33 Wie Wind und Meer.

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❰   L I A M 





Sie flüchtete und es überraschte mich nicht einmal. So war Sophia eben, sobald es um etwas ging, was ihr nicht passte, da suchte sie das Weite.

Genau wie ich.

Das musste ich fairerweise zugeben. Hätte mir egal sein können, doch im Augenblick war es das nicht. Die Klingel rettete Sophia vorerst vor weiteren Fragen. Sie öffnete die Haustür, kalter Wind fegte hinein und dann hörte ich eine helle Stimme, die bis ins Wohnzimmer drang und munter drauf los quatschte.

Wer war denn das jetzt wieder?

Langsam erhob ich mich von der Couch und sah im Flur eine zierliche blonde Frau stehen. Ihr kurzer Twiggy-Haarschnitt wurde verdeckt von einer Franzosenmütze und sie trug einen weinroten Poncho. Ein paar Schneeflocken hatten sich auf ihre Schultern verirrt.

„Es freut mich sehr, dass ich Sie endlich erwische. Lennie war ja der Meinung, dass wir Sie vor dem Sommer nicht sehen, aber ich sah Licht brennen und dachte, ich sage mal Hallo, deshalb, also Hallihallo in den Hamptons. Ich bin April Brooks, mir gehört das Haus mit den hübschen Reetdach in dieser Straße."

Diese Frau holte ja noch nicht einmal Luft und mir fiel es bei diesem Tempo schwer ihr zu folgen. Sie tänzelte um Sophia herum und reichte ihr eine Flasche, die sie bis dato in den Händen gehalten hatte: „Hübsch haben Sie es hier. Das ist übrigens ein Añejo Reserva aus Kuba, sehr köstlich auf Eis." 

Sophia musterte das Etikett und wollte gerade antworten, als diese Quasselstrippe mich entdeckte und musterte. Sie schien mich nicht zuordnen zu können und als bei ihr der Groschen fiel, da weiteten sich ihre braunen Augen und sie blickte zurück zu Sophia: „Donnerlittchen, ich hätte nicht mit so prominenten Nachbarn gerechnet. Verbringen Sie ihre Flitterwochen hier, Mrs und Mr Payne?"

„Nein", brachte Sophia schließlich heraus und ich schob hinterher: „Wir haben das Haus zur Hochzeit bekommen."

Wie war noch mal ihr Name?

„Entschuldigen Sie, ich habe ihren Namen nicht verstanden", sprach Sophia höflich und lächelte leicht. Unwirsch wehrte die junge Frau ab: „April Brooks, ich neige dazu zu viel und zu schnell zu reden. Irgendwie habe ich immer angst, dass ich etwas vergesse und dann nicht höflich erscheine, oder die Leute denken-"

Weiter hörte ich ihn nicht zu, sondern runzelte die Stirn. April Brooks, war das nicht die Künstlerin, bei dessen Galerie sich Harry fast pleite geboten hatte?

„Es tut uns leid, dass wir uns noch nicht vorgestellt haben, Miss Brooks, aber-"

„Ach das macht nichts", wurde Sophia von der Künstlerin unterbrochen. „Nennen Sie mich April. Bei Miss Brooks fühle ich mich wie eine vierzigjährige Jungfer und furchtbar alt. Außerdem – oh mein Gott, man kann das Meer von hier aus sehen!"

Sie ging mir auf die Nerven und dabei war die Frau gerade mal zwei Minuten im Haus. „Womit können wir Ihnen helfen, April?" Ich unterbrach sie eiskalt, einfach, weil sie sonst wahrscheinlich noch sechs Stunden hier stehen würde und quasselte.

„Ich möchte Sie gerne morgen Abend um neunzehn Uhr zum Essen einladen. Ein paar andere Leute kommen ebenfalls. Es wird eine gemütliche Runde, da in den Hamptons zu dieser Jahreszeit nicht besonders viel los ist", plapperte sie und Sophia sagte direkt zu: „Wir kommen gerne. Sollen wir irgendetwas mitbrinngen?"

RED [ Erster Akt ] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt