Nach dem Cheerleader-Training musste Jessy ungefähr drei Stunden duschen und Bella nutzte die freie Zeit, um auf ihrem Bett ein wenig Gitarre zu spielen. Die Gitarre war ein Andenken an ihre Mutter, die zusammen mit ihrem Vater bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Seitdem waren die beiden Schwestern auf sich allein gestellt. Weil ihre Eltern sehr reich gewesen waren, konnten sie in dem Haus bleiben und hatten auch sonst keine Geldsorgen. Auch wenn Jessy Bella knapp bei Kasse hielt und selbst ständig shoppen ging. Aber Bella machte sich ohnehin nicht so viel aus Klamotten. Sie liebte es, Gitarre zu spielen und zu singen. Denn wenn Bella die Gitarre in der Hand hielt, fühlte sie sich ihrer Mutter ganz nah. Bella hatte die wunderschöne Stimme ihrer Mutter geerbt und wenn sie Songs von den Loch is nachspielte, fühlte sie sich außerdem Roman ganz nah. Roman war einfach ... süß! Bella seufzte und sang aus ihrem voll traurigen Herzen. Als sie gerade den Refrain wiederholen wollte, stürmte Jessy in ihr Zimmer. Sie trug einen rosa Bademantel, auf ihrem Kopf thronte ein Handtuchturm und ihr Gesicht war unter einer dicken Gesichtsmaske verschwunden.
„Hör auf, ich kann mich gar nicht beim Denken hören!", fauchte Jessy ihre Schwester an.
Bella hörte sofort auf zu spielen und sag ihre Schwester fragend an.
„Außerdem klingt's scheiße. Sing mal so ..."
Jessy sag ebenfalls aus vollem Herzen, aber es klang wie Rihanna mit Halsentzündung. Bella konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen, versuchte aber, ernst zu bleiben: „Danke, Jessy. Werd's probieren", behauptete sie.
„Gib mal her!", befahl Jessy und schnappte sich Bellas Gitarre.
„Hey!", empörte sich Bella, als Jessy die Gitarre am ausgestreckten Arm in die Luft hielt.
„Gib mir sofort Mamas Gitarre wieder!", rief Bella.
„Gib mir sofort Mamas Gitarre wieder!", äffte Jessy sie nach und lachte fies.
„Das ist nicht lustig. Das ist das Einzige, was ich von ihr habe!", sagte Bella und versuchte, an die Gitarre zu kommen.
„Das ist das Einzige, was ich von ihr habe!", ahmte Jessy sie wieder nach und schubste Bella hart von sich weg.
„Au!", schrie Bella aufgebracht.
„Buhuhu, check's halt. Nur weil du Mamas und Papas Liebling warst, heißt es nicht, dass du auch bei mir Puderzucker in den Arsch geblasen bekommst", höhnte Jessy. Dann schrammelte sie lieblos ein paar Akkorde auf der Gitarre und ging aus Bella Zimmer. Die Gitarre nahm sie einfach mit.
„Die kriegst du wieder, wenn alles mit Heiko klargeht. Und wenn sie dir so wichtig ist, würde ich an deiner Stelle gut aufpassen, schön alles zu machen, was sich deine ältere Schwester wünsht, Sis!", fügte sie drohend hinzu und knallte die Tür hinter sich zu.
Bella zeigte der Tür, oder vielmehr ihrer miesen großen Schwester dahinter, den Mittelfinger, als die Tür wieder aufflog und Jessy sich im Türrahmen wie eine Beauty Queen präsentierte: „Du kannst dich ruhig ein bisschen mehr für mich freuen. Stell dir vor, bald bin ich fame! Erst Heikos heiße Freundin, dann vielleicht ein Duett, dann mein eigenes Projekt. Und dann krall ich mir endlich einen echten Star. Cro oder was weiß ich, wer dann hot ist. Aber keine Angst, ich werde natürlich nicht abheben und immer die Gleiche bleiben." Mit einem triumphierenden Blick auf Bella ergänzte Jessy: „Und natürlich mein Schwesterherz nie, also niemals nie vergessen!"
Damit zog Jessy ab und knallte erneut die Tür zu, sodass fast Bellas Lochi-Poster von der Wand gerutscht wäre.
Bella sah ungläubig auf die Tür und schüttelte traurig den Kopf.
„Schade", murmelte sie.
Aber Jessy war schon 18 und deswegen für Bella verantwortlich. Obwohl Jessy darunter nicht sich kümmern verstand, sondern rumkommandieren. Bella beschloss, so schnell wie möglich auch 18 zu werden, dann konnte sie endlich ihr eigenes Leben führen. Wobei -- so fies Jessy auch war, sie war die einzige Familie, die ihr noch geblieben war.
Plötzlich klingelte es an der Haustür. Eilig sprang Bella vom Bett auf, wischte sich die Augen und band sich ihren Zopf neu. Auch aus Jessys Zimmer kamen hektische Geräusche. Bella musste fast schon wieder grinsen. Jessy hatte ausnahmsweise mal keine drei Stunden, um sich umzuziehen, sondern drei Minuten. Allerhöchstens. Denn vor der Tür wartete garantiert wieder die Sozialarbeitern, die für die Schwestern zuständig war, seit ihre Eltern ums Leben gekommen waren. Bella und Jessy hatten vor lauter Lochis im Kopf fast vergessen, dass die bestimmt bald weder für einen Kontrollbesuch vorbeischneien würde. Gut, dass Bella sowieso jeden Tag alles aufräumte und putzte. Jessy und Bella liefen zur Haustür und öffneten sie mit einem strahlenden Lächeln.
„Guten Tag, Frau Sozialarbeiterin Schmitt!", schmetterten die beiden im Duett.
Die Sozialarbeiterin schon gerade mit ihrem Klemmbrett, das sie immer dabei hatte, ihre Brille zurecht und blickte die Mädchen irritiert an.
„Haben Sie gerade Shit gesagt?"
Jessy und Bella sehen sich verwundert an, behielten aber ihr strahlendes lächeln bei. Dann liefen sie der Sozialarbeiterin hinterer, dir mit prüfendem Blick alles kontrollierte. Das Badezimmer, den Kühlschrank, den Fußboden. Sie wischte mit dem Finger über Kommoden und schaute sogar unter die Betten. Dabei machte sie sich immer wieder Notizen.
„Gibt es irgendwas, das zu beanstanden wäre?", fragte Bella vorsichtig.
Die Sozialarbeiterin antwortete, ohne von ihrem Klemmbrett aufzusehen. „Das ist ja das Problem. Es ist alles auffällig ... Unauffällig. Wissen Sie, was das heißt?
Jessy und Bella sahen sich verwirrt an.
„Woher wussten Sie, dass ich komme? Gibt es im Jugendamt einen Spion ? Rede!", befahl die Sozialarbeiterin und zog eine Taschenlampe aus ihrer Jacke, mir der sie Bella in die Augen leuchtete.
„Au!" Bella zuckte zurück.
„Wer ist der Maulwurf? Wer? Aha!", rief die Sozialarbeitern, weil sie im Strahl der Taschenlampe etwas entdeckt hatte.
In einer Ecke stand ein Rollstuhl.
„Was ist das?, fragte sie streng.
„Ein, ein ... Rollstuhl.", meinte Jessy zögerlich. Sie hatte ihn vorhin besorgt, um damit an Heiko ranzukommen. Aber das konnte sie dieser Frau Shit ja schlecht sagen.
Die Sozialarbeitern nickte und notierte: „Roll ... stuhl ... Das weiß ich!", sagte sie und ging bedrohlich auf Jessy zu.
„Sind Sie ihrer Aufsichtspflicht etwa nicht nachgekommen und hat sich ihr Mündel verletzt?"
„Nein, nein." Jessy schüttelte heftig den Kopf.
„Der ist sozusagen für den Notfall da."
Fragend wandte sich die Sozialarbeitern an Bella und sagte in freundlichem Ton:„Du musst keine Angst haben. Wir können dir helfen."
Bella schaute unsicher vom der Sozialarbeitern zu ihrer Schwester, die ebenfalls unsicher geworden war.
„Nein, alles gut. Meine Schwester kümmert sich ganz ... ausgezeichnet um mich", behauptete Bella schnell.
Die Sozialarbeiterin blickte Bella skeptisch an, macht sich Damm aber seufzend Notizen. Dann ging sie zur Haustür und übergab dort Jessy einen Durchschlag.
„Für Ihre Unterlagen", erklärte sie knapp und ging.
„Auf Wiedersehen Frau Sozialarbeiterin Schmitt!", sagten die beiden Schwestern wieder im Chor.
Abrupt drehte sich die Sozialarbeiterin um und fragte: „Haben Sie Shit gesagt?"
Panisch schüttelten Jessy und Bella den Kopf und sagten unisono: „Nein, nein, SCHMITT!"
„SchMitt", ergänzte Bella.
„Tttt", machte Jessy
„T", fügte Bella an.
Die Sozialarbeiterin sah die Mädchen böse an und hob ihren Zeigefinger: „Ich beobachte Sie. Wie ein Panther. Bei dem weiß man auch nie, wann er zuschlägt. Und in werde zuschlagen. Heute. Morgen? In Ihren Träumen?"
Damit schlich Frau Schmitt davon wie eine Katze. Oder vielmehr we ein Panther.
Jessy und Bella sahen ihr entgeistert nach.
Als sie weg war, atmete Jessy hörbar erleichtert aus.
„Danke, Sis", murmelte sie.
„Krieg ich jetzt Mamas Gitarre wieder?", fragte Bella.
„Hahaha!", lachte Jessy überheblich.
„Nein!"
Bella schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Ein Panther und diese fiese Zicke von Schwester waren echt zu viel für die arme Bella.

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BRUDER VOR LUDER
De TodoBUCH ZUM FILM! Auf YouTube sind Heiko und Roman bereits Stars - Jetzt wollen sie auch live auf der Bühne durchstarten. Aber Romans plötzliches Lampenfieber und Heikos neue Freundin drohen den Traum von der großen Musikkarriere zum Platzen zu bringen...