Kapitel 21

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Joel und ich verstanden uns prächtig, was mich zunächst verwundert hatte, doch der Braunhaarige war charmant, witzig, gebildet und unglaublich interessant. Manchmal jedoch blitzte in seinen Augen Verachtung und Trauer auf, etwas, das mich überraschte, da er so fröhlich wirkte, aber der erste Blick täuschte ja bekanntlich, so wohl auch bei Joel.

"Hey Ny! Connor und Cass wollen in den Schmuckladen...würdest du mit mir zum Comicladen?", unsicher lächelte der Sohn der Hekate mich an. Dieser Typ war absolut und unabwendbar perfekt. Sofort warf ich mich an seine Seite und klammerte mich an seinen Arm.

"Mein Dank an die Götter! Endlich jemand, der auch so gerne Comics liest wie ich", lachend sah ich den Braunhaarigen an, dessen Unsicherheit augenblicklich verschwand. Sein Blick wurde weich und warm.

"Lass uns gehen! Wir sehen uns nachher!", sanft nahm er meine Hand und zog mich hinter sich her und von den anderen beiden weg. Da ich keine Ahnung hatte, wohin wir gehen mussten, ließ ich mich mitziehen, doch den Rotschimmer, der sich auf meine Wangen legte, konnte ich nicht verhindern. Meine Wangen wurden schrecklich warm und ich wich den Blicken der Menschen aus, die uns amüsiert beobachteten. Ich hatte keine Erfahrung mit Jungen, denn die meisten mieden mich, ohne mich zu kennen. Sie dachten über mich, dass ich keinen Spaß verstand, eine Streberin war und mich nie daneben benahm. Der erste Eindruck täuschte manchmal sehr.
Vor einem kleinen Laden mit schmutziger Glastür, hinter der sich ein wahrer Schatz verstecken sollte, hielten wir schließlich. Mein Begleiter strahlte wie ein feuriger Gasball am Himmel, als er mich ansah. Plötzlich bemerkte er, dass unsere Hände verschränkt waren. Mit hochrotem Kopf wandte er sich ab und ließ meine Hand los, eine Entschuldigung murmelnd. Ich lächelte und ignorierte es einfach, obwohl ich mich irgendwie einsam fühlte, einsam und kalt, nun da seine Hand nicht mehr bei mir war.

"Lass uns reingehen", schlug ich ihm vor und drückte die Tür auf. Der Laden war gespenstisch still und das in New Fucking York. Hinter mir trat Joel ein, seine Augen glitzerten mit kindlicher Freude, was mir das Herz erwärmte. Er sah spektakulär niedlich aus.

"Joel! Mit dir hatte ich sehr lange nicht gerechnet", eine Holztür hinter der Kasse öffnete sich und eine Frau in ihren Dreißigern trat an uns heran. Sie hatte kurzes, braunblondes Haar, blasse Haut, graublaue Augen und eine Brille auf der Nase. Auf ihren schwarzen Top sah mir Deadpool entgegen, was sie augenblicklich sympathisch für mich machte.

"Hey, Tsy", der Braunhaarige lächelte sie freundlich an, bevor er meine Hand erneut nahm und mich zu den Schränken mit Comics zog, die er sofort durchstöberte. Belustigt sah ich ihm eine Weile dabei zu, bevor auch ich mich an die Marvel-Comics machte, unter denen ich mir jene aussuchte, die sich um Hawkeye drehten. Unter den Avengers war er mein Liebling, auch wenn er keine Superkräfte besaß. Langsam begann ich, die Story zu lesen, als mir plötzlich das Comic weggenommen wurde. Joel lächelte mich an.

"Ich schulde dir noch was, also geht das auf mich", ohne meine Antwort abzuwarten, ging er schon zur Kasse, um zu bezahlen, während ich ihm nur hinterher starren konnte. Bis mir auffiel, dass ich damit ganz und gar nicht einverstanden war, war es schon zu spät und der Sohn der Hekate hatte bezahlt.

"Ich wusste gar nicht, dass du wieder eine Freundin hast", sagte Tsy gerade, als ich bei den beiden ankam. Herzlich lächelte sie mich an.

"N-nein...wir...", synchron versuchten wir, das Missverständnis aufzuklären, aber die Frau lächelte nur.

"Viel Spaß euch beiden noch und schreib mir doch mal, Brüderchen", rief Tsy uns nach, als wir den Laden verließen.

"Brüderchen?", fragte ich meinen Begleiter überrascht, doch der schüttelte nur lachend den Kopf.

"Sie ist nicht meine leibliche Schwester, aber sie war...eine lange Zeit für mich da und ich bin ihr sehr dankbar dafür", wieder wurde sein Blick fern und trauriger. Einige Sekunden betrachtete ich seine kantigen Gesichtszüge, bevor ich ihn zu mir zog und ihn fest umarmte. Kurz spannte sich sein ganzer Körper an und er begann, leicht zu zittern, jedoch seufzte er wenige Herzschläge später und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. Eine Weile standen wir einfach so dort, Joel in seinen Gedanken versunken und ich wollte ihn dabei nicht stören. Um ehrlich zu sein, fühlte es sich...nett an, ihm so nah zu sein. Als ich zaghaft lächelte, wurde mir unwillkürlich etwas bewusst. Es war nicht mehr als ein Gefühl in meinem Bauch, doch dieses Gefühl rettete Joel das Leben, als ich ihn aus der Reichweite des Höllenhundes zerrte. Erschrocken stolperte der Braunhaarige, fing sich aber rechtzeitig und wirbelte herum. Im Gegensatz zu ihm war ich nur einige Zentimeter zurück gestolpert, weshalb ich näher an dem Biest stand. Ich erinnerte mich plötzlich daran, dass ich mich bei meiner Schwester immer beschwert hatte, dass Helden so dumm handelten. Jetzt musste ich mich unbedingt korrigieren: Wenigstens handelten sie! Der Höllenhund fixierte mich, doch er bewegte sich nicht, obwohl alle Muskeln zum Sprung angespannt und die Zähne gefletscht waren. Ich konnte mich nicht bewegen, meine Beine zitterten und ich hatte Mühe, meine Atmung einigermaßen ruhig zu halten. Langsam entspannte sich das Monster mir gegenüber, bevor es misstrauisch auf mich zukam.

"Ny...beweg dich nicht!", zischte Joel hinter mir. Ich hörte, wie er sich leise auf mich zubewegte. Darüber musste er sich jedenfalls keine Sorgen machen, denn ich könnte mich wohl nicht einmal bewegen, wenn ich es wollen würde. Dass ich total erbärmlich aussehen musste, interessierte mich sogar nur minimal, während der Sohn der Hekate seine Messer zog. Augenblicklich wandte das Ungeheuer sich von mir ab, alle Muskeln waren wieder angespannt, als es ihn ansprang. Die Kräfte rissen beide zu Boden und Joel rollte sich gekonnt ab, wobei er den Höllenhund von sich warf. Dann stand er auch schon wieder. An seinem Arm lief Blut herab, doch es interessierte ihn nicht, vielleicht bemerkte er es nicht einmal. Sofort begann die Schuld, an mir zu nagen. Eigentlich stand er dort nur, weil ich mich nicht bewegen konnte. Wenn ich nur etwas heldenhafter gewesen wäre... Nein! Ich musste jetzt etwas tun, irgendetwas.

"Du weißt, was du tun musst, Destiny..."

Die Stimme in meinem Kopf irritierte mich aufgrund ihrer Vertrautheit. Ich erkannte diese Stimme und mit ihr kam auch die Erkenntnis. Ich gehörte nicht in diese Welt und auch wenn die Leute mich hier als Halbgöttin, so erkannten die Monster mich nicht als solche. Wenn ich vor Joel stehen würde, würde das Biest vielleicht ablassen...Mein Körper regierte schneller als mein Geist, denn kaum hatte ich diese Idee gehabt, stand ich auch schon vor ihm. Der Höllenhund beruhigte sich und starrte mich wieder nur an. Seine Augen sahen in meine, etwas Verletzliches war darin. Dann ging er in goldenen Staub auf. Eine Klinge fiel scheppernd zu Boden. Joel hatte sein Messer geworfen.

Gefangen in deinem Lieblingsbuch( Percy Jackson FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt