10 - Wie ich Elefanten auf die Stirn bekam

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Die verschiedenen Dämpfe mischten sich zu einer Wolke zusammen, die nun in der Küche hang und nicht verschwinden wollte. Ich liebte Rinderbraten und auch gegen Crème Brûlée hatte ich nichts einzuwenden, aber die Mischung aus den beiden Gerüchen war furchtbar. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und trug ein Tablett mit Pizzabrötchen zum Buffet.

„Johanna!", rief Marlies mich.

Ich wirbelte herum und musste aufpassen, dass die Pizzabrötchen nicht zum überdimensionalen Konfetti wurden.

„Ja?"

„Ein Schüler hat vor der Salatbar Dressing verschüttet. Könntest du das bitte wegwischen?"

„Klar", gab ich mich als Vorzeigemitarbeiterin, obwohl ich sogar keine Lust darauf hatte. Schließlich würden mich alle Schüler, wenn ich Pech hatte auch Nils, dabei beobachteten, wie ich vor ihnen kniete und den Boden wischte.

Ich schnappte mir den Eimer und einen Lappen und marschierte zum Tatort. Die Dressingpfütze sah ich schon von weitem. Von den Schülern wurde ich nicht beachtet. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt sich die Teller zu überfüllen.

Ich kniete mich hin und begann die Pfütze mit dem Lappen wegzuwischen.

Dann spürte ich, wie jemand ganz dicht neben mir stand. Jemand kniete sich neben mich.

Oh nein, bitte nicht!

„Hey", ertönte seine sanfte Stimme.

Ich sah zu Nils. Im ersten Moment freute ich mich, doch im zweiten war es mir peinlich. Ich hatte diese dämliche Haube auf und er sah mich das erste Mal im Ganzkörperkondom. Und dann schrubbte ich auch noch kniend den Boden. Unsexier hätte mein Auftritt nicht ablaufen können.

„Hey", flüsterte ich unverbindlich und schrubbte weiter.

„Alles gut bei dir?"

Ich schrubbte immer weiter, obwohl selbst die CIA keine Dressingspuren mehr nachweisen könnten.

„Hmm."

Er griff nach meiner Hand, doch ich zog sie weg, ehe er sie berühren konnte.

„Nicht hier, Nils."

„Wieso nicht?"

„Es ist peinlich. Guck doch mal wie ich aussehe. Ich will nicht, dass deine Freunde mich so sehen."

„Aber-."

„Bitte, Nils", unterbrach ich ihn. „Lass uns nach dem Essen um sieben bei der Bushaltestelle treffen, okay?"

Er nickte.

„Okay." Dann hob er mein Kinn an. „Und du bist hübsch. Auch mit Badehaube."

Ich hoffte so sehr, dass uns niemand Beachtung geschenkt hatte. Ich richtete mich wieder auf und tat so, als würde ich das Buffet überblicken, um eventuelles Nachfüllpotenzial zu entdecken. Nils sprach mich zum Glück nicht mehr an und verschwand zu seinem Platz.

Ich sehnte mich so sehr nach ihm, aber bitte nicht in dieser Konstellation. Er als heißer Internatsschüler und ich als die entstellte Küchenhilfe.

Ich griff nach der Rote-Grütze-Schüssel, in der nur noch ein Rest übrig geblieben war. Plötzlich erschütterte mich ein Ruck. Instinktiv riss ich meine Hände hoch, was bedeutete, dass der Schüsselinhalt sich über meinem gesamten Gesicht verteilte. Vor Schreck hatte ich den Mund aufgerissen, weshalb auch ich in den Genuss kam Dessert zu verkosten. Ich hätte unter diesen Umständen jedoch gut und gerne darauf verzichten können. Es klebten nun Heidelbeeren, Himbeeren und Kirschen auf meinem Gesicht und das alles wurde mit rotem Schleim garniert. Es fehlte nur noch das Sahnehäubchen auf dem Kopf.

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