Kapitel 3

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~~ Harry ~~

Sie war wirklich wunderschön. Ich konnte mich nicht daran erinnern, je eine Frau mit so viel positiver Energie gesehen zu haben. Ihre Haut war makellos, keine einzige Unreinheit. Und das ohne so zugekleistert zu sein wie die anderen in ihrem Alter. Sie war einfach natürlich schön.
Das bedeutete wahrscheinlich sogar, dass sie noch jungfrau war. Und dies hieß wiederum für mich eine neue Herausforderung. Ich musste der erste sein. Es war wie ein Zwang. Ich würde diese Frau bekommen, so oder so.

Sie saß vor mir und lächelte mich leicht an, wobei sich eine Reihe blendend weißer Zähne zeigten .
"Schön, dass Sie kommen konnten. ", begann ich. Ich wollte nichts falsch machen und sie somit vielleicht vergraulen. Das war total untypisch für mich. Voll Weichei - mäßig. Sonst kümmerte es mich doch auch nicht. Wollte die eine nicht, fand ich eine andere. So einfach! Doch Emily war irgendwie anders..

Erstaunt über meine seltsamen Gedanken schüttelte ich unauffällig den Kopf und konzentrierte mich wieder.
Ich legte ihr den Vertrag hin, den ich bereits vorbereitet hatte und ratterte meinen gewohnten Text herunter.

Emily nahm ihn an sich und las ihn durch. Sie las ihn! Leichte Angst keimte in mir auf. Was, wenn sie den einen kleinen Abschnitt las, der besagte, dass die Künstler jahrelang an Styles Musics gebunden waren und nur ein Drittel der Einnahmen verdienten? Sie sah nicht so aus, als wäre sie auf den Kopf gefallen.

Und tatsächlich. Sie schüttelte den Kopf und schob den Vertrag wieder zu mir über den Tisch. Verdammt!

"Mr. Styles, ich - "
" Nennen Sie mich doch Harry ", unterbrach ich sie mit meinem charmantesten Lächeln, das ich aufbringen konnte.
Sie sah mich zuerst skeptisch an, nickte aber schließlich.
" Harry also. Ich kann mir vorstellen, dass diese Masche bei den anderen Mädchen klappt, aber bei mir nicht. Ich lasse mich nicht ausnutzen und ausbeuten. Deswegen singe ich auf der Straße und bin zufrieden damit. Ich habe Freunde dort. Ich bereite den Menschen Freude. Geld ist nicht alles im Leben. Danke für das Angebot, aber ich muss leider ablehnen. ", erklärte sie offen.

Ich war baff. Noch nie bekam ein Harry Styles eine Abfuhr. Wenn das die anderen erfahren würden, wäre ich das Gespött der Woche.

" Wenn es um eine bestimmte Klausel geht, lässt sich natürlich was machen. Nennen Sie mir ihren Preis. ", schlug ich vor.
Doch sie blieb tatsächlich stur.
" Danke. Aber ich habe keinen Preis. Ich dachte, hier könnte ich meine Musik ausleben, aber da habe ich mich getäuscht. Sie sind genauso profitgierig wie die meisten anderen. Vielen Dank trotzdem."
Mit diesen Worten stand sie einfach auf und wollte gehen. Doch irgendwas in meinem Inneren sagte mir, ich solle sie nicht gehen lassen. Ich durfte nicht.
Schnell erhob ich mich und stellte mich direkt vor sie. Da ich knapp einen Kopf größer war, schaute sie zu mir hoch. Ich erkannte leichte Nervosität bei ihr. Ihre blauen Augen glänzten und ihre Hände zitterten leicht. Zwar war es nicht so eindeutig wie bei den anderen Frauen, aber auf jeden Fall da.

Ich lehnte mich etwas vor, strich ihr eine dunkelblonde Haarsträhne hinters Ohr. "Und es gibt gar nichts, was ich tun könnte, um deine Meinung zu ändern? Du hast wirklich Talent. Das sollte nicht auf der Straße verschwendet werden. ", fragte ich flüsternd.
Sie erschauerte kurz, als mein Atem ihren Hals streifte und bekam eine Gänsehaut. Ich sog ihren Geruch auf, der einfach unwiderstehlich duftete. Noch nie roch eine Frau so gut. Ich wollte sie am liebsten an mich ziehen und küssen.

Sie fuhr sich unsicher mit der Zunge über die Lippen. Ach, wenn sie nur wüsste, wie verführerisch das aussah.
Was war das nur? Kurz bevor ich die Kontrolle verlieren und sie an mich ziehen konnte, hob sie beide Hände zu meiner Brust und schob mich sanft weg. Unwillig trat ich zurück, obwohl alles in mir schrie, sie nicht gehen zu lassen..
Hallo? Ich hatte diese Frau gerade mal zweimal gesehen und kaum mit ihr gesprochen. Warum fühlte ich mich zu ihr so hingezogen ?

Sie schüttelte ihren Kopf, als ob sie sich auch sammeln müsste und sah mir dann in die Augen.
"Nein, es gibt nichts. Mach's gut, Harry. ", sagte sie mit leiser Stimme. Es schien beinahe so, als würde es ihr auch schwer fallen. Ging es ihr genauso wie mir? Aber warum ging sie dann?
Sie schnappte sich ihre Tasche und eilte hinaus. Ich stand da wie ein begossener Pudel. Na toll... Konnte mir jemand mal erklären, was hier gerade geschehen war? Verwirrt setzte ich mich an den Schreibtisch und arbeitete weiter, so gut es ging. Doch meine Gedanken kreisten weiter um diese mysteriöse Frau. Ich musste sie irgendwie überreden, aber wie...

~~ Emily ~~

Was war das denn gerade? Wollte er mich küssen? Das ging ja mal gar nicht!
Und warum war ich wie erstarrt und bewegte mich keinen Millimeter?
Als er vor mir stand und ich seinen Atem spürte, kribbelte es in meinem ganzen Körper. So ein Gefühl war mir unbekannt. War es Angst? Oder gar Lust? Ich wusste es nicht und war verwirrt. Und trotzdem hatte ich meinen ersten Teil des Auftrages erfolgreich beendet. Er hat angebissen. Wie ich nur unschwer erkennen konnte, war er in meiner Gegenwart unsicher. Er war nicht nur der knallharte Geschäftsführer, der skrupellos handelt. Nein, er wollte sogar auf meine Bedingungen eingehen. Das gab es noch nie, soweit ich gehört hatte.

Waren die anderen Künstler denn alle zu geblendet vom kommenden "Ruhm", der Harry ihnen versprach, sodass keiner auch nur in Erwägung zog, den Vertrag einmal gründlich durchzugehen oder von einem Anwalt prüfen zu lassen? Es war mir unverständlich.

Vor allem Harry selbst war mir ein Rätsel. Einst einer der erfolgreichsten Musiker weltweit, war er nun einer der fiesesten und gemeinsten Menschen geworden. Was war geschehen, das ihn so verändert hatte? Geld hatte er doch wohl genug. Warum war er dann so?
Das würde ich auf jeden Fall noch raus bekommen.

Nachdenklich machte ich mich auf den Weg zu meinem Stammplatz. Meine Gitarre, die ich vorher während des Termins bei Styles Musics am Empfang gelassen hatte, packte ich aus und begann einfach drauf los zu singen.
Ich war gespannt wie lange es dauern würde, bis er kam. Denn ein Harry Styles wurde noch nie abserviert. Weder beruflich noch privat. Meine Abfuhr ließ er bestimmt nicht auf sich sitzen. Zumindest wenn man den Aussagen meiner Vorgesetzten glauben schenken konnte...

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