Kapitel 5

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„Wer will das wissen?" kam promt die Frage zurück. Seine Stimme klang melodisch, aber gleichzeitig sehr tief und dunkel. Ich ignorierte seine Frage. „Warum beobachtest du uns?" fragte ich. Diesmal antwortete er nicht mit einer Frage. „Du bist anders. Alleine weil du keine Umgangsformen beherrscht und mich ansprichst wie einen Stallknecht..." sagte er und kurz hob er den Kopf soweit, dass Sonne auf den Bereich unterhalb der Nase fiel. Kurz sah man das geheimnisvolle Lächeln, bevor er den Kopf wieder senkte. „Und? Das wird nicht alleine dein Begehr gewesen sein, oder?" fragte er. „Ich benötige Informationen – du siehst aus wie jemand der weiß wo ich welche herbekomme." sagte ich nur zu ihm. „Kommt auf die Art der Informationen an..." sagte er. „Wo hält sich die Tochter des Schicksals auf?" fragte ich ihn in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Der Mann hob so schnell seinen Kopf, dass ihm die Kapuze vom Gesicht rutschte. Es kam ein markantes Gesicht mit leichtem Bart, großen, blauen Augen und bis zur Schulter reichenden, schwarzen Haaren zum Vorschein. Die Augen blitzten in der Sonne auf, dann breitete sich wieder ein Lächeln auf dem Gesicht aus. „Nun wird doch wichtig, wer du bist." sagte er und stand auf. „Ich kann dir eine Antwort geben, allerdings muss ich wissen was du von ihr willst." sagte er zu mir. „Mein Name ist Dawn und das hier ist Alecia, wir kommen aus den Eislanden. Mir wurde aufgetragen die Tochter des Schicksals um Rat zu fragen, da sie mit dem Schicksal am besten in Kontakt steht." sagte ich zu ihm. „Aus den Eislanden..." murmelte er. „Viele Menschen glauben es gibt diesen Teil der Welt nicht oder er wäre unbevölkert." sagte er. „Tun sie das?" fragte ich ihn und sah ihn mit einem durchdringenden Blick an. „Woher weißt du wie man mit diesen Menschen redet?" fragte Alecia hinter mir überrascht. In ihrer Stimme lag ein Zittern. Ich musste meine Stirn kurz in Falten legen, als ich daran dachte, dass sie doch sonst so ein tapferes und mutiges Mädchen gewesen war. Ich ignorierte aber ihre Fragen, schließlich mussten wir vorran kommen.

„Du kannst froh sein, dass ich wissbegieriger bin als der Großteil der Bürger in Sylvain. Ich weiß, dass es die Eislanden gibt. Ich weiß auch, dass dort einige Menschen leben, die die Population der Schatten ausdünnen, für das wir nur dankbar sein können." sagte er. „Also? Ich brauche Antworten." sagte ich nur zu ihm. „Ich werde dir nicht sagen, wo die Tochter des Schicksals ist -" sagte er und grinste fies. „Ich werde dich hinbringen!" Ich wollte gerade etwas erwiedern, dann musste ich doch auch lächeln. „Los, kommt mit!" sagte er und hielt uns jeweils einen Arm hin. „Bist du dir sicher?" flüsterte Alecia leise. Ich nickte nur und nahm seinen Arm an, während Alecia sicherheitshalber doch ein Stück hinter uns lief. Wir liefen schweigend über den Markt in eine Gasse hinein, die vor Schmutz und Dreck nur so stank. Bald schon waren wir an der Stadtmauer und durchquerten ein von Wachen beschütztes Tor. Vor dem Tor führte ein steiniger Weg zum Horizont. Links, neben dem Weg, standen einige, aus Tierhäuten zusammengeflickte Zelte und ein großer Karren, der von zwei starken Pferden gezogen wurde.

„Ich habe uns eine Begleitung besorgt!" rief der Mann, als wir vor den Zelten standen. „Du kannst froh sein, dass wir dich überhaupt mitnehmen!" krächzte eine Stimme zurück. Eine alte Frau kam aus dem Zelt gekrochen. Sie hatte graue, lockige Haare und sah für ihr Alter noch relativ gut aus. Sie warf spöttisch ihren grünen Schal über die Schulter. „Na in Ordnung..." sagte sie als sie uns musterte. „Aber die Beiden müssen zahlen, wir können uns nicht noch mehr Esser erlauben wenn wir keine Mahlzeiten auf dem Tisch haben!" sagte sie und ich kramte sofort in meiner Tasche nach den restlichen Münzen und reichte sie der alten Dame. „Es tut uns leid, das hier ist unser letztes Geld!" sagte ich zu ihr, als ich ihr die Münzen in die zittrigen Hände legte. Sie zählte kurz durch, dann nickte sie. „Wird schon reichen..." Sie steckte das Geld in eine kleine, lederne Bauchtasche und verschwand wieder in ihrem Zelt. „Ruht euch aus – wir fahren erst bei Sonnenuntergang los!" sagte sie. „Danke, das ist wirklich freundlich!" sagte ich noch, doch die Frau antwortete schon nicht mehr.

Dawn - Königin der SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt