Kapitel 01: In the beginning...

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gewidmet @tyskerfie

Es war ein kalter, nebliger Tag. Vor allem nach einer halben Flasche Whisky.

Passte jedenfalls ganz gut zu meiner Stimmung, stellte ich fest, als ich an meinem Schreibtisch am Fenster saß und einen Blick auf die Stadt warf. Regentropfen trommelten auf die Fensterscheibe und erschwerten mir meine ohnehin schon sehr stark eingeschränkte Sicht. Bilder zuckten durch meinen Geist. Bilder von einer schönen, einer harmonischen Kindheit, die ich nie gehabt hatte. Alles nur Schein und Täuschung; und doch schien alles so real.

Nach dem Tod meiner Eltern war ich auf der Straße aufgewachsen; ich schlief zwar in einem Heim und ging brav zur Schule, aber in meiner Freizeit lernte ich die "richtigen Leute" kennen, tat den einen oder anderen Gefallen und wurde ein geschätzter "Mitarbeiter" im "Familienbetrieb" eines damaligen Freundes und Klassenkammeraden.

Aber diese Zeiten waren längst vorbei, rief ich mir in den Sinn zurück und versuchte, die Gedanken über Vergangenes wieder in ihre Schublade zu sperren. Ich war im hier und jetzt und darüber sollte ich froh sein, versuchte ich mir einzureden. Mittlerweile war ich wenigstens ‚ehrlich' geworden, hatte so etwas wie einen richtigen Job - meine eigene Detektei. Ich handelte immer noch mit Informationen, egal für wen oder um was es sich handelte; Hauptsache die Bezahlung stimmte. Und an eben jenem Abend hätte ich mich eigentlich mit einem neuen Kunden treffen sollen, aber aus irgendeinem Grund hatte er sich noch nicht bei mir gemeldet.

Ich stellte mein Glas zur Seite und griff nach meiner Akustikgitarre. Ich hatte sie vor zwei oder drei Jahren auf einem Flohmarkt erstanden. Sie hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, aber ihre Lackierung glänzte - abgesehen von einigen kleinen, unschönen Kratzern - noch genau so, wie am ersten Tag.

Der erste Tag - der Anfang vom Ende. Ich musste an den Tag denken, als ich SIE zum ersten Mal gesehen hatte. Wie ein Messer mit Widerhaken blieb der Gedanke in meinem Hinterkopf stecken und verursachte ähnliche Schmerzen, nur emotional.

Das war zu der Zeit, als ich noch hier und da in einer Band spielte. Ich zupfte noch ein wenig auf den Saiten herum, dachte an das Instrument, dass ich zu jener Zeit gespielt hatte - meine Avalon stand noch irgendwo in Nowhere City rum und staubte langsam aber sicher ein - bevor ich sie und damit einen Großteil meiner Erinnerungen wieder weglegte.

***

Ich starrte noch eine Weile auf mein Mobiltelefon, das vor mir auf meinem alten, zerkratzten Holztisch lag, der nur vom schwachen Schein einer kleinen halb abgebrannten Kerze erhellt wurde, ehe ich mich erhob und die Tür zu meinem Balkon öffnete, um an die frische Luft hinaus zu treten. Ich wohnte im dritten Stock einer alten, halb vergammelten Bruchbude, aber - hey - worüber sollte mich beklagen? Schließlich hatte ich fließendes Wasser und das nicht nur bei Regen. Man konnte von hier aus sogar die Ol'Lady sehen, Verbindung der Stadt zum Meer. Wie eine dicke Schlange wand sie sich quer durch das Land bis hinunter in den Süden nach Nowhere City.

Der Strom war mal wieder ausgefallen und mein Vorrat an Kerzen wurde allmählich knapp. Aber immer noch besser, als tot zu sein, dachte ich bei mir.

Tod. Ich hasste dieses Thema, wenn auch gleich ich keine Angst vor ihm hatte. Aber er hatte mir einige Personen geraubt, die mir sehr nahe standen. Und damit meine ich nicht nur meine Eltern. Jedenfalls begann ich gerade, in Depressionen zu verfallen, als meine mobile Sprechfunkeinheit zu piepsen begann. Wenn das mein Kunde war, hatte er sich einen verdammt schlechten Zeitpunkt ausgesucht. Widerwillig begab ich mich wieder ins Innere meiner Wohnung, hob ab und meldete mich mit einem schlichten „Hallo?"

„Spreche ich mit Ray O'Neill?"

„Nein, mit der Telefonseelsorge. Was haben Sie auf dem Herzen, mein Sohn?"

Jimmy is Dead - ein Noire-KrimiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt