Kapitel 10
Ich fiel tief und tiefer in ein dunkles Loch. Nur von oben kamen leichte Lichtschimmer hinein. Ich landete nicht unsanft auf einem harten Boden, sondern in einer Grube mit Wasser. Grube war wohl nicht ganz das richtige Wort, Höhle oder Schlucht traf wohl eher zu.
Endlich keinen Durst mehr, endlich wieder sauber sein. Schnell rief ich zu Kinaja hoch, er solle mir folgen. Er fragte nur, ob es mir gut gehe und ich lachte als Antwort. Kurze Zeit später drang sein Körper in das Wasser unweit von mir entfernt ein. Obwohl ich ihn nicht sehen konnte – es war einfach zu dunkel – spürte ich wie er erleichtert auflachte. Er atmete leise ein und aus. Jedes Geräusch wurde, in dieser anscheinend ziemlich großen Höhle, um einiges verstärkt. Ich hörte ihm eine Weile zu wie er seinen Brustkorb hob und senkte. Mein Herz raste. Eigentlich war das Wasser viel zu kalt um sich lange dort aufzuhalten, doch nach dieser Hitze und mit dem Schmutz war es eine Wohltat für den Körper. Ich schwamm ein Stück, bis ich einigermaßen stehen konnte. Dann bückte ich mich und trank gierig das Wasser, bis mein Bauch sich wie aufgebläht anfühlte.
So gut es ging, versuchte ich mir den Schmutz vom Körper zu waschen. Es war, so fühlte es sich an, als würde selbst meine Haut erleichtert aufatmen. Meine Haare fühlten sich nach wie vor so schmutzig an, doch ändern konnte ich es nicht.
Langsam begann die Kälte über meine Schultern, meine Beine, einfach über alles einen Weg zu mir zu suchen. Ich genoss es. So wollte ich doch lieber frieren als so zu schwitzen wie vorher. Neben mir ließen die Wasserschwingungen erahnen, dass Kinaja das Gleiche tat, nämlich den Schmutz von sich so gut wie möglich zu entfernen. Wir mussten nicht mehr dursten, nun würde alles gut werden, davon war ich überzeugt.
***
Wie in einem stillen Einverständnis schwammen wir anschließend los. Ich ließ Kinaja vor schwimmen, denn sein Körper konnte sich besser in der Dunkelheit orientieren. Und so fingen wir langsam und gemächlich an, durch die Dunkelheit des Wassers zu gleiten. Obwohl die Höhle von dem Klang her ziemlich groß sein musste, so durchquerten wir die Ausbuchtung relativ schnell. Schon bald schwammen wir durch einen schmalen Gang. Bei jedem Schwimmzug hielt ich mich an Kinaja, ich vernahm den Klang des Wassers, wenn er sich voran bewegte und spürte die Wasserschwingungen an meinen Beinen. Die Decke über uns war ziemlich tief, wir mussten achtgeben, unsere Köpfe nicht zu stoßen.
Nach einer Weile gingen meine Arme immer schwerer, der starke Temperaturunterschied hatte mir ziemlich zugesetzt. So langsam fühlte ich mich auch völlig orientierungslos, mein einziger Anhaltspunkt war der Mann vor mir. Und so langsam wurde ich auch zur Eisskulptur. Oft war die Decke so tief, dass es sogar gefährlich war, dort im Wasser zu schwimmen. An einigen Stellen war der Tunnel so schmal, dass ich aufpassen musste, mich nicht zu verletzen. Die meiste Überwindung kostete es mich jedoch, Kinaja voll und ganz zu vertrauen. Er konnte mich sonst wo hin führen und ich würde nichts merken. Nach einer Weile begannen mir die Zähne zu klappern. Ein kleiner Dunst von Nebel lag in der Luft. Mit jedem Schwimmzug wurde die Luft wärmer, und es begann ein wenig wie in einem Treibhaus zu duften. Und so schön es dort alles war, so friedlich, so still, an meinen schwindenden Kräften konnte das auch nichts ändern.
Gerade als ich dachte, dass ich nun ertrinken würde, wurde es hell und ich sah einen wunderschönen Strand vor uns auftauchen.
***
Um den Strand herum standen viele kleine, wilde Bäume. Sie wuchsen selten gerade, meist zeigten sie in verschiedene Richtungen, da ein älterer Baum dem jüngeren das Licht geraubt hatte. Zarte Orchideen und Palmen in den verschiedensten Ausführungen sowie kleine, teils durchsichtige, funkelnde Steine sorgten für einen paradiesischen Anblick. Das Wasser war kristallklar und leuchtete in den verschiedenen Blautönen. Der Sand, vermahlen von Zeit und Wasser, zeigte keine einzelnen Steine, sondern war so fein wie Salz. Derartige Augenblicke ließen einen beinahe vergessen, in welcher gefährlichen Welt man sich hier befand.
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Mauritien - Die verschlossene Tür
ФэнтезиMary erwacht an einem ihr unbekannten Ort. Nachdem sie eine Weile durch die Landschaft geht, erinnert sie sich an Visionen und weiß, wo sie sich befindet. Das Problem ist jedoch, dass sie nicht weiß, wie sie von dort wieder wegkommt. Eigentlich möc...