„Ist nicht viel los heute", informierte mich Mama, als ich in den Laden kam, um sie abzulösen. „Ich denke, du wirst genug Zeit haben, um deine Hausaufgaben zu machen."
Ich legte meinen Bücherstapel auf dem Tresen ab. Für gewöhnlich wurden nahezu all meine Hausaufgaben hier zwischen Snickers und Mars gemacht und heute stand auch noch Biologievortrag auf dem Plan.
„Okay. Kartoffeln hab ich schon geschält und die Äpfel sind auch gekocht", ließ ich Mama über meine Abendbrotvorbereitung wissen. Heute war Sonntag und da wurde immer erst abends warm gegessen.
Sie lächelte.
„Danke, Schatz. Du bist wirklich eine große Hilfe. Ich bringe dir nachher welche vorbei."
Irgendjemand musste den Vater ja ersetzen. Wir alle wussten, dass Mama hilflos überfordert war mit ihrer Aufgabe als Alleinerziehende.
Ich hörte Stimmen von draußen. Mein Blick ging in Richtung Tür, welche eine Glasscheibe hatte, durch die man die Kunden bereits sehen konnte, bevor den Laden betreten hatte. Und was ich sah, waren blaue Augen.
Die blauen Augen!
Meine eigenen weiteten sich vor Schreck.
Als die Tür geöffnet wurde und das Glöckchen ertönte, drehte ich mich blitzartig weg. Er dürfte mich hier nicht sehen. Insbesondere nicht hinter der Theke. Er sollte nicht wissen, dass ich hier arbeitete. Ich war mir nicht sicher, warum es mir so wichtig war, dass er mich für eine Internatsschülerin hielt, aber Fakt war, dass er mich nicht sehen dürfte. Sollte er mich erkennen, wusste Mama, dass ich Kontakt zu Internatsschülern hatte und das würde sie mit aller Macht versuchen zu unterbinden. Und wenn sie mich im Keller mit Seilen anbinden musste.
„Ich hab was vergessen", murmelte ich Mama zu und flüchtete aus dem Verkaufsraum, ehe er mich wahrgenommen hatte.
Ich lehnte mich an die Wand im Lagerraum, der gleichzeitig Durchgangsraum zu unseren Haus war, um den Blauäugigen und seine Freunde zu belauschen.
„Hallo", hörte ich die mir bekannte Stimme.
Ich war geschockt, als mein Bauch entschied auf dieses „Hallo" mit einem Kribbeln zu reagieren. War ich echt in ihn verknallt oder warum machte mein Körper so ein Theater?
Der Blauäugige hörte sich verschnupft an. Im Gegensatz zu mir war er offenbar nicht von der Erkältung verschont geblieben. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis mit ihm einen Kamillentee zu trinken und dazu Hühnersuppe zu löffeln. Er hörte sich an, als würde es ihm nicht gut gehen und dafür fühlte ich mich schuldig.
„Hallo", raunte Mama und ich wusste, dass sie keine Lust auf die Internatsschüler hatte.
Es wurde geschwiegen. Dafür hörte ich Schritte durch den Raum gehen.
„Für wen kaufst du denn die Schokolade? Du magst doch gar keine!" ertönte eine Mädchenstimme.
Meine Augen wurden groß und ich begann noch aufmerksamer zu lauschen.
„Geschmäcker ändern sich halt", gab er lässig von sich.
Ich hörte das Mädchen lachen.
„Gestern hast du mir noch deinen Schokopudding zugeschoben, weil du ihn zu kakaolastig fandst."
„Das ist was anderes. Pudding ist schleimig und glibberig."
„Nils, komm schon. Vanillepudding habe ich dich schon häufig in dich hineinschaufeln sehen", mischte sich eine weitere Männerstimme ein. „Die Schokolade ist nicht für dich, oder?"
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Secret Love
Novela JuvenilDie Vernunft sucht, aber das Herz findet. Es wäre vernünftig gewesen, ihn einfach abzuservieren. Doch das Herz hatte ganz andere Pläne gehabt. Johanna lebt in dem kleinen Ort Henseberg, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und der Hahn am Mor...