Kapitel 13

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Ich wusste nicht, wie lange wir schon durch diesen blöden Wald liefen, aber es ging mir auf die Nerven. Ständig stolperte ich über irgendwelche Wurzeln und Dane musste mich auffangen, bevor ich einen eleganten Purzelbaum hinlegte. Nachdem ich zum 25 Mal beinahe den Boden erkundet hätte, seufze Delia laut. „Was kannst du eigentlich Uschi? Gehen jedenfalls nicht." Sie warf mir einen herausfordernden Blick zu. Das kam mir bekannt vor. Irgendwer hatte schon mal so was Ähnliches gesagt, aber ich wusste nicht mehr wer oder etwa doch? „Ich laufe nicht so oft durch sumpfige Wälder. Ich bin Zivilisation gewöhnt, aber du verstehst das ja sowieso nicht, du weißt ja noch nicht mal was das ist." Delia schnaubte empört. „Was denkst du eigentlich wo ich lebe? Natürlich gibt es auch hier in Renju Handelsstädte, nur ist hier die Luft nicht so verpestet wie bei euch." Ihr hochnäsiges Getue kotzte mich an. Eigentlich kotzte mich alles an ihr an. Vor allem diese Hose. „Woher willst du wissen, dass unsere Luft verpestet ist, wenn du noch nie da warst?" warf Dane ein. Stimmt, da war was dran. „Alleine die Tatsache, dass sie da herkommt, reicht doch schon aus oder? Aber wenn du es genau wissen möchtest, ich habe viele Mythen und Legenden über die Erde erfahren und was sich da so abspielt, lässt jeden erschauern. Es heißt, die Menschen machen die Erde krank und verpesten sie. Die Uschis sollen geschickt worden sein, um dieses aufzuhalten und alles wieder ins Gleichgewicht zu bringen. So wie überall, wo sie auftauchen. Aber das ist alles nur dummes Gelaber, außer mit deiner Nähe, du stinkst nämlich wirklich nach etwas eigenartigem." Ich sah sie verwirrt an. Danes Kopf neigte sich zu mir, so nah, dass ich eine Gänsehaut bekam. Er schmunzelte. „Ja, du riechst ganz furchtbar betörend nach Vanille." Er hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Nach Vanille? Das soll also grausam riechen? „Könntet ihr euer lautes und nebenbei auch komplett sinnloses Gespräch, mal einstellen? Oder hattet ihr vor verspeist zu werden?" Delia verstummte sofort und bekam leichte Apfelbäckchen. Oh wie süß, sie war verlegen, weil ihr Angebeteter sie zurechtgewiesen hatte. Wie knuffig. „Und von was sollten wir bitte aufgefressen werden, du halbes Walross?" fragte Dane belustigt. Meine Schuhbänder waren aufgegangen und ich bemerkte es erst jetzt. Grund für meine 25 Mal fast Purzelbäume gefunden. Ich hockte mich schnell runter um sie zu zubinden und mich dann wieder sofort anzuschließen. Die andern merkten nicht, dass ich ein kleines Stück zurück gefallen war, denn Dane war viel zu sehr damit beschäftigt sich über Liams Theorien lustig zu machen. Ich wollte gerade hinter ihnen herlaufen, als sich etwas hartes fest um meinen Knöchel schlang und mich davon abhielt. Ich zerrte daran und wollte schon die anderen aufmerksam auf mich machen, aber ein beweglicher Ast, ja ein Ast, schlang sich vor meinen Mund und zog mich von ihnen Weg. Ich versuchte mich panisch zu befreien. Warum zur Hölle gab es hier lebendige Mutanten Bäume?! Das Atmen viel mir schwerer und ich egal wie viel ich mich dagegen stemmte und versuchte zu schreien. Es brachte nichts. Es zog mich immer weiter weg von ihnen. Ist meine Anwesenheit echt so unbemerkbar? Wow, Kompliment an mich. Hartes antrainieren, nur leider nützte es mir gerade rein gar nichts. Sollte ich versuchen zu wandeln? Aber dann wüssten sie nicht mehr wo ich bin. Tot würde ich ihnen aber auch nichts bringen. Damit war der Entschluss wohl gefällt. Ich versuchte mich zu konzentrieren, auch wenn es nicht leicht war, wenn man gerade vielleicht in den Tod gezogen wurde. Ich schloss die Augen. Mein Herz pulsierte rasend schnell, ich hörte die immer weiter entfernten Stimmen, spürte den zarten Wind, der durch den Wald schlich. In der Ferne hörte ich Dane lachen, über vermutliche Bäume. Liam hatte wohl doch nicht unrecht. Ich versuchte noch einmal so viel Luft wie möglich zu ergattern. Jetzt! Ich wartete kurz und schlug dann verwirrt die Augen auf. Was zum? Wieso funktionierte es nicht? Jetzt übermannte mich die Panik und all die gesammelte Konzentration und Ruhe war verschwunden. In Gedanken schrie ich um Hilfe, aber es war wohl nur ein Keuchen zu hören. Meine Augen fingen an zu tränen. Einmal wünschte ich mir, dass mich jemand bemerken würde. Von der Ferne sah ich, wie Liam stehen blieb und sich hastig umdrehte. Seine vor Erschrecken weit aufgerissenen Augen erblickten mich und er rannte los. Dane und Delia hinter ihm her. Liam hatte sein Eisschwert gezogen und Dane hatte einen Dolch in der Hand. Sie kamen schnell auf uns zu, doch ich spürte wie mich es mich immer weiter verschlang. Der scheiß Baum wollte mich tatsächlich verspeisen! Mit letzter Kraft zerrte ich nochmal an den Ästen die mich immer weiter in ihn hinein drückten, aber es brachte nichts. Nur noch mein Kopf war noch draußen und ich sah, vielleicht zum letzten Mal, in die wütenden und erschrockenen Gesichter. Delia wirkte nur noch angepisst. Wahrscheinlich dachte sie sich sowas wie: „Kannst du dich noch nicht mal vor einem Baum alleine retten?". Ich sah zu Liam. Er wirkte hoch konzentriert und Zorn wütete in seinen Augen. Vielleicht über den Baum oder auch über sich selber, weil er es erst so spät mitbekommen hatte. Als letztes sah ich in das Gesicht von Dane. Er sah verzweifelt und dennoch entschlossen aus. Er war wütend. In seinen Augen spiegelten sich unendliche Emotionen wieder, aber eine war am größten. Angst. Hatte er Angst mich zu verlieren? Ich wollte zu ihm. Ihn in meine Arme schließen, aber es ging nicht, so sehr ich es auch wollte. Ich war bewegungsunfähig und er so weit entfernt. Ich schloss die Augen. Finsternis umschloss mich. Und mein letzter Atem erlosch. Leb wohl, Dane.

Es ist alles weiß um mich herum. Ich stehe im Nichts. Ist das der Tod? „Gut ich bin tot. Wo bleibt denn mein Empfangskomitee?" Ich drehte mich im Kreis, aber es war nichts zu sehen. Von wegen, dass die Verstorbenen dich begrüßen werden und so. Alles Humbug, aber irgendwie hatte ich das schon immer gewusst. Plötzlich durchtrennte ein kratziges Lachen die Stille und eine bekannte Gestalt tauchte direkt vor mir auf. Die Knollnase und die Fältchen verzierten sein Gesicht. „Rufus!" Rief ich erfreut und eine kleine Hoffnung entstand. Rufus lachte. „Ja mein kleines Kind. Ich bin der gute alte Rufus. Du wolltest diese Welt doch nicht etwa schon frühzeitig beitreten oder?" Ich war verblüfft. Der alte weise Mann, verhielt sich jetzt wie ein zu viel getrunkener Mann. „Rufus, ist alles okay mit dir?" fragend sah ich ihn an, aber Rufus grinste nur breit und fing laut an zu lachen. „Ui, ui, da hast du mir meine Weise Nummer wirklich abgenommen meine Liebe?" Er verbeugte sich spielerisch. „Ich fühle mich geehrt, aber Kindchen, mag es sein, dass du nie deine Umgebung betrachtest oder ignorierst du sie einfach schon?" Was wollte dieser Kerl? Konnte er mal nicht lernen sich klarer auszudrücken. Da kriegte Dane das ja besser hin. Bei diesem Gedanken zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Ich würde ihn wohl nie wieder sehen. Ich seufze. „Selbst wenn, jetzt bringt es mir nichts mehr. Ich bin tot. Ich befinde mich in einer leeren Geisterwelt, in denen ich Geistern immer half. Ironie des Schicksals würde ich das mal nennen. „Also weißt du ja doch wo wir sind." Genervt sah ich den Knollsack an. „Natürlich, aber was bringt mir das denn bitte? Das ist nicht länger mein Gebiet, es ist jetzt mein...Zuhause." Scheiße klang das komisch. Mir fuhr ein Schauer über den Rücken. Rufus grölte los. Was war daran bitte witzig, dass ich den Rest meines Lebens nun hier verbringen durfte? Einen Moment mal. „Rufus, bist du tot?" Er wurde schlagartig ernst. Er sah nun genau so aus, wie in der Nacht als ich ihn das erste Mal traf. Alt, weise und mir überlegen. „Nein mein Kind." Ich hielt kurz inne und mir stockte der Atem. „Wenn du nicht tot bist, was bin ich dann?" Er schmunzelte. „Das ist genau die richtige Frage meine Liebe. Kurz bevor du aufgefuttert wurdest, wie ein Stück Semmelbraten, habe ich dich wandeln lassen." Stolz grinste er mich an. „Ich lebe?" fragte ich ihn ungläubig. „Rede ich chinesisch?" „Ich lebe!" schrie ich und warf mich ihn um den Hals. Er war so klein und knuffig, dass ich ihn hoch heben konnte. Als er wild strampelte ließ ich ihn wieder runter. Wahrscheinlich hatte der arme Kerl keine Luft mehr bekommen. „Ist ja gut, brauchst den alten Herren doch nicht gleich ausquetschen. Was sollen meine Verehrerinnen denn denken?" Ich lachte. Ich mochte diesen kleinen Opi. Er war mir sympathisch. Alleine schon aus dem Grund, dass er einen immer die Wahrheit ins Gesicht donnerte. Ich erschrak. „Ich habe die anderen vergessen! Rufus! Wir müssen sie holen!" Rufus war noch immer damit beschäftigt seine Klamotten abzuklopfen. „Das wird leider nicht möglich sein." Verdattert starrte ich ihn an. „Und warum nicht, wenn ich fragen darf?" Scharf sah er mich an. „Wolltest du allen Ernstes deinen Tod entgegentreten? Wenn du jetzt daraus wechselst, wirst du wirklich sterben." Ich nagte an meiner Unterlippe. „Aber die anderen denken wahrscheinlich schon, dass ich tot bin!" Er zuckte mit den Schultern. „Und was kann ich dafür?" Nun wurde ich sauer. „Was sollte ich dann tun?" Er lächelte mich an. Wirklich falscher Zeitpunkt du Knollnase. „Du wirst erstmals mit mir kommen, es sei denn du möchtest hier bleiben." Hin und her gerissen zwischen diesen zwei Wegen, entschied ich mich letzten Endes doch für Rufus. Er war alt. Alte Menschen wussten doch immer alles besser oder? „Aber wie sollen wir wandeln? Du willst mir doch nicht sagen, dass soo dein Haus aussieht oder?" Rufus drehte sich um und hüpfte weg. Wollte der Opa mich etwa ärgern? Dann fing er an zu singen. Wo bin ich hier gelandet? In einem extrem schrägen Traum und wenn ich die Augen schließe und wieder öffne lande ich wieder in meinem Zimmer? „Rufus! Wo hüpfst du denn hin?!" schrie ich ihm hinter her und merkte auch gleichzeitig wie bescheuert es einfach klang, das hinter einem geschätzten 70 Jahre alten Kerl hinter her zu brüllen. „Zuuum Pooortaaaal al alal." Trällerte Rufus mir zu. Ich lief hinter ihm im Nichts hinterher. Plötzlich tauchte vor uns ein Portal auf. Es war mittlerweile alles so verrückt, dass ich es einfach dabei beließ ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Rufus sprang direkt durch das Portal. Augen zu und durch. Ich setzte zum Sprung an und durchtrat das bläulich, schimmernde Portal.


Die Suche nach meinem IchWhere stories live. Discover now