"Cieeel, lass uns doch endlich etwas unternehmen", bettelte Darja, stützte sich an seinem Schreibtisch ab und sah ihn erwartungsvoll an. Doch der Blauäugige schüttelte nur mit gesenktem Blick seinen Kopf. "Ich muss diese Briefe fertig schreiben und dann-" "Gehört das etwa auch zu deiner Arbeit?", unterbrach sie ihn und hob ihre Stimme merklich an. "Ja", seufzte Ciel. Darjas Geduldsfaden riss bei diesen Worten. Schon seit dem ersten Tag, an dem sie ihn besuchte, war der Brite durchgehend am Arbeiten. Nicht einmal eine Pause, um sich wenigstens ein bisschen mit Darja zu unterhalten, legte er ein. "Ich bin schon seit vier Tagen bei dir und du bist ständig nur am Arbeiten! Wir werden morgen auf jeden Fall etwas machen, sonst rufe ich meine Eltern an und fahre zurück nach Oxford! Meine Ferien dauern nicht ewig", klagte die Grünäugige. Ciel seufzte erneut und gab sich geschlagen. "Gut, wenn ich mit den Briefen fertig bin werde ich mir frei nehmen und einen Urlaub buchen. Einverstanden?" "Einverstanden!" Sie lächelte triumphierend und zufrieden. "Wo soll es denn hingehen?", wollte Ciel wissen und schrieb nebenbei an seinen Briefen weiter. Er versuchte desinteressiert zu wirken, doch insgeheim freute er sich über den gemeinsamen Urlaub und war sehr aufgeregt. "Hm. Ich fände etwas Sonne ganz angenehm", meinte Darja und überlegte. Der ewige Regen in England ging ihr langsam auf die Nerven. "Wie wäre es mit den Bahamas?" "Das ist eine gute Idee! Ich werde sofort meinen Koffer packen." Die Russin rannte zur Tür und wollte hinausgehen, doch Ciel hielt sie auf. "Richte Sebastian bitte aus, dass er meinen Koffer auch packen soll." "Werde ich machen."
Nachdem die Russin das Wichtigste zusammengeräumt hatte, war es bereits Mittag und Sebastian rief Ciel und Darja zu Tisch. "Zum Mittagessen gibt es heute Spaghetti Bolognese mit Mozzarella und als Nachspeise Clafoutis, ein südfranzösischer Kirschauflauf, mit Mandelblättchen und bayerischer Vanillecreme", berichtete der schwarzhaarige Butler und servierte die Vorspeise. "Danke, Sebastian", bedankte Darja sich und fing an zu essen. "Hast du eigentlich schon gebucht?", fragte sie den Briten euphorisch. "Ja, wir werden mit einem Passagierschiff hinreisen und ungefähr eine Woche unterwegs sein. Auf den Bahamas werden wir drei Wochen in einem Ferienhaus nächtigen und mit einem Flugzeug zurückkehren", erklärte Ciel und nahm einen Schluck von seinem Wasser. "Schiff? Ferienhaus?" "Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich mich mit einem Hotel zufriedengebe?" Ciel setzte sein übliches, freches Grinsen auf.
Er ist ein Adeliger und deshalb ist er es gewohnt im Luxus zu leben. Außerdem gehört ihm die erfolgreichste Firma namens Funtom, die seit 1975 auch Videospiele programmiert und verkauft, weshalb der Blauäugige Unmengen an Geld verdient. Darja hingegen ist lediglich eine Frau der Mittelschicht, welche vor ein paar Jahren noch drohte, in die Unterschicht abzurutschen, da ihr Umzug von Nowosibirsk nach Oxford nicht gerade billig war. Doch dank Darjas Hilfe lernten ihre Eltern die neue Sprache zügig und konnten sich bei gut bezahlten Arbeitsstellen bewerben. Sie selber arbeitet neben ihrem Schauspielstudium in einem Café. Trotzdem würde das Geld niemals für solch eine prunkvolle Reise reichen.
"Aber das kann ich mir niemals leisten", beklagte sich die Brünette. "Ich bezahle es für dich." "Aber-" "Sieh es einfach als zusätzliches Geburtstagsgeschenk."
Darja hat im Februar Geburtstag, welcher bereits seit sechs Monaten vorbei war. Ciel hatte ihr einen Stapel mit Büchern geschenkt. Darin waren viele Klassiker und neue Bestseller, darunter auch "Die Augen einer Fee", ein Fantasy/Romance Roman, welchen sich Darja seit seiner Erscheinung gewünscht hatte. Sie war mit diesem Geschenk zufrieden und wollte die Reise zuerst nicht annehmen, aber gegen Ciel hatte sie keine Chance. Er würde sie so oder so mitnehmen, weshalb Darja einer unnötigen Diskussion aus dem Weg ging.
"D-Danke, ... Ciel", stotterte sie nach einer kurzen Stille und aß ihre Spaghetti weiter. Sie unterhielten sich über den Ablauf der Reise, bis es plötzlich an der Tür klingelte. Sebastian öffnete diese und ließ den Gast ins Haus.
"Layla!", riefen Ciel und Darja erstaunt, als eine schwarzhaarige Frau den Speisesaal betrat. "Hallo, Ciel! Hallo Darja!" Layla setzte sich mit an den Tisch und bekam sofort einen Teller voll Spaghetti von Sebastian serviert. "Was führt dich zu uns?", fragte Ciel. "Ach, ich habe nur etwas genäht", antwortete sie bescheiden und öffnete ihre Tasche. Als erstes hob sie ein weißes Sommerkleid aus Tüll in die Höhe. Layla hatte eine rosafarbene und eine rote Rose am Ausschnitt angenäht und es mit einem beigefarbenen Gürtel um die Taille verziert. "Das ist für dich Dascha", meinte sie und lächelte. Darja schaute ihre Freundin begeistert an und nahm das Kleid selber in die Hand, um es genauer mustern zu können. "Es ist wunderschön. Das könnte ich gut auf den Bahamas tragen", schwärmte Darja, als sie sich das Kleid an den Körper legte und sich von oben betrachtete, doch dann kam ihr eine Idee. "Lay, wir wollen auf die Bahamas und reisen morgen los. Möchtest du nicht mitkommen?" Ciel war über das Angebot seiner besten Freundin etwas frustriert, da er sich einen Urlaub nur mit ihr erhofft hatte, doch er wollte nicht unhöflich sein und spielte mit. "Es wären noch genug Plätze auf dem Schiff frei und im Haus finden wir bestimmt auch ein Platz für dich", gab er hinzu. Layla überlegte kurz, doch lehnte den Vorschlag schließlich ab. "Nein, ich würde wegen meiner Sonnenallergie verrückt werden", meinte sie und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. "Außerdem," Layla überlegte kurz und sah die beiden schließlich mit ihren eisblauen Augen und einem schiefen Grinsen an, "möchte ich euch nicht stören." Layla wusste genau, dass Ciel sich bei diesen Worten unwohl fühlen würde und freute sich schon auf seine Reaktion. Ciel und Darja sahen sich erst gegenseitig, dann Layla verwundert an. "Was meinst du damit?", fragte Ciel in einem bedrohlichen Ton, obwohl er ganz genau wusste, was der Blauäugigen durch den Kopf ging. Layla kicherte nur unschuldig. "Ach, überhaupt nichts." Stille füllte den Raum. Ciel sah Layla immer noch zornig an, während sie permanent frech grinste. "Nun", die Russin versuchte die Stimmung wieder etwas aufzulockern, "hast du auch etwas für Ciel genäht?" "Aber natürlich!" Layla kramte erneut in ihrer Tasche und überreichte Ciel die Kleidung. "Du hast dich immer beschwert, dass du keine schwarzen Hosen besitzt. Dazu habe ich dir ein einfaches dunkelblaues Hemd genäht. Die Ärmel solltest du bis zu deinen Ellenbogen hochkrempeln können." "Danke", zischte Ciel knapp und nahm das Geschenk an. "Also dann, ich muss wieder gehen. Ich habe heute noch einen Termin für ein Fotoshooting." "Möchten sie denn nicht Essen, Miss Graves?", fragte Sebastian, der das gesamte Gespräch aufmerksam verfolgt hatte. "Nein, danke. Ich habe schon gegessen." Layla verabschiedete sich und ging selbstständig aus dem Haus.
xxxxx
Am Abend beschloss Darja, Ciel in seinem Zimmer zu besuchen, um ihn auf heute Mittag anzusprechen. Also klopfte sie an seiner Schlafzimmertüre, öffnete diese einen Spalt weit und lugte hinein. Ciel saß, mit seinem Laptop auf dem Schoß, im Bett und tippte etwas ab. Er hatte sie nicht bemerkt. Erst, als Darja das Zimmer betrat und die Tür hinter ihr schloss, sah er sie verwirrt an und klappte daraufhin seinen Laptop zu. "Was brauchst du?", fragte er ruhig. "Ich wollte mit dir reden", murmelte die Grünäugige und sah verlegen zur Seite. Ciel setzte sich an die Bettkante und bat Darja, sich neben ihn zu setzten. "Sprich", flüsterte er und schenkte ihr ein leichtes Lächeln. "Wieso warst du heute Mittag so verärgert?" Sein Lächeln verschwand blitzartig und er blickte zur Decke, wissend, dass er ihr die Situation nicht erklären konnte. Noch nicht. "Das hat dich nicht zu interessieren", waren deshalb seine Worte. "Warum nicht? Wir sind beste Freunde!"
Ciel und Darja kennen sich seit Laylas 18. Geburtstag. Sie veranstaltete ihre Feier zusammen mit ihrer Assistentin, welche ihr normalerweise beim Nähen hilft und lud eine Menge Leute ein. Die Russin war anfangs wie immer sehr misstrauisch und vorsichtig gegenüber Ciel, doch dank der gemeinsamen Interessen und der perfekte Chemie zwischen den beiden hat Darja ihre Angst problemlos überwinden können. Von Tag zu Tag wurde das Band zwischen ihnen immer kürzer und sie kamen sich immer näher, bis sie schließlich zu besten Freunden wurden.
"Ich dachte wir haben keine Geheimnisse voreinander! Ich weiß, dass du einen Vertrag mit dem Teufel hast und dass dieser Teufel Sebastian ist. Dass du diese Augenklappe nur trägst, um das Siegel des Vertrages zu verstecken. Ich weiß auch von deiner Brandnarbe auf deinem Rücken, die dich immer an deine schreckliche Vergangenheit erinnert. Was für ein Geheimnis könnte denn schlimmer sein, als diese?" Ciel seufzte. "Du wirst es schon noch erfahren, aber jetzt bin ich noch nicht bereit dafür. Und nun geh schlafen. Morgen werden wir London gleich in der Früh verlassen." Er gab ihr einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn und streichelte ihren Kopf, bevor er seinen Laptop herunterfuhr und sich schlafen legte.

DU LIEST GERADE
We have to survive
FanfictionDarja ist sich sicher. Ihr bester Freund Ciel arbeitet einfach zu viel. Er braucht Urlaub! Doch was ist, wenn auf der Reise etwas schief geht? Wenn sie auf einer scheinbar einsamen Insel stranden? Wie würden sie an Essen und Trinken kommen? Wo würde...