30 - Arsch bleibt Arsch, oder?

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„Schon möglich", murmelte ich. „Wenn Sie der Mann sind, der meine Mutter dazu bringen wollte abzutreiben und sie schikaniert hat, als sie es nicht getan hat: Ja, dann sind sie mein Vater."

Es hatte ihm ganz offensichtlich die Sprache verschlagen und das war auch besser so. Ich wollte mich nicht mehr in seiner Nähe aufhalten. In gewisser Weise widerte er mich an. Und so nutzte ich die Gelegenheit und ging an ihm vorbei in Richtung Bushaltestelle.

Er hätte mir hinterherlaufen können, doch er tat es nicht. Stattdessen hatte er einfach nur dagestanden und ins Leere gestarrt. Ungehindert konnte ich mit Nils an der Seite verschwinden und vermutlich war es genau das, was er wollte. Er hatte mich damals nicht gewollt, warum sollte es jetzt anders sein?

Er war damals ein Arsch gewesen und war es ganz offensichtlich auch jetzt noch.

Der Bus fuhr davon und er stand noch immer an der gleichen Stelle. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet mich jemals im Leben zu treffen.

Ich ließ mein Kopf gegen Nils Schulter fallen und verfolgte mit meinem Blick die vorbeiziehenden Landschaft.

„Wie geht's dir?", erkundigte sich Nils und strich mir sanft über meinen Arm.

„Erstaunlich gut", antwortete ich ehrlich. „Ich fühle mich irgendwie erleichtert."

Ein bisschen geschwächt und müde fühlte ich mich aber auch.

„Du bist nicht enttäuscht von seiner Reaktion?"

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein. Eigentlich ist mir egal, wie er reagiert hat. Mir geht es darum, dass ich jetzt weiß, wer er ist und somit kann ich damit abschließen."

Nils seufzte, was mir sagte, dass er meine Meinung nicht teilte.
„Bist du dir sicher, dass du das so leicht wegsteckst? Ich meine, was machst du, wenn er morgen plötzlich vor deiner Tür steht? Dank Krankenkarte hat er nämlich deine Daten."

„Quatsch, der steht doch nicht vor meiner Tür! Der will doch gar nichts mit mir zu tun haben."

„Das Gefühl hatte ich ehrlich gesagt nicht", widersprach mir Nils und versuchte dabei so einfühlsam wie möglich zu sein. „Er wirkte eher geschockt und fast schon ein bisschen beschämt. So als bereue er das, was er damals getan hat."

„Ach was! Das glaube ich nicht. Er hätte mir hinterherlaufen können, wenn er mich unbedingt kennenlernen wollte."

„Vielleicht brauchte er einen Moment um einen klaren Kopf zu bekommen."

„Nein, das denke ich nicht. Er hätte mich doch schon viel früher kennenlernen können. Meine Mutter hat ihr gesamtes Leben immer in dem gleichen Haus gewohnt. Er hätte sie ganz leicht ausfindig machen können und mich genauso, doch er hat es nie getan. Warum sollte es ihn plötzlich kümmern? Das glaube ich nicht. Ich bin ihm egal und er will mit mir nichts zu haben."

Nils zuckte mit den Schultern. Er sagte nichts weiter, aber man konnte ihm ansehen, dass er eine andere Ansicht hatte. Doch er war schlau genug, um mit mir in diesem Moment nicht zu diskutieren.

Als der Bus am Internat hielt, drückte Nils mir einen liebevollen Kuss auf.

„Sicher, dass du nicht noch mit zu mir kommen willst?"

„Ja, ich brauch erstmal ein bisschen Ruhe."

Er lächelte verständnisvoll. Ich liebte es, wenn er sich so fürsorglich aufführte und zu meinem Glück tat er das sehr oft. Er sorgte sich immer um mich und war stets um mein Wohlbefinden bemüht.

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