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Wir kamen, trotz des zentralen Punktes, inmitten der Stadt, erst nach einer gefühlten Ewigkeit an. So betraten wir auch wie gestern das Café, nur dieses Mal mit gemischten Gefühlen. Auch setzten wir uns an unseren Platz, doch es fühlte sich anders an.

Die neue Servicekraft lief in langsamen Schritten auf uns zu: „Was darf es sein?"

Es war so lange her, diesen Satz zu hören, da Min-Young all unsere Bestellungen in und auswendig wusste. Wie als hätte sie alle einstudiert und jetzt. Jetzt fing alles von vorne an. So gab jeder seine Bestellung an, ohne und einen Blick zu widmen, nickte sie und lief wieder zurück in die Küche.

„Ich glaube nicht, dass sie Min-Young ersetzen kann", stellte ich  fest.

„Ne, sie arbeitet extrem langsam und dann schaut sie den Gästen nicht mal persönlich ins Gesicht. Sowas von unhöflich", setzte Seokjin hinten dran.

Plötzlich tippte mir Jungkook auf die Schulter, um mich somit auf etwas aufmerksam zu machen. „Bilde ich mir das ein oder führt die Selbstgespräche?"

„Mianhae, aber ich glaube die hat sie nicht mehr alle", entfuhr es Yoongi.

Bei diesem waren wir uns alle einig, wobei sie eigentlich gut aussah. Kastanienbraune Haare, wohlgeformte Lippen und eine fast zu makellose Haut, was man an ihrem Gesicht erkannte, aber eine Art welche nicht nachvollziehbar war.

Ein Gekicher ertönte aus der Ecke. „Schaut euch mal Jimin an, der hat sich glaube ich verguckt", lachte Seokjin.

Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf und verdrängte schnellstens die Gedanken von eben. „Aniyo, das ist überhaupt nicht wahr", verteidigte ich mich.

Es dauerte noch eine Weile bis unser Essen kam, mittlerweile verloren wir unsere Geduld. Und wir hatten normalerweise kein Problem zu warten, damit spreche ich nicht nur für mich, sondern auch für die anderen Member. Die Mägen, welche sich bisher zurückhielten, gingen in ein lautes Knurren und Grummeln über. Fraglich schauten wir uns gegenseitig an und hielten uns, derweil schon, die Bäuche. Von dem Personal war keine Spur. Die Neue schien wie vom Erdboden verschluckt.

Ob sie unser Gespräch vorhin gehört hatte und sich jetzt schämte? Aniyo, so ein Quatsch, oder?

„Ich verlier langsam meine Geduld, wie lange warten wir jetzt schon? Eine halbe Stunde?", entfuhr es Namjoon genervt.

„Länger. Viel länger", korrigierte ihn Hoseok.

Ja, es schien wirklich eine Ewigkeit vergangen zu sein. Doch es geschah ein Wunder, an welchem wir alle bisher verzweifelten. Ein Wunder, welches wie ein Traum schien. Die neue Mitarbeiterin brachte unser Essen. Sie war also doch nicht komplett verschwunden, wie vorher gedacht. Dennoch brauchte sie einige Minuten von der Küche bis zu uns, dabei war die Strecke auch innerhalb von Sekunden zu überwältigen. Und erneut überkam mich die Frage, was sie so merkwürdig machten. So geheimnisvoll. Aber als sie auch dann endlich hier, an unserem Tisch war, änderte sich ihre Art kein bisschen. Nein, ganz im Gegenteil, es wurde immer kurioser. Jeder bekam den Teller, eines Anderen, vor die Nase gestellt.

„Mianhae, wenn mir das jetzt so rausplatzt, aber sehen Sie eigentlich was sie hier machen? Sie vertauschen das ganze Essen, als Tipp am Rande, schauen sie nächstes Mal die Gäste an, damit Sie wissen wer was bestellt", beschwerte sich Yoongi.

„Oh... Das, das tut mir Leid. Ihr könnt ja die Teller untereinander tauschen. Ich glaube ihr wisst besser, wem welches Essen gehört", murmelte sie beschämt.

Sie schenkte uns keinen würdigen Blick, ihr Blick haftete nur so am Boden. Zudem benutze sie keine Höflichkeitsform, sie redete mit uns, als würde sie uns schon kennen. Was bekanntlich nicht zutraf. Einzelne Haarsträhnen hingen in ihrem Gesicht und verhinderten ihr direkt in die Augen zu schauen.

Was war es, was sie so merkwürdig geheimnisvoll machte.

Langsam begann es mich zu interessieren, was an ihr anders war und warum sie so war. Doch bevor ich noch dazu kam, zu fragen, wieso sie uns und alle anderen Gäste nicht mit persönlichen Blicken würdigte, ihnen nicht ins Gesicht sah und jeglichen Blickkontakt mied, war sie bereits abgewandt und setzte ihre Arbeit fort.

„Unglaublich. Ich werde Frauen wohl nie verstehen können", meinte Seokjin.

Wir tauschten unsere Teller untereinander aus, sodass jeder seinen, welchen er bestellt hatte, vor sich sah. Ungeduldige begannen wir das Essen zu verzehren. Ein Happen hinter dem Anderen, man konnte nicht genug kriegen. Es schmeckte unbeschreiblich. So unbeschreiblich, dass es auf meiner persönlichen Liste der Lieblingsgerichte, auf Platz 1 war. Wie dem auch sei, mit jedem Bissen den ich aß, wurde mein Teller ein Stück leerer, solange bis nichts mehr darin war.

Ich schweifte mit meinem Blick über den Tisch. „Ich dachte wirklich, ich würde verhungern", meinte Namjoon und schob seinen, ebenfalls leeren Teller, zur Tischmitte.

„Umso besser ist das Gefühl jetzt satt an einem Tisch zu sitzen, nicht wahr?", kommentierte ich seine Aussage.

Er nickte. „Auf jeden Fall", ergänzte er.

Wir lehnte und alle an der Lehne, unseres Sitzplatzes an und begutachteten unsere Teller. Sie waren im Vergleich zu vorher, nur noch mit einer Leere gefüllt. Eine weitere Servicekraft, welche ebenfalls zu unserem Freundeskreis gehörte, war Yong-Joon. Er kam auf uns zu und begrüßte uns herzlich. Er war unser Hyung, da er eindeutig älter war als wir, naja die Frage ist, ob Ende 20 alt war.

„Yah! Lange nicht mehr gesehen", entkam es ihm grinsend, während er die leeren Teller an sich nahm.

„Ne, wo warst du eigentlich?", erkundigte sich Hoseok.

Er schaute zu uns herunter. „Im Urlaub", gab er, weiterhin grinsend, bekannt.

„Die neue da vorne", vollkommen vom Thema abgekommen, zeigte ich auf sie, „Wieso ist sie so komisch."

„Ich sag ja, unser ChimChim hat sich verguckt", meinte Seokjin, frech lachend.

Auch das Gekicher der Anderen war kaum zu überhören, bis sich Yong-Joon kurz zu ihr drehte und dann mit mir sprach: „Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Sie spricht nicht sonderlich viel, generell meidet sie unnötigen Kontakt."

Ich wusste nicht wieso, aber diese Beschreibung kam mir bekannt vor. Mein Blick viel zu Yoongi, welcher kurz vorm einschlafen schien. Seine Interesse, bei dem Gespräch mitzureden, war wohl nur minimal. Also widmete ich mich wieder Yong-Joon zu.

„Sie hat sich nicht einmal vorgestellt", fügte er hinzu.

„Ist sie hier nicht irgendwie an der falschen Stelle? Ich meine so wie sie sich präsentiert, scheint das nicht wirklich ihr Beruf zu sein", stellte ich fest und verschränkte, mit einem seufzen, die Hände vor der Brust.

Yong-Joon winkte ab. „Ich bezweifle auch ein wenig, dass sie hier lange bleiben wird. Im Endeffekt kann es mir auch egal sein, solange ich meinen Job hier nicht verliere."

Er machte sich wieder an die Arbeit, und trotz seiner Bestätigung, dass sie merkwürdig war, ließen meine Gedanken nicht von ihr ab.

Blinde Momente » p.j.mWo Geschichten leben. Entdecke jetzt