Kapitel 5

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„Also das mit deinen Augen sollte ich mir mal genauer ansehen, falls ich hier mal fertig werden sollte. Gibt es bei den Mondjägern vielleicht eine Art Bindehautentzündung, die eine Irisfärbung hervorruft?"

Flynn lag zwar lässig auf einer Krankenliege, aber man konnte sehen, dass er absolut müde und überarbeitet war. Dennoch betrachtete er Ava kritisch. Und zwar ihre Augen, die immer noch diesen eigenartigen fliederfarbenen Ton hatten.

„Keine Ahnung! Ich war noch nie krank! Zumindest nicht als Mondjäger. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Mondjäger überhaupt krank werden können."

Er zuckte leicht mit der Schulter und wischte sich schon zum x-ten Mal über die Augen.

„Das wäre mir auch neu. Aber irgendetwas muss diese Irisverfärbung ja ausgelöst haben.

Ava spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Sie hätte Flynn natürlich sagen können, was es ausgelöst hat, aber das würde sie ihm bestimmt nicht auf die Nase binden.

„Das, mein lieber Ire, geht dich ein Scheißdreck an."

Er lachte leise und legte seinen Kopf wieder zurück und starrte zur Decke.

Isabeau hatte Ava erzählt, dass er geschlagene vierzig Stunden am Stück gearbeitet hatte. Er hatte Kranke untersucht, operiert und danach noch alle betreut. Irgendwann war er zusammengebrochen und hatte an Ort und Stelle geschlafen. Das war ungewöhnlich, denn Sonnenjäger brauchten eigentlich ja keinen Schlaf. Doch Flynn hatte sich so verausgabt, dass sein Körper offenbar gestreikt hatte. Die Vampirfrauen, die mit ihm arbeiteten, hatten ihn in eines der Gästezimmer gebracht und ihn erst einmal schlafen lassen. Allerdings war er nach zwei Stunden wieder aufgetaucht und hat in demselben Tempo weiter gemacht, dass er vorher schon vorgelegt hatte.

Doch nun hatte Isabeau einen Riegel davor geschoben. Sie achtete nun darauf, dass Flynn wenigstens alle drei Stunden etwas Pause bekam.

Und nun machte er bei Ava weiter und sie merkte, dass er am liebsten seine medizinischen Geräte herausholen wollte, um sie zu untersuchen. Allerdings würde Isabeau ihm die Hölle heiß machen, wenn er seine Pause dafür nutzen würde. Flynn war ein stolzer Sonnenkrieger, aber bei Isabeau knickte er regelmäßig ein. Dabei musste sie ihn nur anschauen und schon machte er, was sie wollte.

Nun zuckte er mit den Schultern und schloss einen Moment die Augen.

„Es scheint dir ja sonst gut zu gehen. Wenn man davon absieht, dass deine Körpertemperatur ziemlich niedrig ist. Vielleicht brütest du doch etwas aus. Die niedrige Körpertemperatur ist meist ein Vorbote einer Grippe oder einer Erkältung. Wenn es schlimmer werden sollte, dann melde dich einfach bei mir."

Sie schluckte, wollte ihm aber nichts von ihren Vermutungen erzählen. Sie wusste, dass Flynn das nicht verstehen würde und in seinem Beschützerinstinkt ihr den Umgang mit dem Fürst, wie er Jason immer noch nannte, verbieten würde. Ha! Als ob das gehen würde.

Natürlich waren ihr Veränderungen aufgefallen. Die Augenfarbe war natürlich am offensichtlichsten gewesen. Das mit der Körpertemperatur stimmte auch. Sie war zwar nicht so kalt wie die Vampire, aber sie merkte, dass sie kaltblütiger wurde. Insgeheim musste sie über ihre eigenen Worte grinsen. Das hörte sich nun wirklich komisch an.

Es hatte sich noch einiges anderes an ihr verändert. Ihr Gehör war sagenhaft. Sie hörte Mücken schwirren, die kilometerweit entfernt waren. Sie konnte Gespräche von Menschen lauschen, die am anderen Ende der Stadt lebten. Am Anfang waren die ganzen Stimmen sehr verwirrend gewesen. Mittlerweile konnte sie aber das Unwichtigste ausblenden.

Tochter der MondgöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt