zu einer kleinen Treppe, die nach oben führte. Sie war aus Holz, das morsch war und knirschte, wenn man es betrat. „Du hast eine Frau Rufus?" Wieder kicherte er. „Oh ja. Eine Lilie in meiner Sammlung." Verdattert blieb ich auf der Treppe stehen. „Sammlung?" Rufus öffnete die Tür am Ende der Treppe und betrat ein geräumiges Wohnzimmer. Es sah aus wie ein normales Wohnzimmer, sogar einen Fernseher hatten sie an der Wand hängen. Ein großes Sofa und zwei Sessel standen in der Mitte. Die Wände waren weinrot und die Möbelstücke aus hellem Holz. Rufus sprang mitten ins Wohnzimmer rein. „Kätzchen, ich bin wieder daheim und habe Besuch mitgebracht." Angewidert sah ich ihn an. „Kätzchen?" Aus einer Tür kam eine kleine mollige Frau, die mir gerade Mal bis zu den Oberschenkel reichte heraus. Sie hatte ein Nudelholz in der einen Hand und kam rasend schnell näher. Sie sah verärgert aus. Sie lief direkt auf Rufus zu und schlug ihn mit dem Nudelholz. Mir blieb der Mund offen stehen. „Aua, Honigmaus, das tut doch weh. Gib mir lieber einen dicken Schmatzer." Rufus beugte sich vor um seiner Frau um den Hals zu fallen, aber die wich geschickt aus. Er fiel zu Boden und sie stellte einen Fuß auf seinen Rücken. „Das hast du davon, wenn du immer meinen Schinken aufisst." Rufus wimmerte. „Aber Schnäuselchen, wenn du immer zu wenig kochst." Sie drückte noch fester zu. Erst jetzt bemerkte sie mich und sah mich prüfend an. „Mhh und wen hast du da schon wieder angeschleppt?" Sie war nun von ihm runter gegangen und Rufus rappelte sich wieder auf. „Die Auserwählte." sagte er, als wäre es etwas völlig normales für ihn. „Hallo, schönen guten Tag." Begrüßte ich sie höflich. Mit der wollte ich mich nicht in den Ring stellen. Rufus Frau bekam große Augen und schlug sich die Hände vor den Mund. „Nein, wirklich. Ist das wahr?" Ich zögerte kurz. „Naja, wenn man den Leuten glaubt, die das alle behaupten, dann könnte man...huch." Die Frau hatte mich an der Hand gepackt und zog mich zum Sofa. Ich ließ mich darauf nieder und sie verschwand in der Küche. Rufus gesellte sich zu mir. Kurz darauf kam sie mit einen Tablett wieder, auf dem Teetassen und Kanne, mit Kuchenstücken auf kleinen Tellern bereit standen. Sie stellte es auf dem Couchtisch ab und stellte mir eine Tasse hin. „Du bist doch bestimmt ganz durstig und hungrig. Ich mache euch gleich was zu Essen. Hier." Sie stellte den Kuchen vor mir hin und goss Tee in meine Tasse. „Schön brav aufessen. Schokolade ist gut für das Herz. Nur leider keine Männer." Sie war Rufus noch einen letzten missbilligenden Blick zu, bevor sie wieder in der Küche verschwand. Ich nahm mir eine Gabel vom Tablett und bestückte sie mit einem kleinen Stück Kuchen, das ich mir gleich in den Mund stopfte. Ich sah dabei Rufus fragend an, der nur seufze. „Ist sie nicht ein Sonnenschein von einem Menschen?" Ich zog die Augenbrauen hoch. „Hast du was genommen? Die Frau ist stink sauer auf dich." Rufus nahm ein Schluck von seinem Tee. „Das siehst du falsch. Sie rächt sich nur dafür, dass ich einfach abgehauen bin und sie wusste nicht wohin oder warum." Ich schmunzelte. „Genauso wie der Schinken, was?" Er zuckte zusammen. „Das wäre eine Möglichkeit, aber eher gering." Ich hatte den Kuchen aufgegessen und die Gabe beiseitegelegt. „Also, wann holen wir die anderen?" Rufus nahm noch einen Schluck. „Gar nicht." Ich sah ihn wütend an. „Was? Aber ich muss sie holen!" Er stellte seine Tasse ab und sah mir in die Augen. „Sie werden zu uns kommen." Ich schnaubte. „Und woher willst du das wissen?" Er runzelte die Stirn. „Und ich dachte schon du stellst keine Fragen." Er streckte sich. „Wenn du in ihrer Lage wärst. Würdest du glauben, dass dieser Freund tot sei?" Ich sah ihn fragend an. „Wenn ich es gesehen habe ja, aber ich würde es nicht glauben wollen." „Genau und wenn man etwas nicht will, ändert man es." Nun war ich verwirrt. „Und wie?" Er schaute genervt drein. „In dem man nach Lösungen sucht." Ich überlegte kurz. „Oder in dem man zu jemanden geht, der die Lösung wissen könnte. Jemand wie...jemand wie du." Kam es aus mir heraus. „Na bitte, das hat ja Jahre gedauert. Matilda! Wo bleibt das Essen?!" Ein Wutschrei kam aus der Küche. Kein Wunder warum seine Frau einen Hass auf ihn hatte. Ich hörte ein Knacken, das von dem Flur neben der Küche kam. Eine schlanke Schönheit betrat den Raum. Kurzes schwarzes Haar, Haselnussbraune Augen, lange Wimpern, ein weißes langes Kleid. Sie kam auf Rufus zu und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Schön, dass du wieder da bist." Ich seufze. „Na? Ist das die zweite Ehefrau in deiner Sammlung?" Das Mädchen sah mich verwirrt an. „Sammlung? Ich bin seine Tochter." Mir stockte der Atem und ich musste husten. „Bitte was?!" Nun sahen mich Vater und Tochter ungläubig an. „Wie kann aus sowas, nicht böse gemeint, sowas werden?!" Sie lachte zärtlich und es war ein wunderschönes Lachen. „Ich wurde aufgenommen. Ich bin nicht seine leibliche Tochter. Ich heiße Elena, nett dich kennen zu lernen." Sie streckte mir ihre Hand entgegen. Ich nahm sie an und drückte sie kurz. „Ich verstehe." Sie hatte helle strahlende Haut und eine kühle Aura. War sie vielleicht eine Isen? Sie war ca. in meinem Alter und erinnerte mich an jemanden, aber ich wusste einfach nicht wer. „Wann werden die anderen uns finden? Und wieso können wir sie nicht suchen?" Elena sah kurz zu ihrem Ziehvater, aber als er sich nicht äußerte, erhob sie das Wort. „Du hast doch bestimmt schon davon gehört, dass er gesucht wird oder?" Ich nickte knapp. „Wie in der Zwischenwelt, so auch in Renju. Wir befinden uns momentan in einer von uns erschaffenen Zwischenzone, wo wir desweiteren erstmals sicher sind. Er kann nicht heraus. Dass er dich geholt hat, war schon ein großes Risiko und eigentlich hatten wir es ihm verboten das Haus zu verlassen, aber er hat uns nun die Auserwählte gebracht und dafür sind wir sehr dankbar." Sie lächelte ihren Vater an und ich seufze. „Auserwählte. Ne ist klar." Ich stand auf und ging ein bisschen im Raum herum. „Aber hast du nicht vielleicht eine Ahnung, wann sie kommen werden?" Rufus zupfte sich an seinem kleinen Bart. „Mhhh...in so...drei Monaten vielleicht." Ich dreht mich schlagartig um und sah in entsetzt an. „Was?!" Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht auch vier." Ich hätte auf der Stelle in Ohnmacht fallen können. Drei Monate waren einfach zu viel des Guten. „Und was sollen wir die ganze Zeit machen?" Rufus stand nun auch auf und stellte sich direkt vor mich hin. Er ragte mir auch nur bis zur Brust und ich hätte schwören können, dass der alte perverse Sack auf sie raufstarrte. „Ich werde dich unterrichten." Ich starrte ihn an. „Worin bitte schön?" Er trat einen Schritt beiseite und ging den Flur entlang. „Worin du noch nicht gelehrt wurdest. Wissen." Er war verschwunden, ich genervt und die Situation einfach komplett chaotisch. Elena führte mich auf mein Zimmer. Ja, mein Zimmer. Sie wussten wohl, dass eines Tages die Auserwählte bei ihnen hausen würde. Verrückt. Diese Welt machte mich verrückt. Es war ein kleines gemütliches Zimmer. Es hatte grüne Wände und erinnerte mich an Zuhause. Zuhause. Was sie wohl alle machten? Im Raum stand eine weiße Kommode, ein großes weißes Bett, ein kleiner Schreibtisch mit Hocker, ein kleiner Sessel mit Tisch und auf dem Boden ein flauschiger Teppich. Es war wundervoll. Ich ließ mich auf das Bett fallen und zog mich zusammen. Meine Gedanken kamen nun wieder zum Vorschein und ich fing an, an die Decke zu starren. Würden sie mich wirklich finden? Würden sie drei Monate dafür brauchen oder länger? Das wäre grauenvoll. Wissen sollte ich lernen. Hatte die Knollnase nicht mehr alle Eier in der Hose? Okay, er war einer der allwissenden Feen Dingsies, aber ich wusste dennoch schon mehr, als andere Leute. Vor allem was Magie anging. Meine Augen wurden schwer und ich entschloss mich dazu ein kleines Nickerchen zu machen. Sie konnten mich ja wecken, wenn es Essen gab. Ich hing noch kurz meinen Gedanken nach, bis ich schließlich einschlief. Als ich erwachte war alles still im Haus. Neben mir auf dem Nachtisch stand ein kleines Tablett. Ich nahm einen Schluck von dem darauf stehenden Glas Wasser und ein Stück aus der Früchteschale. Ich ging hinüber zur Kommode und durchsuchte sie nach ein paar Klamotten. Ich suchte mir eine dunklere Jeans, ein weißes Top und eine Strickjacke raus. Die Jacke war dunkel blau und fühlte sich wohlig warm an meinen Armen an. Ich verließ mein Zimmer, um mich im Haus ein bisschen umzusehen. Es war bereits Tag, aber mucks mäuschen still im Haus. Wo steckten die bloß alle? Ich ging durch die Küche, sämtliche Flure und Zimmer, aber fand sie nicht. Wo waren sie denn bloß alle? Ich ging zurück ins Wohnzimmer, wo nun die Haustür offen stand. Nanu? Ich dachte, es wäre zu gefährlich hinaus zu gehen. Vorsichtig trat ich durch die Tür, um mit Angreifern zu rechnen. Ich wurde geblendet und als sich meine Augen an das grelle Licht halbwegs gewöhnt hatten, stockte mir der Atem. Was ich sah, war ein Teich. Ich stand auf einmal mitten auf einem flachen Stein, der sich mitten im Teich befand. Er war eingeschossen von den Blättern einer Trauerweide, durch die einzelne Sonnenstrahlen hindurch blitzten. Ich konnte das zirpen von Grillen hören und das surren der Glühwürmchen, die überall herumschwirrten, obwohl es Tag war. Erst jetzt bemerkte ich, dass vor mir eine Person im Schneidersitz saß und mir direkt in die Augen sah. Es war Rufus. „Ich dachte du darfst das Haus nicht verlassen Knollnase. Also, was ist das hier?" Ich drehte mich langsam, um meine Umgebung noch besser betrachten zu können. „Wir sind hier nicht außerhalb des Hauses. Wir sind immer noch im Zwischenraum." Erstaunt drehte ich mich wieder zu ihm um. „Du hast diese Illusion erschaffen?" Er nickte knapp. „Sie ist so..." Er schnaubte. „Magisch?" Ich hielt kurz inne. „Wunderschön. Ich kenne diesen Ort irgendwo her, aber..." Rufus unterbrach mich. „Ich habe ihn dir gezeigt, vor zwei Jahren." Entsetzt starrte ich ihn an. „Bitte was?" Er seufze. „Immer stellst du so viele Fragen. Und ich dachte damals, du wärst verschlossen." Ich hob eine Augenbraue und atmete einmal tief ein und aus. „Was?!" schrie ich ihn nun an. „Und du schreist viel mehr als gedacht." Er rieb sich genervt die Schläfen. „Als du zur Akademie gestoßen bist, hast du mich in deinem Traum besuchst. Schon so wusste ich, dass du die Auserwählte bist. Du hast mir freiwillig alles erzählt, ohne Hemmungen, warst ein sehr ruhiges und liebes Mädchen, aber die Akademie hat dich wohl verändert und zu einer kleinen Kämpferin gemacht was? Aber wie es nun mal mit Träumen so ist, sobald man erwacht, hat man sie schon wieder vergessen, aber genug. Du bist nicht wegen der Vergangenheit, sondern wegen der Zukunft hier." Ich fing an zu lachen und Rufus sah mich verängstigt an. „Liebes und nettes Mädchen?" Ich sah in verbittert in die Augen. „Das bin ich schon lange nicht mehr, tut mir leid, aber du musst mich verwechseln." Einige Sekunden war es komplett still und man lauschte nur den Geräuschen der Umgebung. Schließlich unterbrach Rufus die erdrückende Stille. „Ich werde dich lehren, eine Weltenwandlermagierin zu sein. Ich weiß, dass du schon viel gelernt hast, aber das wird noch nicht reichen, wenn du dein Ziel erreichen möchtest." Mein Ziel. Diese Worte klangen fremd für mich. In den letzten zwei Jahren war meine einzige Absicht, alle in meiner Umgebung von mir fernzuhalten. Aber selbst das hat nicht gerade gut funktioniert. „Und an was hattest du so gedacht?" Ich setzte mich zu ihm auf den Boden. „Charakter. Den Charakter der Geister zu nutzen, kann dir in vielen Situationen schon helfen. Es ist ein Spiel Lia. " „Ein Spiel? Aber wie? Und woher weiß ich, was für ein Charakter er hat?" „Das spürst du an seiner Aura. Du bist mit der Gabe gesegnet, diese spüren zu können, wenn du dich wirklich konzentrierst." Gabe? Knollnase hatte ja keine Ahnung. „Und wie willst du mir das beibringen?" Er schloss seine Augen. „Worauf wartest du?" „Hä? Du hast mir doch gar keine Anweisung gegeben." Er seufze und öffnete wieder seine Augen. „Wenn du meine Aura spüren willst, musst du dich konzentrieren. Also, meditiere und spüre mich." Scheiße, das war mir zu viel. Ich konnte zwar kleine Nickerchen machen und im Unterricht so tun, als würde ich zuhören, aber meditieren?! Diese Welt machte mich fertig. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren, wobei mich aber immer wieder so Dinge, wie Popo jucken oder eine laufende Nase störten. An dem Tag schaffte ich es nicht. Auch nicht im Laufe des Monats, dennoch machte ich kleine Fortschritte und kam diesem Ziel immer näher. Meine Tage hatten einen geregelten Ablauf. Essen, trainieren, Essen, im Haushalt helfen, an die Decke starren, Essen, Bad nehmen, schlafen gehen. Nicht gerade spannend, aber...nein, es gab kein aber. Es war die reinste Folter und mit jedem Tag mehr wurde ich wahnsinniger, dennoch auch besser. „Du bist soweit. Heute wirst du deine eigene Illusion erschaffen." Ich nickte selbstsicher. „Und wie?" Rufus setzte sich auf den Boden, so wie immer und schmunzelte, das war aber neu. „Durch reine Vorstellungskraft." Er warf mir noch kurz einen Blick zu, der mir sagen sollte, dass ich bloß keine Fragen stellen sollte, sondern einfach machen sollte. Der hat gut reden. Der lebte schließlich schon Jahrzehnte und zerfiel bald zu staub. Ich machte es ihm gleich und ließ mich auf den Boden nieder und schloss meine Augen. Reine Vorstellungskraft. Ich will ein Raum. Mit einem Bett. Nein, meinem Bett. Dem vertrauten Schrank und den grünen Wänden. Mit den Bildern, die ich immer ansah. Ich erstellte mir mein Zimmer mit den kleinsten Gedanken und erschuf mir eine kleine Welt, nur durch die Vorstellungskraft. Ich spürte wie ich ihm langsam nach und nach Leben einhauchte und beim letzten Detail, riss ich meine Augen auf und schwebte in der Luft, in meinem Zimmer. „Was?! Rufus! Ich...schwebe und ich...hab es geschafft!" Rufus nickte nur wissend und schmunzelte leicht über seine kleinen Apfelbäckchen. „Du bist bereit. Das Schweben nennt man auch fliegen meine Liebe. Du beherrscht deine Umgebung, es ist dein Raum und du kannst es, wann immer du willst tun, außer in der realen Welt. Ich glaube.." Er sah kurz auf die Armbanduhr an seinem Handgelenk. „Die Zeit ist reif." Verwirrt sah ich ihn an, noch immer hoch über ihn schwebend. „Für sie." Rufus machte eine kleine kreisförmige Bewegung in der Luft und die Illusion löste sich auf. Ich landete auf einen Ast der Trauerweide und Rufus saß in der Mitte des Steines. Plötzlich erschien ein grelles Licht und drei Gestalten traten daraus hervor. Mir stockte der Atem. Sie waren tatsächlich gekommen, wie Rufus es gesagt hatte, nach 3 ein halb Monaten. Delia, Liam und Dane standen nun direkt vor Rufus und sahen entschlossener denn je aus.
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Die Suche nach meinem Ich
FantasíaDie sechzehnjährige Lia hat vor zwei Jahren alles verloren was ihr lieb war. Mit der Gabe als Weltenwandlerin ist sie verflucht und tut sich mit ihrer Vergangenheit sehr schwer. Auf der speziellen Schule lernt sie mit ihrer Gabe umzugehen und sie be...