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Kian
Nach dem Gespräch mit Amira ging ich wie versprochen zu Fahim, meinem Lehrer. Ich selbst war auch sehr neugierig und hoffte auf einige Antworteten. Ich wusste nicht, was Amiras Reaktionen bedeuteten, als ich ihr sagte, dass sie Kampfunterricht bekam. Ich konnte sie einfach nicht einordenen. Ich wusste einfach nichts, wenn sie in meiner Nähe war.

Ich ging mit meiner Leibgarde auf den Weg zur Bibliothek, seinem Reich. Als ich sie betrat, stieg mir der Geruch von altem Papier in die Nase und ich entspannte mich sofort. Ich durchquerte die Bibliothek und klopfte am anderen Ende an seine Arbeitstür. Das Geräusch wirkte wie ein Donnerschlag in der leisen Bibliothek und einige Gelehrte, die am studieren der Bücher waren, sahen sich böse nach mir um.

Endlich öffnete Farim seine Tür. Er war der beste Lehrer, den man sich vorstellen konnte. Seine glatten Haare waren von grauen Strähnen durchzogen und sein Gesicht vom Alter gezeichnet. Seine Haut glich einem zerknittertem Pergament.

"Oh, mein Prinz. Was kann ich für euch tun?", fragte er etwas überrascht. Er unterrichtete mich eigentlich nur morgens und ich war leider auch sonst nicht sehr oft in der Bibliothek. Ich tummelte mich lieber in der Stadt oder raufte mich mit Sunil in der Arena.

"Fahim, ich brauche deine Hilfe", antwortete ich ihm.

"Komm doch rein. Ich setzt uns einen Tee auf", meinte er und hielt die Tür auf. Ich trat ein. Fahim hatte sich extra eine kleine Feuerstelle einrichten lassen. Er sagte immer, dass man am besten mit einer Tasse Tee denken konnte. Bis jetzt konnte ich ihm das auch nicht verneinen. Und sein Tee war ausserdem extrem gut.

Ich setzte mich schon mal an den grossen runden Tisch, der mit Büchern beladen war. Vorsichtig nahm ich den Brief von Yaver in die Hände und las ihn nochmals durch.

Würde ich Amira jemals verstehen? Könnte ich mich jemals mit ihr verständigen?

Ich war so vertieft in meine Gedanken, dass ich Fahim erst bemerkte, als er mir eine duftende Tasse Tee vor die Nase stellte.

"Nun, wofür braucht Ihr meine Hilfe?", fragte er mich und schaute neugierig auf den Brief. Ja, alles, was mit Papier und Buchstaben zu tun hatte, weckte sein Neugierde. Er hatte eine unersättliche Neugierde.

"Hat es etwas mit diesem Brief zu tun?", fragte er, als ich ihm nicht gleich antwortete. Ich nickte und begann zu erzählen. Je mehr ich erzählte, desto mehr bemerkte ich, wie absurd das Ganze tönte. Ich wusste gar nicht genau, warum ich diese Schritte getan hatte, warum ich mich um ein fremdes Mädchen kümmerte. Amira faszinierte mich einfach und ich wollte sie in meiner Nähe haben.

Während meiner Erzählung griff Fahim nach dem Brief, den ich ihm hinhielt, und las ihn sorgfältig durch.

"Ich verstehe noch nicht ganz, wie ich Ihnen helfen kann?", fragte Fahim als ich geendet hatte.

"Ich muss hinter ihr Geheimnis kommen", antwortete ich. "Wieso sie schweigt, woher sie kommt, was sie vorher tat, wie sie zum vollen Namen heisst, wer ihre Familie ist..."

"Das sind einige Fragen, mein Prinz. Wir sollten sie ordnen. Nach Wichtigkeit", meinte Fahim sachlich. "Also: Welche ist Euch am wichtigsten?"

"Ich will alles wissen!", sagte ich verzweifelt. Ich wusste einfach nicht, wo zu beginnen war.

"Ich würde erst über ihre Herkunft nachforschen. Dann lassen sich sicher auch die restlichen Dinge einfacher herausfinden", bestimmte Fahim. Ich war froh meinen Lehrer an der Seite zu haben. Ohne ihn wäre ich bestimmt nicht vom Fleck gekommen.

"Von wem wurde dieser Brief geschrieben?", fragte Fahim mich.

"Ich weiss nicht genau, aber es müsste wahrscheinlich eine Person gewesen sein, die Amira sehr nahe stand."

Ihre AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt