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Amira

"Wer ist Rayhan?"

Nein, bitte nicht. Frag mich alles, nur das nicht.

Verzweiflung durchströmte mich. Ich wollte nicht weiter so schwach sein. Ich wollte endlich wieder auf meinen eigenen Beinen stehen können. Ich wollte endlich wieder über die Geschehnisse Bescheid wissen. Ich wollte wieder etwas Kontrolle erlangen.

Doch die Tränen drückten, wie so oft. Ich stand schnell auf und ging unter wachsamen Blicken ans andere Ende des Zimmers. Ich wollte mich waschen. Um all den Schmutz, den Schweiss und die Tränen weg zu waschen. Um all das Verderben weg zu waschen.

Ich blieb vor dem kleinen Spiegel über der Schüssel stehen. Ich sah mich. Kaum wiedererkennbar. Fast gebrochen unter der Last des Verlustes. Der Hilflosigkeit. Der Enttäuschung und Wut auf mich selbst.

Ich hörte Schritte hinter mir. Jemand packte mich grob und drehte mich um. Ich wusste allein von der Ausstrahlung, dass es Sunil war. Ich liess es geschehen.

"Mein Prinz hat dir eine Frage gestellt und du solltest ihm schleunigst antworten. Ansonsten müssen wir wohl oder übel andere Geschütze auffahren...", sagte Sunil eindringlich. "Also,...?"

Ich schüttelte niedergeschlagen den Kopf. Bitte, ihr könnt mich so vieles fragen. Und ihr fragt ausgerechnet nach ihm! Darauf kann ich nicht antworten! Mein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken an ihn.

"Lass es, Sunil", meinte Kian plötzlich,"Wir beginnen am besten leichter."

Ich schaute hoffnungsvoll auf. Vielleicht kann ich doch den Fragen entfliehen.

"Wie heisst du? Zum vollen Namen?", fragte Kian.

Sollte ich es wirklich wagen? Wie viel wussten sie? Es war klar, dass sie mir nicht mehr trauten, seitdem ich in der Arena durchgebrannt war. Ich musste retten, was zu retten war. Doch sollte ich wirklich alles sagen?

Ich schaute auf. Ich schaute in die braunen Augen, die mich ruhig und zugleich neugierig anschauten. Als wäre ich ein Tier, das es zu studieren galt. Ich sah das Vertrauen in seinen Augen aufblitzen. Es war, als wollte er mich beruhigen, doch ich befand mich weiterhin in einem Zwiespalt. Wenn ich alles sagen würde, dann wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass etwas nach aussen dringen würde. Das würde wiederum bewirken, dass Terken von mir Wind bekam, was dazu führen würde, dass er seine Assassine ausschicken würde. Somit brächte ich die Königsfamilie von Malem in Gefahr und das war das Letzte, was ich wollte. Es sind schon genug für mich gestorben!

Doch allein mit einem Blick auf Sunil wusste ich, dass ich nicht weiterhin schweigen konnte. Sie würden beide nicht lockerlassen, ehe ich nicht etwas gesagt hatte.

"Amira", brachte ich mit rauer Stimme hervor. Ich erkannte sie selbst nicht mehr.

"Ist das dein ganzer Name?", fragte Kian und sah mich leicht enttäuscht an. Nach einigem Zögern schüttelte ich ganz leicht den Kopf und senkte meinen Blick.

"Ich sage es dir zum letzten Mal: Sag die Wahrheit! Ansonsten kann ich nicht dafür garantieren, dass ich mich beherrsche", fauchte Sunil mich an.

Verdammt, wie ich meine Schwäche hasse! Ich war noch zu niedergeschlagen von der Arena und den Träumen, als dass ich mich hätte anständig wehren könnte. Wie ich diese Hilflosigkeit hasste!

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