Sorge um Alexandra

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Dick eingemummelt lag Christina vor dem Fernseher und nickte immer wieder kurz ein. Sie wartete auf den Anruf ihrer kleinen Schwester. Immer wieder überprüfte sie ihr Handy, doch es kam kein Anruf rein. „Das gibt's doch nicht. Sie doch jetzt schon seit über 2 Stunde unterwegs", murmelte sie. Der Weg zur Hütte von Jans Großvater war kein Leichtes, aber in zwei Stunden müsste man das schaffen. „Ich hoffe sie haben sich nicht verlaufen", murmelte sie wieder und starrte aus dem Fenster. Der Schneesturm wurde immer heftiger, sofern das noch ging.

„Eigentlich könnte ich mich jetzt betrinken", sagte Michi und stieß mit den andern mit einer Limonade an. Katharina schaute ihn fragend an. „Bei dem Wetter kann ich sowieso keinen Heli fliegen, da kann ich mich auch aufhängen", sagte er. „Könnten ihr mal bitte diese grauenhaften Vergleiche sein lassen? Das ist doch echt krank", sagte Katharina und schüttelte sich. „Daran wirst du dich schon gewöhnen", sagte Tobias und knuffte sie freundschaftlich in die Seite. „Wer heute auf den Berg geht, ist echt eine arme Sau", sagte Ben und schaute Katharina herausfordernd an. Sie war ihm nur einen bösen Blick zu, schenkte ihm aber nicht wirklich ihre Aufmerksamkeit. Markus saß ruhig am Tisch und starrte in sein halbvolles Bierglas. „Na, hast heute schon zu viel erwischt?", fragte Tobias und wedelte mit seiner Hand vor Markus' Nase herum. „Was? Sorry ich hab gerade nicht aufgepasst", sagte Markus und fuhr hoch. „Das hat man gemerkt. Sag mal was ist denn los mit dir? Seitdem wir mit der Geschichte vom Wieser angefangen haben, benimmst du dich so komisch", sagte Tobias und schaute ihn prüfend an. „Ach Blödsinn. Mich hat das nur genervt", sagte Markus. „Wieso? Du kennst ihn ja gar nicht", schaltete sich Michi ein. „Ist jetzt auch egal", sagte Markus und lehnte sich zurück und sagte gedehnt: „Also, wer spielt mit eine Runde Schnapsen?" „Oh ja! Ich bin dabei!", rief Katharina. „Kannst du das überhaupt?", stichelte Ben. „Aber hallo! Na klar kann ich das!", sagte Katharina empört. „Also gut, mal sehen wer hier der bessere ist!", rief Markus und lies seine Fingerknöchel knacksen. „Super! Ben, Michi ich auch?", fragte Markus voller Freude. „Ich glaub du unterschätzt mich, Bürschchen! Ich bin der König des Schnapsens!", rief er. Ben nickte: „Klar, bin auch dabei." Schon wurde es im Gasthaus immer lauter. Man hörte viel Gelächter und Gerede. Jeder wollte beim Schnapsen dabei sein und schon bildete sich ein riesengroßer Kreis von Bergrettern, die alle gegeneinander spielten. Es war so laute, dass man das Klingeln von Markus Handy gar nicht mehr hörte.

Christina war vor dem Fernseher eingeschlafen. Sie schaute irgendeine Talkshow, die sie sowieso nicht interessierte. Als ihr Handy dudelte, fuhr sie hoch und war sofort hell wach. Ihr viel ein Stein vom Herzen, als sie ihr Handy hörte. „Hallo?", rief sie in den Hörer hinein. „Hallo Christina, hier ist Jan." „Hallo Jan, seid ihr schon angekommen?", fragte Christina. Sie hatte überhaupt kein Zeitgefühl. Es waren mittlerweile schon drei Stunden nach dem Aufbruch der Schwester vergangen. „Was?", fragte der Junge in den Hörer. „Ob ihr schon bei der Hütte deines Großvaters seid", wiederholte sich Christina ungeduldig. „Äh... ja ich schon. Aber Alex ist noch nicht hier", sagte er verunsichert. „Was soll das heißen, Alexandra ist noch nicht hier?", fragte Christina erschrocken. „Ja, dass sie eben noch nicht hier ist. Ich wollte eigentlich fragen, ob sie noch zu Hause ist. Wir wollten uns eigentlich hier treffen, aber ich mach mir schon langsam Sorgen", sagte der Junge. „Wie? Soll das heißen, dass ihr nicht zusammen auf die Hütte gegangen seid?", fragte Christina aufgebracht. „Nein, hat sie dir das nicht gesagt? Ich wollte sie abholen, aber sie hat darauf bestanden, dass sie alleine hoch geht. Ich verstehe auch nicht warum." „Warte kurz!", sagte Christina und eilte in die Küche um auf die große Wanduhr zu sehen. „Wie lange braucht man zur Hütte deines Großvaters?", fragte sie. „Im Sommer nur eine Stunde, aber im Winter kann das schon ein bisschen länger dauern. Ist sie schon weg gegangen?", fragte Jan. „Ja, schon vor mehr als drei Stunden. Ich habe ihr gesagt, dass sie anrufen soll, aber das hat sie noch nicht gemacht. Hoffentlich ist ihr nichts passiert." Jan schluckte. Er saß ganz alleine in der Hütte seines Großvaters und wartete auf seine Freundin. Er hätte sie nie und nimmer alleine hochgehen lassen dürfen. Was hat er sich nur dabei gedacht? „Was machen wir denn jetzt?", fragte Jan aufgebracht. „Okay, ich rufe Alexandra an und du bleibst wo du bist. Verstanden?", fragte Christina eindringlich. „Ja, verstanden", sagte Jan. „Ich melde mich dann wieder." Christina legte auf und wählte mit zitternden Fingern die Nummer ihrer kleinen Schwester. Sie gelangte sofort in die Mailbox. Sie hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.

„Scheiße ist das kalt!", rief Alexandra Aumayr in die kalte, schneestürmende Nacht. Sie stapfte gerade den Berg hoch und war völlig außer Atem. Sie ließ sich auf die Knie fallen und streckte ihren Kopf in den Himmel. Sie war schon völlig fertig. Fast drei und halb Stunden lief sie schon durch den Schnee. Sie wollte endlich zu Jan in die warme Hütte, aber zuerst musste sie noch etwas erledigen. Sie hasste sich gerade selbst dafür, dass sie sich ausgerechnet diesen Tag ausgesucht hat. Aber an diesem Tag bot sich die perfekte Gelegenheit. Sie atmete noch einmal tief durch, stellte sich wieder auf die Füße und stapfte weiter. Es war nicht mehr lange. Es dauerte nur noch höchstens zehn Minuten. Sie konnte es schon sehen.

Die Bergretter - AbgestürztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt