Kian
Als ich erwachte, galt mein erster Gedanke Amira.
Was sie jetzt wohl macht? Denkt sie auch an mich?
Langsam fielen mir wieder das Gespräch und die Planungen mit meinem Vater ein. Krieg. Dies löste etwas Komisches in mir aus. Etwas Fremdes. Ich meine, ich wurde gut in Sachen Kampftechniken ausgebildet, wie es sich für einen Prinzen gehört, doch ich war noch nie in blutige Kämpfe verwickelt oder in Kämpfe, in denen es sogar Opfer forderte. Aber ich musste stark bleiben. Ich hatte schliesslich ein Volk zu führen.
Da schlich sich Amira wieder in meine Gedanken. Was würde sie im Krieg tun? Würde sie ihn überhaupt überleben? Meine Gedanken begannen zu rasen. Was wenn ihr etwas zustossen würde? Ich wollte nicht, dass ihr etwas passiert. Aber was sollte ich tun?In diesem Augenblick wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, da meine Diener herein kamen. Sie zogen mich an und ich ging in den grossen Saal frühstücken. Während dem ganzen Frühstück dachte ich an Amira. Ich wollte nicht, das ihr etwas passiert, vor allem da wir jetzt in einem kriegsähnlichen Zustand sind.
Nach dem Frühstück versuchte ich mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, aber ich war einfach zu abgelenkt. Alles schien Interessanter als die Arbeit die vor mir lag. Selbst die Rillen meines Schreibtisches.
Plötzlich klopfte es an meiner Tür und eine Frau mit Waschschürze trat ein. Sie verneigte sich ehrfürchtig vor mir und begann auf mein Nicken hin an zu sprechen: "Mein Prinz. Ich wollte euch mit solchen Kleinigkeit nicht beschäftigen, doch wir sind sehr unterbesetzt in der Wäscherei. Die Arbeit wächst uns über den Kopf. Ich bitte Sie in aller Höflichkeit, uns eine weitere Arbeiterin zur Verfügung zu stellen."Sie wartete vor mir kniend auf meine Antwort. In meinem Kopf ratterte es: Eine vertrauenswürdige Arbeitskraft zu finden war extrem schwer. Ich überlegte mir schon, wo und wie man solch eine Arbeit anwerben könnte, als mir ein perfekter Plan einfiel, mit dem ich gleich zwei Sachen miteinander erledigt hätte: Amira
Ich antwortete der Wäscherin, dass ich mich darum kümmern würde und entliess sie mit einem Nicken. Schnell hastete sie aus meinem Arbeitszimmer und ich rief Sunil: "Ich werde zu Amira reiten!" Er schaute mich etwas überrascht an, doch fing sich schnell wieder. Er war meine spontane und manchmal voreilige Art gewohnt. "Seid Ihr Euch sicher? Ihr wart erst gerade gestern dort...", fragte er mich skeptisch. Ich kniff meine Augen zusammen und schaute ihn herausfordernd an. "Was wolltest du sagen?", stiess ich hervor. Sunil trat einen Schritt zurück und neigte seinen Kopf. "Ich wollte sagen, dass ich Euch selbstverständlich begleiten werde."
Somit liessen wir die Pferde satteln und ritten los. Ich ritt nicht Shiran, da ich nicht noch einmal das Risiko eingehen wollte, dass er wie wild davon prescht.
Diesmal umritten wir den Markt so gut es ging und ritten durch enge Gassen zwischen den Lehmhäusern. Die Sonne brannte auf unsere Kopfbedeckungen und es wurde immer heisser. 'Dies ist mein Malem', dachte ich mir. 'Immer wärmer um die Mittagszeit'
Endlich kamen wir zum richtigen Viertel und schliesslich auch zu ihrem Blockhaus. Ich bedeutete Sunil anzuklopfen, was dieser auch tat. Wir hörten es im Innern rumoren und endlich wurde uns die Tür von Yaver geöffnet. Er war abermals überrascht. "Oh.... Der Prinz...... Wieder.....Guten Tag", stotterte er. Dann riss er sich zusammen und rief nach Amira. Sie kam, verhüllt wie schon am Vortag, heraus und nahm uns die Pferde ab, um sie zu versorgen. Währenddessen hatte sich Yaver wieder gefasst und fragte uns: "Was kann ich für euch tun, meine Herren? Kommt doch herein."
Sunil und ich folgten ihm in den gleichen Raum wie letzten Tages. Dort bot er uns abermals einen Platz an und sah mich fragend an.
"Eigentlich wollte ich mit Amira sprechen, aber da sie im Moment nicht hier ist, beginne ich schon", antwortete ich auf seinen Blick hin. "Also, wir brauchen dringend Unterstützung im Palast, und da wir eine vertrauenswürdige Person brauchen, ist die Suche ein sehr langwieriger Prozess. Da ist mir Amira eingefallen. Jetzt ist nur noch die Frage, ob sie mitkommen will."Yaver sah mich mit grossen Augen an. In diesem Moment kam Amira durch eine Hintertür hinein. Ich wollte sie gerade fragen, als Yaver Amira um Tee bat. Diesmal war ich es, der fragend schaute. Yaver reagiert und begann gedämpft zu reden:
"Mein Prinz, ich weiss nicht, ob dies wirklich eine gute Idee ist. Seit gestern Abend verhält sie sich äusserst seltsam. Sie ist ständig angespannt und unruhig..."
Sofort schaute ich in Richtung Küche, in der Amira den Tee zubereitete. Ist ihr etwas zugestossen?
"Ist gestern etwas passiert?", fragte ich genauso gedämpft wie Yaver.
"Nein, Eure Hoheit. Ich war am Abend noch bei meinen Freunden, aber sonst war nichts los...", versicherte er mir.
Dann wendete sich Sunil an mich. Er beugte sich zu mir und zischte: "Ich traue Amira immer noch nicht. Sie verbirgt etwas, und wenn sie noch komischer ist als am Vortag, dann muss ich mir Sorgen machen! Es geht um ihre Sicherheit, Prinz!"
"Pass auf, was du sagst! Ich bin immer noch der Prinz", gebe ich empört von mir, doch mich überkommt auch das Gefühl, dass er Recht hat. Ich weiss noch lange nicht alles. "Wir werden erst einmal sehen, was Amira dazu meint", entschliesse ich mich. Vielleicht will sie auch gar nicht mitkommen, was mir nicht sehr gefallen würde, dachte ich mir und wir warteten auf Amira und den Tee.
Endlich kam sie herein und servierte uns einen dampfenden Tee, der nach Pfefferminz roch.
"Amira, setz dich zu uns. Eure Hoheit hat dir etwas mitzuteilen", befahl Yaver.
Etwas überrascht kniete sie sich zu uns. Ich sah, wie sie nervös hin und her rutschte und immer wieder auf die Seiten schielte.
"Also Amira", begann ich,"Wir haben im Palast einen Mangel an Wäscherinnen und wären sehr froh, wenn du uns die Suche einer neuen Arbeiterin ersparen könntest."
Sie sah mich völlig überrascht an, bis sie merkte, dass ich auf ihre Antwort wartete.
"Willst du im Palast arbeiten?", fragte Sunil ruppig.
"Als Lohn bekommst du genug zu essen und ein Schlafzimmer.", ergänzte ich.Sie sah völlig überfordert zwischen Sunil und mir hin und her. Dann flog ihr Blick zu Yaver.
"Mich brauchst du nicht anzuschauen", meinte dieser. "Es ist deine Entscheidung"
Man merkte förmlich, wie sie sich hektisch versuchte zu ordnen und das Angebot zu bedenken.
Nach einer für mich schier endlosen Zeit begann sie plötzlich zögerlich zu nicken."Also arbeitest du für die königliche Familie?", fragte Sunil. Wieder ein Nicken von Amira, diesmal sicherer.
Erleichtert atmte ich aus. "Dann packe jetzt bitte gleich deine Habseligkeiten ein. Du kannst gleich mit uns mitkommen", befahl ich.
Wieder war sie etwas überrumpelt, doch ging in den hinteren Raum die Treppe hoch. Nach einiger Zeit kam sie mit einem kleineren Bündel zurück.
Wir verabschiedeten uns von Yaver und stiegen auf unsere Pferde, die Amira noch herausgeholt hatte. Ich bat Sunil, Amira bei sich aufsitzen zu lassen, was dieser auch wiederwillig tat.
Somit ritten wir in der heissen, mittlerweile Nachmittagsonne zurück zum Schloss. Mich überkam ein unbeschreibliches Glücksgefühl und ich musste lächeln. Der erste Teil meines Plans war erfolgreich!

DU LIEST GERADE
Ihre Augen
Ficción históricaAls Prinz Kian von einem verhüllten, magischen Mädchen gerettet wird, will er sie genauer kennenlernen. Es stellt sich heraus, dass das nicht so einfach ist, wie es scheint: Das Mädchen schweigt beharrlich und nur ihre Augen scheinen zu reden. Bald...