Luna
Ich räusperte mich und überlegte kurz.
„Okay, simpel zuerst. Wo sind wir hier?”„Ist nicht so einfach zu erklären. Wir befinden uns unter der Erde...”
”Wie Glendoms sich unter Middleforest befindet?”, unterbrach ich ihn erstaunt.
„Ja... Um genau zu sein, sind wir in Glendoms.”, erklärte er.
„Wa...?”, brachte ich hervor, vor Entsetzen gelähmt.
Abwehrend hob er die Arme in die Luft.
„Hey, alles okay. Wir sind sicher. Hier war einmal die Hauptzentrale von Glendoms.
Vor einem Jahrhundert vielleicht? Oder noch länger? Ich weiß es nicht. Aber sie sind längst nicht mehr hier. Das meiste ist auch schon verfallen, nur ein paar Räume funktionieren noch. Das perfekte Versteck. Glendoms würde nie darauf kommen, dass sich Blacker in ehemigen Glendomszentralen aufhalten könnten!”Ich musste das erst mal verdauen. Er war echt verdammt gerissen und schlau.
„Gut. Was weißt du über Glendoms, was ich nicht weiß?”„Sag mir erst mal, warum du das wissen möchtest, schließlich gibt es nicht viele Fälle wie dich.”
Er ließ sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder, während ich nachdenklich meine Handgelenke rieb.
„Ich...hab eine Mission. Und ich habe Fragen. Ohne die Antworten werde ich meine Mission nicht erfüllen können. Ich möchte wissen, wer die Springer sind und was es mit ihnen auf sich hat. Was ist das Geheimnis von Glendoms, weshalb sagen sich so viele von Glendoms los? Was passiert da? Alles, was ich will ist ein gutes Leben. Glendoms bietet mir dieses Leben, eine erfolgreiche Zukunft und eine Heimat. Aber...ich will wissen, was ein Blacker weiß. Denn ich glaube, dass du mehr weißt, als jeder normale Bürger in Glendoms.”Er schwieg nach meinem Redeschwall und kratzte sich am Kopf. Ich sah ihm still zu, wie er nachdachte.
„Ich war so jemand, der half, die Kinder von den ahnungslosen Eltern zu holen. In Wahrheit machen die Springer das nämlich gar nicht selber, sie sind sich zu fein dafür.”
Er spuckte die Worte förmlich aus, es steckte viel Verachtung in seinen Worten.„Wir...mussten den Eltern ein Betäubungsmittel verabreichen, während wir das Kind holten.”, fuhr er stockend fort, „Und als sie wieder erwachten und das Verschwinden ihres Kindes bemerkten...da weinten sie. Und schrien. Benachrichtigten die Polizei. Aber natürlich waren wir schon über alle Berge.
Mir kam es jedes Mal falsch vor, die Kinder von den Eltern zu trennen. Aber ich konnte ja nicht Nein sagen, sie hätten mich einfach umgebracht und keiner hätte mehr von mir gehört.”
Ein Augenblick der Stille folgte, er starrte ausdruckslos auf den grauen Boden und ich hatte ungefähr tausend Gedanken im Kopf.„Glendoms ist grausam. Dort gibt es keine Gnade. Leute, die zu schwach sind um dort große Karriere zu machen, also die Mission nicht bestehen, werden einfach aussortiert. Man verbannt sie in die Menschenwelt. Da gehen die meisten elendig zugrunde . Der erste Blacker sagte sich deshalb von Glendoms los, weil sein Bruder einer dieser Schwachen war. Der Bruder überlebte und das Geheimnis von Glendoms sprach sich immer weiter unter den Leuten herum.
Inzwischen sind schon einige Jahrzehnte vergangen, die ersten Blacker sind schon tot, aber das Geheimnis von Glendoms wird immer weitergegeben.”Er stand auf und klopfte sich geschäftig etwas Staub von der Hose. Dann streckte er mir die Hand hin, ich griff sie zögernd.
„So, das wars. Ich hab keine Zeit mehr, muss jagen. Du musst jetzt hier bleiben, noch ein paar Tage, damit gehen wir sicher, dass du keine Spionin bist.”„Was? Aber meine Freunde machen sich doch Sorgen!”, rief ich erschrocken.
„Da kann ich leider nichts machen.” Er zuckte mit den Achseln.
„Scheiße...”, murmelte ich bestürzt, fasste dann aber einen Entschluss.
„Okay, in Ordnung. Es sind ja nur ein paar Tage.”
„Super, komm mit!”
Er zog mich durch eine unscheinbare Tür, die mir vorher gar nicht aufgefallen war, in einen düsteren Gang.
Während wir durch dunkle Gänge liefen, fiel mir etwas ein.
„Du hast vorhin "wir" gesagt. Du und wer noch?”„Schlau bist du.”, grinste er, „Das wirst du gleich sehen.”
Dylan
Ich schreckte aus dem Bett auf, weil mein Handy klingelte. Murrend tastete ich herum, fand es und sah aufs Display.
Es war Lara.Ein Gähnen unterdrückend ging ich ran.
„Dylan?”, knisterte die Stimme meiner Schwester aus dem Lautsprecher..
„Jaaa?”
„Komm. Ganz. Schnell. Zu. Lunas. Wohnung. Sofort!”
„Hä? Was?”
Ein langgezogenen Piepen ertönte,was mir zeigte, dass sie bereits aufgelegt hatte.
Genervt rollte ich aus dem Bett.
Zehn Minuten später parkte ich vor Lunas Wohnung, es war vier Uhr.
Ich drückte auf den Klingelknopf und wartete ungeduldig auf das Brummen des Türöffners.Als ich aus dem Aufzug stieg, spürte ich sofort die angespannte Stimmung. Dina lehnte mit bedrücktem Gesicht im Türrahmen.
„Alles okay? Nein, wohl nicht, ich seh schon...”
Murrend stapfte ich an ihr vorbei und war etwas überrascht, Lara, Dina, Elli und Chelsea zu sehen.„Was ist denn?”
Chelsea schaute mit verweinten Augen an mir vorbei ins Leere, meine Schwester zuckte nur ratlos die Schultern und streichelte Chelseas Schulter.
„Pff. Ich bin jetzt also umsonst hergekommen?”, fragte ich genervt.
Gut, wenn ich schon mal hier war, konnte ich auch nach Luna sehen. Bestimmt war ihr das Geheule auch unangenehm...
Als ich die Schlafzimmertür öffnete, blieb ich erst mal erschrocken stehen. Luna war nicht da.
Das Bettlaken war zerknüllt und lag neben dem Kissen in einer Ecke, von Luna keine Spur.
Stirnrunzelnd schloss ich die Tür wieder und schaute in die Küche, die auch leer war.Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch kam ich wieder ins Wohnzimmer, wo Milans Ex und eine Rothaarige sich lebhaft unterhielten.
„Wo. Ist. Luna?”, brüllte ich, die Hände zu Fäusten geballt.
Langsam machte sich das Gefühl von Angst in mir breit.
Sollte sie nicht hier sein? Auf der Couch, neben ihren Freundinnen?Die mit den weißen Haaren, Chelsea, hob bekümmert den Kopf und sah mich aus den gleichen Augen an, wie Luna es immer tat, was einen unerklärlichen Schmerz in meiner Brust auslöste.
„Sie ist weg. Deshalb sind wir hier.”
Die Worte trafen mich wie Pfeile mit eisernen Spitzen, tief ins Herz, durchbohren mich und lösten einen Sturm von Gefühlen und Schmerz in mir aus.
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Der Wolf mit den blauen Augen / Luna Kju I [ABGESCHLOSSEN]✓
Werewolf„Ich bin nicht normal." Luna Kju soll in der Welt der Menschen ihre Mission erfüllen. Doch als sie sich in den attraktiven Dylan verliebt, beginnt sie an ihrer Heimat und den Regeln, die dort herrschen, zu zweifeln. Um sich Antworten auf ihre Fragen...