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Unüberarbeitet
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Sunil

Pulmonem sanguis. Mein Herz setzte ein Schlag aus. Ich kannte diesen Begriff. Es war ein Gift, das aus einer speziellen Art von Skorpionen gewonnen wurde. Die Skorpione konnte man nur im tiefen Innern der Wüste finden, wo sich kaum ein Mensch hinwagte, geschweige denn wieder zurückkehrte. Der Gewinn des Gifts selbst war zudem äusserst aufwändig. Das Gift musste von den jungen Tieren bei lebendigen Leib extrahiert werden. Ich schaute Kian in die Augen und bedankte mich kurz bei Pirro für die Auskunft. In raschen Schritten verliess ich den Raum, dicht hinter mir der Prinz. Ich schlug die Tür hinter ihm zu. Im Dunklen entdeckte ich die Gestalt des Lehrers.

„Fahim, was tun Sie noch hier? Sie sollten schon längst hinter ihren Büchern sein und recherchieren", meinte ich vorwurfsvoll. Er schaute mich etwas schuldbewusst an und meinte dann kurzangebunden, dass ihn dieser widerwärtige Keller lähmte. Ich ignorierte ihn. Die Frage, was er dann hier unten suchen würde, musste warten. Es war viel wichtiger das Gegenmittel zu finden, um Amira heilen zu können. Besser das Gift. Ich drehte mich zu Kian und bedeutete ihm mir zu folgen. Wir stiegen eilig aus dem Loch hinauf. Im Laufen begann ich ihm meine Gedanken mitzuteilen.

„Pulmonem sanguis ist ein ziemlich hinterhältiges und teuer hergestelltes Gift. Um es auf legalem Weg zu bekommen, würde es wahrscheinlich ewig dauern. Wobei es kaum legale Wege gibt. Bis dorthin wird uns Amira schon verlassen haben. Wir müssen es auf einem anderen Weg beschaffen", erklärte ich.
Kian fuhr sich nervös durch seine dunklen Haare. „Wir müssen auf den Schwarzmarkt", meinte er dann. Ich nickte.
„Uns bleibt nichts anderes übrig". Mir erschauerte es bei dem Gedanken. Der Schwarzmarkt war ein dunkler Platz, an dem keiner mit einem Lebenswillen etwas zu suchen hatte. Zu dem musste man bestimmte Kontaktpersonen haben oder die Orte kennen, um überhaupt bis zu den Händlern vordringen zu können. Ein leidiges Volk.

„Mein Vater sowie die ganze Gefolgschaft darf das nicht erfahren. Wenn doch wird der Ruf der Königsfamilie in den Dreck gezogen. Jeder würde denken, dass wir abhängig von dunklen Stoffen sind oder uns an schwarzer Magie bedienen.", bedachte Kian. Wie recht er hatte. Die Königsfamilie würde seine Anerkennung im Volk sowie den umliegenden Königreichen verlieren. Sie wäre komplett einem Aufstand geliefert. Es musste also um jeden Preis verhindert werden. Wir könnten niemanden beauftragen. Selbst die engsten Vertrauten könnten im Angesicht des Schwarzmarktes weiche Knie kriegen und schwach werden. Wir hatten keine Zeit zu verlieren jemanden damit zu betrauen und sicher zu gehen, dass dieser nicht den nächst besten Leute etwas erzählen würde.

„Deshalb müssen wir selbst gehen und müssen unter allen Umständen unerkannt bleiben", bestätigte ich. Wir hielten vor dem Gemach des Prinzen. „Rüsten wir uns aus für den Gang ins dunkle Viertel. Ich gebe einer Magd Bescheid, dass sie dem Hofarzt mitteilt, dass er Informationen zu Pulmonem sanguis zusammentragen soll und wie es zur Heilung verabreicht wird.", fügte ich an. Kian nickte und verschwand in sein Gemach. Ich ging raschen Schrittes zu meinem Schlafzimmer und gab der ersten Magd, die ich antraf den Auftrag den Hofarzt zu benachrichtigen. In meinem Gemach zog ich meine Uniform aus. Ich wechselte auf schlichte Leinenkleidung, schnappte mein Schwert und einen einfachen Umhang. Kurze Zeit später traf ich mich am Hinterausgang mit Kian. Auch er hatte sich in einfache Bewohnerkleidung und einen Umhang umgezogen. Unter dem Umhang sah ich seine Schwertscheide. Zufrieden mit unserer Tarnung verliessen wir den Palast. Unsere Pferde mussten im Stall bleiben. Sie würden zu viel Aufsehen erregen. Ich musste schon fast grinsen, als mich unsere Tarnung an die unerlaubten Ausflüge aus unserer Jugendzeit erinnerte. Wir hatten uns damals heimlich aus dem Schloss geschlichen um auf der Strasse in der Stadt den Nervenkitzel zu suchen. Die Strafen des Königs nicht gerade milde als wir dann entdeckt wurden. Das durfte heute auf keinen Fall passieren.

Ihre AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt