Kapitel 10: Bewusstlos

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Ethans Sicht:

Ich drehe mich wie in Zeitlupe um und sehe in Dads unergründliche Augen.
Er steht mit verschränkten Armen vor mir und schüttelt langsam den Kopf.
"Ethan", haucht er so leise, dass ich fast schon denke, ich hätte mir seine Worte nur eingebildet.
Er weiß es. Die Erkenntnis trifft mich mit einem ungeheuerlichen Schlag.

Irgendjemand muss es ihm gesagt haben.
Das hätte niemals passieren dürfen. Am liebsten würde ich die Zeit zurück drehen und alles rückgängig machen, doch es geht nicht, ich kann nicht. Niemand kann das.

"Dad, ich...", beginne ich doch meine Stimme versagt.

"Ich dachte du hast dich geändert Ethan! Ich dachte du bist das nicht mehr. Verdammt! du hast es mir versprochen! ", er hält inne und sein unergründlicher Blick verändert sich, keine Wut, sondern Entäuschung.

Es fühlt sich an wie tausend Messerstiche.

"Hast du vergessen, was du getan hast, als das mit deinem Vater passiert ist? Bist du jetzt wieder so? Hast du auch nur die kleinste Ahnung, was du angerichtet hast?!" Seine Stimme bebt.
Er wirkt verzweifelt, wie ein Tröpfchen Elend.
Dad weiß nicht was er machen soll, was er mit mir noch anstellen soll, um mich wieder zur Vernunft zu bringen.

Ich laufe ein Stück näher zu ihm.
Meine Stimme funktioniert wieder und ich bringe es fertig zu flüstern:
"Es tut mir leid. Ich wollte das doch alles nicht! Es war ein Ausrutscher und es wird nicht wieder vor kommen. Ehrlich!"

Wieder wispert er meinen Namen, immer wieder, als würde es sich um eine Beschwörungsformel handeln.
"Ethan. Er liegt im Krankenhaus und hat schwere Prellungen und eine gebrochene Rippe.
Ich dachte er wäre dein Freund? Wieso? Wieso tust du das? Warum tust du uns das an?"

Erst jetzt sehe ich sie im Schatten sitzen. Sie hat den Rücken zu mir gewendet und ihr Körper erbebt immer wieder von Wellen, die sie durchschütteln.
Sie weint stumm.

Ich möchte die Frau, die für mich da war, als ich es am meisten brauchte, in den Arm nehmen, doch ich bin meiner Beine nicht mächtig. Gelähmt.

"Er wird operiert. Sie sagen er hat sehr viel Glück gehabt. Doch er muss trotzdem noch für ein paar Wochen zur Sicherheit da bleiben."

"Was?!" rufe ich, doch im nächsten Moment erstickt meine Stimme und ich taumele nach hinten.
Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist.

"Sie verzichten auf eine Anzeige Ethan, seine Eltern sagen du musst deine zweite Chance endlich nutzen."

Nach einer Weile fahre ich mir nervös durch die Haare und atme einmal tief durch.
"Ich muss euch was sagen." Unterbreche ich die Stille.
"Ich habe das alles nicht ohne Grund gemacht, Ich... Ich bin verliebt. Da ist dieses Mädchen, Viola. Sie ist vor ein paar Tagen von London hier her gezogen. Ich habe sie kennen gelernt als ich ihren Hund vom Flughafen zu ihr gebracht habe.
Wir haben uns oft getroffen, waren sogar in den Everglades zusammen und ich dachte wirklich daraus kann etwas werden. Bis sie vor zwei Tagen zu mir kam und meinte, wir könnten uns nicht mehr sehen und weinend davon gerannt ist."
Ich merke erst jetzt dass ich angefangen habe immer lauter zu reden.
"Da- danach saß ich am Strand, als sie kamen. Sie haben Viola beschimpft und als reiche Schlampe bezeichnet. Ich konnte einfach nicht anders. Ich hab einfach, zugeschlagen." Ich senke meinen Kopf und lasse mich auf einen der alten Stühle nieder.

"Ethan, warum hast du uns denn nichts erzählt?" Höre ich die zittrige Stimme von Mom, die aus dem dunklen Wohnzimmer kommt.

"Mom, ich bin 20. Ich dachte ich muss es euch nicht sagen."
"Ist sie es denn? Ist sie die Richtige? Liebst du sie wirklich?"

"Ich schätze ja" antworte ich nickend.

"Dann solltest du zu ihr gehen! Worauf wartest du noch." Sie strahlt über das ganze Gesicht und auch Dad hat wieder etwas Farbe bekommen und nickt mir zu.

"Geh, na los! Dein Mädchen wartet auf dich. "

Violas Sicht:

Voller Hoffnung starre ich gebannt die Zimmertüre an, an der es gerade geklopft hat.
Doch jener kleine Funke Hoffnung ist sofort verflogen, als ich das grimmige Gesicht meines Vaters sehe.

"Was willst du? Geh raus!" fauche ich wie eine Katze.

"Ich wollte nur nach sehen, ob du noch da bist und auch schön lernst" erwidert er, mit einem ausdruckslosen Blick auf das geschlossene Buch und sofort kneift er seine Augen zusammen.

"Aber wie ich sehe, hast du dich nicht daran gehalten."
Er kommt gefährlich nahe und ich weiche ein Stück zurück.

"Glaubst du wirklich ich will noch lernen, wenn ich in meinem Zimmer eingesperrt bin? Das ist Freiheitsberaubung! Ich sehe auch gar keinen Grund zu lernen. Ich habe Ferien und danach, nicht mehr lange Schule, außerdem schreibe ich sowieso immer nur Einser! Wie du es willst!" brülle ich.

Erschrocken über mich selbst, wo ich diese Kraft gerade hernehme stocke ich.

"Schrei mich nicht an Viola!
Du tust was ICH dir sage, haben wir uns da verstanden. Nimm jetzt sofort das Buch in die Hand und lern sonst..."

"Sonst was?!" Kommt es plötzlich noch lauter aus mir heraus.

"Sonst wirst du die restlichen Ferien in deinem Zimmer verbringen und den Schlüssel nehm ich dann mit zu mir!"

"Du bist so gemein! Ich hasse dich! Geh raus. Lass mich einfach in Ruhe!"
Ich nehme all meinen Mut zusammen und schucke ihn aus meinem Zimmer. Gerade als ich die Türe zu machen will, wird sie mit Schwung zurück gedrückt und erwischt mit voller Wucht meinen Kopf.
Ich schreie schmerzerfüllt auf und taumele zurück, als ich eine Hand auf meiner Wange spüre. Der Schmerz breitet sich in Sekunden aus. Ich presse meine Hand auf die Stelle und spüre die glühende Hitze. Meine Augen werden feucht aber ich reise mich zusammen. Nicht weinen Viola! Du darfst jetzt nicht weinen!
Hasserfüllt blicke ich in die wütend leuchtenden Augen meines Vaters als ich eine Gestalt hinter ihm wahr nehme.

"Was hast du getan?" hallt die zittrige Stimme von Mom in meinem Kopf.

Ich habe keine Ahnung, wie lange sie dort schon steht, aber ihre Mimik lässt mich vermuten, dass sie zum ersten Mal beobachtet hat, wie Dad mich schlägt. Und dann habe ich dieses unglaubliche Verlangen sie jetzt in den Arm zu nehmen und ihr Trost zu spenden, aber ich bin wie versteinert.

Auf einmal wird alles unscharf und dreht sich. Ich versuche nach der Kante meines Bettes zu greifen, doch rutsche durch meine verschwitzten Hände ab und lande hart auf dem Boden.

Noch einmal nehme ich meine ganze Kraft zusammen, sehe auf und erkenne Mom, die Hände vor dem Gesicht und hinter ihr Ethan, der ins Zimmer gestürzt kommt und mir etwas zu ruft, woraufhin Mom heftig nickt.

Träume ich, oder ist das wirklich Ethan?
Eine heiße Träne rollt die schmerzende Wange hinunter, dann wird alles schwarz.

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Hey,
Sorry, dass länger kein Kapitel mehr kam, wir hoffen dass euch dieses ein wenig tragische Kapitel gefällt ;)
Was meint ihr, was jetzt passiert, nachdem Viola Bewusstlos geworden ist?

Danke an alle, unsere viele Leser! Bald haben wir 900 ihr seid unglaublich!
Wir haben alle von euch lieb ❤
~ Cupcake und Ice Cream ❤

Seit ich in den Süden flogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt