Kapitel 3

2.4K 187 13
                                    

Es regnete! Schon wieder! Ava seufzte leise vor sich hin! War das deprimierend hier! Sie saß auf dem Dach der Villa der englsichen Mondjäger und ließ sich von den Regentropfen berieseln.

Seit einem halben Jahr saß Ava nun schon hier in England fest. Sie fragte sich, was sie überhaupt hier sollte. Entgegen aller Versuche war es niemanden von den Mondjägern gelungen, Luna davon zu überzeugen, dass sie nicht auseinander gerissen wurden. Sebastian wurde schon drei Tage nach der Ankündigung fortgeschickt. Zwei Tage später fand Ava ihr Flugticket auf dem Tisch. Luna hatte es nicht einmal für nötig erhalten, ihr die Flugtickets persönlich gegeben. Verzweifelt war sie zu Jason gefahren und hatte ihn nur wortlos umarmt. Sie hatte nichts sagen müssen. Er wusste auch so, dass es soweit war.

Die letzten fünf Tage hatte sie daraufhin mit Jason verbracht. Nicht nur die Nächte, sie war auch tagsüber bei ihm geblieben. Nur zur Verabschiedung von Sebastian war sie zur Villa zurückgekehrt.

Wenn beide, Jason und Ava, geahnt hätten, dass ihnen nur so wenig Zeit blieb, dann hätten sie...Ava wusste selbst nicht, was sie noch hätten tun können. Jede freie Minute saßen sie beieinander. Meist hielt er sie nur in seinen Armen und sie lehnte sich an ihn. So verharrten sie stundenlang, nur von einigen Küssen unterbrochen, bis er Hunger verspürte. Auch dann begleitete sie ihn. Jason wollte nicht auch nur eine Sekunde ohne sie sein und Ava liebte es, dass er es nicht wollte. Auch wenn ihr erst der Gedanke, ihn bei der Jagd beobachten müssen, regelrecht Ekel hervorrief, begleitete sie ihn. Sie war überrascht, dass es ganz anders war, als sie es sich vorgestellt hatte.

Es war das erste Mal, dass sie ihn bei der wirklichen, wichtigen Jagd beobachtete. Denn es ging dabei um sein Überleben und nicht um Spaß. Ava nahm an, dass er trotzdem Rücksicht auf sie nahm, denn er bediente sich nur an Tieren. Allerdings wusste sie nicht, ob er normalerweise auch Menschen biss.

Es war seltsam zuzusehen, wie ein Hengst vertrauensvoll auf ihn zukam, Jason beschnupperte, sich streicheln ließ und sich dann fast bereitwillig von ihm beißen ließ. Jason nahm immer nur so viel, wie er gerade benötigte. Er tötete die Tiere nicht, nicht einmal die kleine Taube, die ihm praktisch zuflog. Und so geschah es bei allen Tieren. Sie kamen freiwillig und Jason musste nicht einmal seine Kräfte einsetzen, um sie zu sich zu rufen.

Ava verstand auf einmal, dass alles, was sie von Luna und den Mondjägern über Vampire gelernt hatte, absoluter Bullshit war. Natürlich gab es bestimmt auch schwarze Schafe unter ihnen, aber wenn sich alle so verhielten wie Jason, dann frage sie sich ernsthaft, warum sie seit Jahren die Vampire jagte und tötete. Immer mehr hegte sie der Zweifel, ob es nicht um eine Persönliche Sache ging, die Luna dazu bewegte alle Vampire zu vernichten.

Als sie mit Jason darüber redete, lachte er nicht etwa, sondern dachte sehr lange über ihre Worte nach, während er sie in seinen Armen hielt. Dann bemerkte er an, dass er derselben Ansicht wäre. Doch er wollte nicht darüber nachdenken. Nicht mehr. Nicht, wenn ihnen nur so wenig Zeit miteinander blieb.

Zum Flughafen hatte nur er sie begleitet. Konrad und Violett hatten sich gewundert, als sie ihnen praktisch befohlen hatte, zu Hause zu bleiben. Die letzten Minuten wollte sie bei Jason sein. Sie hatte den Blick kaum von wenden können und auch er stand die ganze Zeit, als er sie noch sehen konnte, an der Glasscheibe, bis sie endgültig zu ihrem Flug gerufen wurde. Immer wieder versicherte er ihr, dass er sie liebe und irgendwie schon auf sie aufpassen würde. Dann musste sie ihn verlassen. Den ganzen Flug nach London hatte sie geweint.

In London wurde sie von Kenneth, dem Mentor von Brighton, abgeholt. Es war mitten in der Nacht und sie fuhren so schnell wie möglich nach Brighton, damit sie nicht von der Morgensonne überrascht werden konnten.

Nein, sie blieb nicht in London. Luna hatte sie in dieses Nest verbannt. Es sah schwer nach Verbannung aus, auch wenn ihr von den ansässigen Mondjägern immer das Gegenteil vermittelt wurde. In London hätte sie wenigstens etwas zu tun gehabt. In Brighton gab es zwar einige Dämonen, aber die ansässigen Mondjäger hatten sie im Griff, was Ava mehr denn je an eine Verbannung denken ließ. Dennoch hatte es etwas Gutes, dass sie hier gestrandet war.

Tochter der MondgöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt