Kian
Mein Vater schaute mich an. Sein Blick war undefinierbar. Dann räusperte er sich.
"Und wer sollte das sein?"Da fiel mir ein, dass ich nie mit ihm über Amira geredet hatte. Jetzt musste ich wohl oder übel mit der ganzen Geschichte auf einmal herausrücken. Das ist schlecht. Sehr schlecht.
Wenn ich nur daran dachte, wie verstört ich war, als ich endlich mit Sicherheit wusste, wer sie war. Aber wie soll ich es ihm schonend beibringen? Oder gar direkt alles vorwerfen?Mein Vater war klug genug, dass er aus mich bis ins kleinste Detail ausquetschen konnte.
Ich bemerkte, wie mein Vater ungeduldig wurde. Ich musste langsam mit der Sprache herausrücken.
"Sie ist die Nichte von Terken", sagte ich, nachdem ich einmal tief Luft geholt hatte. Die Augen meines Vaters weiteten sich. Frontal war anscheinend doch nicht die beste Idee....
"Wie...Wo.. Wann...", stotterte er. Dann fasste er sich und straffte die Schultern kaum merklich. "Woher kennst du diese hinterhältige Familie?", spuckte mir dann entgegen.
Amira? Hinterhältig? Das reicht jetzt aber!
Ich riss mich zusammen. Ich ballte die Hände zu Fäusten und atmete tief durch.
"Können wir uns setzen? Ich will dir eine längere Geschichte erzählen", sagte ich möglichst ruhig.
"Hast du mich verraten?", platzte mein Vater dazwischen.
"Bitte?!" Ich war wie vor den Kopf gestossen. Bezeichnete mich mein leiblicher Vater als Verräter? Als Betrüger?
"Du hast schon richtig gehört. Hast du Informationen an Terken gegeben?", zischte mein Vater nur noch. Er fixierte mich wie ein Wildtier, dass es zu eliminieren galt.
"Vater, es tut mir leid, dass du das jetzt von mir glauben musst", versuchte ich ihn zu beruhigen, "aber ich stehe voll und ganz hinter dir. Ich bin dein Blut! Wie könnte ich dich betrügen! Amira hat mir das Leben gerettet und flüchtete vor ihrem Onkel!" Ich wurde immer lauter. Die Enttäuschung, dass mein Vater mir so etwas zutraute, war ungeheuerlich.
"Gut, dann erzähl mir deine Geschichte", meinte er schlicht und setzte sich ruhig an den Schreibtisch. Ich sah hinter diese Maske. Er war auf alles gefasst und es machte mich wütend. Doch ich riss mich zusammen. Ich setzte mich ruhig auf den Stuhl ihm gegenüber. Auf sein Nicken hin begann ich zu erzählen.
"Wie schon gesagt, Amira hat mich gerettet. Shiran ist durchgebrannt und ich konnte ihn nicht wieder beruhigen. Er galoppierte auf das Stadttor und somit auf die Wüste zu und Amira stellte sich ihm in den Weg. Shiran beruhigte si-"
"Ich wusste dieses Pferd ist besessen!" , unterbrach mich mein Vater.
"Nein, ist es nicht, aber das ist ein anderes Thema", wies ich dies Anschuldigung ab.
"Amira trug immer eine Verhüllung. Man konnte nur ihre Augen sehen. Vater, du kennst meine Neugierde: Ich wollte wissen, wer mich gerettet hatte. Sie führte mich zu dem ärmeren Viertel der Händler und stellte dem eingetroffenen Sunil und mir den Händler Yaver vor. Er beherbergte sie und zeigte uns einen Brief, den ihm Amira bei ihrer Ankunft gegeben hatte. Da wir zu wenig Arbeiter in der Wäscherei hatten, fing sie an bei uns zu arbeiten. Dann kam mir-""Sie ist im Palast?! Bist du wahnsinnig geworden?!", fauchte mein Vater mich an.
"Jetzt lass mich doch mal ausreden. Meine Erzählung ist noch lange nicht fertig!", wehrte ich mich. Will er überhaupt zuhören?
"Dann kam mir die Idee, dass sie eine perfekte Spionin sein könnte und Cyril erklärte sich, unter einigen Bedingen von Sunil, bereit, Amira auszubilden. Eine davon war, dass ich gleichzeitig nachforschen musste, wer sie ist, woher sie stammt und wie sie hier her gekommen ist. Während Sunil und Cyril bei der ersten Trainingsstunde erkannten, dass Amira eine verdammt gute Kämpferin ist, fand ich heraus, dass sie die verschwundene Tochter von Latif von Zatren ist. Wir wollten sie am nächsten Morgen zur Rede stellen, was wir dann auch taten, aber sie hatte eine Panikattacke als wir begannen, sie über die Familie auszufragen. Wir fanden aber heraus, dass sie geflohen ist, vor ihrem eigenen Onkel." Endete ich meine knappe Erzählung. Ich liess die Dinge, die meinen Vater beunruhigen könnten, gekonnt aus. Mein Vater blieb still. Ich sah, wie er angestrengt nachdachte.
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Ihre Augen
Historical FictionAls Prinz Kian von einem verhüllten, magischen Mädchen gerettet wird, will er sie genauer kennenlernen. Es stellt sich heraus, dass das nicht so einfach ist, wie es scheint: Das Mädchen schweigt beharrlich und nur ihre Augen scheinen zu reden. Bald...