Das letzte Training

370 14 1
                                    

"Wie war die Schule heute?" fragte meine Tante als wir nachhause kamen. Natürlich hatte ich ihr nicht gesagt, warum wir heute erst so spät zur Schule gehen mussten. Aber sie war heute schon kurz nach dem Frühstück weg gewesen, so dass ich es ihr auch nicht sagen musste. Aber mir war klar, dass Lilly nicht still sein würde. Schon aus dem einfachen Grund, weil sie es immer noch nicht wahr haben wollte, dass sie beim Wettfliegen verloren hatte. Allerdings war mir bis jetzt immer noch keine passende Ausreden eingefallen, mit der ich Lissy beruhigen könnte.
"Ganz gut, habe so gar fast das Wettfliegen gewonnen." gab Lilly gelassen zurück. Nur mit dem Unterschied, dass sie sich keine Sorgen darum machen musste, gleich einen Kopf kürzer zu sein. >>Und da kommt, das Gewitter. 3-2-1- Ende!<<
"Wettfliegen?!" gab Tante Lissy geschockt zurück. "Aber doch wohl nicht in Fantasia oder?! Claire? Lilly?" >> hab ich es nicht gewusst?<<
"Doch klar!" antwortet Lilly nur mit einem triumphierenden Grinsen. >> Vielen Dank auch! Wie ich dich hasse Lilly! Wenn ich dich in die Finger kriege, schwöre ich dir, du wirst mich auf Knien anflehen, Gnade vor Recht ergehen zu lassen!<< Ich hatte in diesem Moment so viel Hass auf sie.
"Claire, sag mir, dass du nicht dabei warst. Sag mir, dass du nicht mitgefahren bist." sie klang schon fast verzweifelt.
Ich schluckte. "D-Doch. Ich war mit." stammelte ich kleinlaut, und wünschte mir nichts sehnlicher, als dass der Boden unter mir sich auftun würde.
"Was?! Sag mir, dass das nicht wahr ist!" fuhr sie mich an und ich zuckte augenblicklich zusammen. >>Verdammter Boden! Geh schon auf!!<< dachte ich wütend.
"Es stimmt Mama, Claire ist trotz des Besuchsverbotes, mit nach Fantasia gefahren." sagte sie mit einer solch scheinheiligen Stimme, dass es in mir einen Würgereiz hervor rief. Lissy schaute mich mehr als wütend an, so gar etwas enttäuscht. 
"Es stimmt! Aber ich kann schlecht zuhause bleiben, nur weil du der Meinung bist, dass es für mich eventuell gefährlich ist!" gab ich überraschend selbstbewusst zurück.
"Claire, du weißt genau wie gefährlich es ist!" tadelte sie mich.
"Ja, aber ich bin keine sieben mehr! Falls du es mitbekommen hast, ich bin seit einigen Tagen bereits 17!" keifte ich sie vor Wut kochend an.
"Mag sein, aber ich will dich nicht auch noch verlieren! Ich verlor schon meine Schwester!" schrie sie verzweifelt.
"Ich hab ja auch nicht vor zu sterben, aber ich will nicht wegen meiner Herkunft eingeschränkt sein!" schrie ich mit tränenerstickter Stimme, während ich die Treppe hoch in mein Zimmer stürmte. Es war einfach nur unfair! Nur weil ich damals nicht ums Leben kam, musste ich jetzt ständig auf der Hut sein. Manchmal fragte ich mich was wäre, wenn ich mich einfach gestellt hätte. Nicht geflohen wäre. Oder vielleicht sogar mit meinen Eltern zusammen, ums Leben gekommen wäre. 
Meine Gedanken wurden jäh durch ein Klicken an meiner Zimmertür unterbrochen. Es war der Schlüssel im Schloss meiner Zimmertür.
"Lissy?! Lissy! Lissy!" rief ich nach ihr und rüttelte an der Tür.
"Tut mir leid Claire, aber es ist besser so. Ich werde nicht zulassen, dass du auch noch stirbst! Ich will dich in Sicherheit wissen!" antwortete sie und man hörte die Verzweiflung, die in ihrer Stimme mitschwang.
>>Toll, also das nenne ich sicher! Wenn mir jemand wirklich nach dem Leben trachtet, muss er nur an Tante Lissy vorbei und mich in meinem Zimmer umbringen, von wo ich nicht einmal flüchten kann. Super... Lissy hast du noch mehr so tolle Ideen auf Lager?<<
Ich durchforstete mein Zimmer nach dem Ersatzschlüssel. Konnte ihn jedoch nicht finden! Irgendwann ließ ich mich entkräftet auf mein Bett fallen. Alle Versuche diese vermaledeite Tür aufzubekommen, waren gescheitert. >>Und was jetzt?<< Plötzlich fiel mein Blick auf mein Fenster. Prüfend blickte ich hinunter. Als ich versuchte das Fenster zu öffnen, musste ich leider feststellen, dass es abgeschlossen war. Der Schlüssel dafür, hing an meinem Schlüsselbund, und dieser wiederum war in meiner Jacke unten im Flur. Irgendwann hörte ich den Schlüssel im Schloss und schoss auf die Tür zu, in der Hoffnung, dass meine Tante ihre Meinung geändert hatte. Jedoch öffnete sich die Tür nur gerade so weit, dass ein Teller hindurch passte. Gerade als meine Finger die Klinke berührten, wurde die Tür wieder ins Schloss gezogen, und verwehrte mir so den Weg aus dem Zimmer. Ich zog an der Tür, doch sie war schon wieder verschlossen worden. Ich sackte in mich zusammen und aß stillschweigend das Abendessen. Danach legte ich mich ins Bett und schlief sogleich ein.

DrachenkriegerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt