Kapitel 4

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"Ja, Kyra. Ich bin Morris.", sagte Mo, "Ich wusste gar nicht wo du bist."
"Halt stop. Was?", mischte Frau Renz sich ein.
"Nicole, Kyra ist meine Cousine. Sie ist die Tochter von der Schwester meines Vaters.", klärte Mo Frau Renz auf, dann wandte er sich an mich, "Du bist groß geworden, aber schlagen kannst du immer noch."
Ich grinste ihn an, hielt mich aber weiter an Nina fest. Sie gab mir Sicherheit.
"Du hast noch die selben großen blauen Augen wie vor zehn Jahren und die selben schwarzen Haare, aber sie sind jetzt länger.", sagte Mo fast wie zu sich selbst.
"Ich bin aber nicht mehr wie früher.", brachte ich heraus.
Ich warf Nina einen flehenden Blick zu.
"Ich muss gleich auch wieder zur Arbeit. Also, kommst du Kyra. Ich fahre dich nach Hause.", sagte Nina. Manchmal zahlte es sich doch aus, dass sie mich so gut kannte.

Auf dem Weg nach Hause sprach ich kein Wort. Ich war viel zu aufgewühlt. Warum traf ich Morris nach zehn Jahren an meiner Schule wieder? Warum war Frau Renz seine Tante? Ob er mich hasste?
Ich verstand es nicht. Warum jetzt, gerade als mein Leben mal gut lief? Jetzt, wo ich jemanden gefunden hatte dem ich vertraute.
"Kyra? Wir sind da steigst du aus?"
Ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir schon da waren.
Ohne mit Nina zu sprechen stieg ich aus, zu meiner Verwunderung ließ sie mich auch in Ruhe.
Ich aß einen Apfel in der Küche. Ich hatte Angst. Ich wollte morgen nicht in die Schule. Es war mir zu peinlich.
Ich merkte, dass ich total angespannt war und unter Druck stand. Aber ich wollte mir nicht selber weh tun, nicht jetzt. Also zog ich meinen schwarzen Sportanzug an und band meine Haare zurück. Ich betrachtete mich im Spiegel. Ich war wirklich blass. Ich mich mal öfter in die Sonne legen. Komisch, dass ich trotzdem Sommersprossen hatte.
Ich mochte meinen Sportanzug. Ich fand er stand mir. Ich schenkte meinem Spiegelbild ein Lächeln und zog meine Laufschuhe an.
Ich machte mich auf, in den Stadtpark, um eine Runde joggen zu gehen. Joggen tat mir gut. Ich fand durch Sport konnte man viel Frust abbauen. Als ich im Park ankam, joggte ich los. Ich schaute nicht nach links oder nach rechts. Ich gab alles und lief so schnell ich konnte. Ich lief so lange bis ich nicht mehr konnte.
Ich merkte, dass mir langsam schwarz vor Augen wurde. Also setzte ich mich auf eine Parkbank. Ich übertrieb es meistens, wenn es um den Sport ging.
"Hey Kleine. Du siehst echt fertig aus.", sprach mich jemand an.
Ich schaute auf und sah, dass sich ein Mädchen neben mich gesetzt hatte.
Sie war blond und hatte grüne Augen. Sie schien ein paar Jahre älter als ich zu sein. Sie sah frech aus.
"Du bist blass und zu dünn. Gehst du nicht in die Sonne? Oder isst mal was?", fragte sie mich.
Ich schnaufte immer noch. Was quatschte die mich eigentlich an? Die kannte mich doch gar nicht.
"Lass mich in Ruhe.", sagte ich und bemühte mich nicht allzu zickig zu klingen.
"Warum?"
Mir war das echt zu blöd. Ich stand auf und machte mich auf den Weg nach Hause. Doch das Mädchen lief mir nach.
"Ich bin übrigens Lana und du?", fragte sie.
"Ich heiße Kyra. Und warum läufst du mir nach? Du kennst mich doch gar nicht. Lass mich."
"Ich hab dich gesehen und fand dich echt hübsch. Du hast fantastische blaue Augen, die durch deine dunklen Haare noch mehr rauskommen. Deine Sommersprossen passen perfekt in dein Gesicht und du bist zwar ein bisschen dünn, aber du bist mir sofort aufgefallen.", sagte Lana und lächelte mich an. Erst jetzt sah ich sie richtig an und merkte, dass sie im Gesicht gepirct war, was ihr mega gut stand. Sie war überhaupt nicht geschminkt, aber das brauchte sie auch gar nicht.
"Du bist auch hübsch.", meinte ich.
"Danke.", antwortete Lana, drehte sich um und ging. Ich schaute ihr nach. Sie hatte lange Beine die in einer engen Jeans steckte, darüber trug sie eine weiße Bluse. Sie war das genaue Gegenteil von mir. Ich trug meistens schwarze Sachen oder Hemden, die mir viel zu groß waren.
Zuhause füllte ich mir ein bisschen Truxal ab und legte mich ins Bett. Durch das Medikament konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen und wurde extrem müde.
Ich schlief relativ schnell ein.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich war schweißgebadet, konnte mich aber an keinen Traum erinnern.
Ich stand auf und ging rüber zum Schlafzimmer von Nina. Sie lag tief schlafend in ihrem Bett. Sie sah sehr friedlich aus. Leise schloss ich wieder die Türe. Ich lief im Haus rum bevor ich mich wieder hinlegte.

"Kyra, Kyra wach auf. Du bist spät dran."
Ich machte meine Augen auf und sah Nina ins Gesicht.
"Hä was?", murmelte ich.
"Kyra, du hast verschlafen. Los steh auf.", Nina schüttelte mich.
"Mir gehts nicht gut.", sagte ich und drehte mich wieder um.
Nina stöhnte und ließ mich alleine. Ich war erstaunt, eigentlich achtete sie immer extrem penibel darauf, dass ich in die Schule ging.
Es dauerte nicht lange und ich war wieder eingeschlafen.
Als ich das nächste mal aufwachte stand ich auf und duschte erstmal. Ich band mir meine nassen Haare zu einem Knoten zusammen, zog eine schwarze Leggins und ein viel zu großes Hemd an.
Nina saß im Wohnzimmer und ging Akten durch. Sie sah nicht auf, als ich reinkam.
"Warum willst du nicht in die Schule?", fragte sie plötzlich.
"Warum bist du noch nicht in der Klinik?", fragte ich zurück.
"Kyra, so funktioniert das nicht. Du hast zur Schule zu gehen."
Was war denn mit der los?
"Es tut mir leid, Nina. Ich will nicht in die Schule, weil ich Morris nicht sehen will.", sagte ich und setzte mich zu ihr aufs Sofa.
"Das ist Vermeidung, was du hier gerade veranstaltest. Ich kann dich noch fahren, du bist dann halt zu spät. Ich muss erst um 13.00 in der Klinik sein.", Nina wusste genau, wie sie mich dazu bekam das zu machen was sie wollte.
"Ja okay.", meinte ich nach einer kurze Pause.
"Na dann los."
Ich schlüpfte schnell in meine Doc Martens, für die ich ein halbes Vermögen gezahlt hatte, aber ich liebte diese Schuhe und war fertig.

Als wir an der Schule ankamen, hatte ich Angst auszusteigen.
"Was kann denn schlimmes passieren?", erriet Nina meine Gedanken.
"Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mal vor was ich Angst habe."
"Herzele, du bist so ein starkes Mädchen. Das wird dich jetzt nicht unterkriegen."
Ich umarmte Nina ganz fest und stieg aus dem Auto.
Ich murmelte eine schnelle Entschuldigung, als ich die Klasse betrat und setzte mich an meinen Platz.
"Was war den gestern los?", flüsterte Alena, die wie immer neben mir saß.
"Das übliche halt.", wich ich geschickt aus.
"Aber war nicht irgendwas mit dem Praktikanten Mo? Los komm schon, Kyra, erzähl.", forderte Alena mich auf.
"Er war halt dabei mehr auch nicht.", sagte ich.
"Ich finde den total heiß."
"Alena, man ey. Du weißt genau, dass mir das egal ist. Kannst ihn ja daten, wenn du willst."
"Ja, ich frag ihn mal."
"Nein, das machst du nicht.", ich kannte Alena gut genug, um zu wissen, dass sie ihn fragen würde.
"Kyra! Als erstes kommen sie zu spät und jetzt stören sie auch noch in dem sie quatschen.", ermahnte Frau Lutz mich.
"Sie quatschen doch auch.", mir rutschte der Satz raus bevor ich nachdachte was ich da eigentlich gerade sagte. Die ganze Klasse war plötzlich still. Fuck, manchmal sollte ich echt erst denken und dann reden.
"Kyra, wenn Sie der Meinung sind ich würde nur quatschen, können Sie gerne den Unterricht vor der Tür verbringen."
Ich schluckte einmal.
"Na los. Kyra, raus jetzt oder Sie müssen zur Schulleitung."
Frau Lutz meinte es wirklich ernst. Ich stand auf und zwang mich dazu ohne Kommentar das Klassenzimmer zu verlassen.
Draußen setzte ich mich auf einen Tisch der vor dem Zimmer stand und lehnte mich gegen die Wand.
Ich war so blöd. Warum passierte mir immer sowas?
Von weitem sah ich Frau Renz schnell schaute ich weg und hoffte sie würde mich nicht sehen.
"Hallo Kyra, auch mal in der Schule.", begrüßte sie mich.
"Ja ich habe verschlafen.", sagte ich.
"Und was machst du jetzt hier draußen?", fragte Frau Renz, sie lächelte mich an, dann war sie hoffentlich nicht böse auf mich.
"Ähm...also...ja. Frau Lutz ist halt scheiße und hat mich rausgeschmissen."
"Und was hast du gemacht?"
"Gar nichts. Die mag mich einfach nicht.", mahnend sah Frau Renz mich an, "ja okay, sie hat gesagt ich soll nicht quatschen und dann habe ich gesagt, dass sie davorne ja auch nichts anderes tut."
"Oh Kyra. Sowas sagt man nicht. Aber kommst du in der Pause bitte kurz zu mir."
Ich nickte und Frau Renz ließ mich wieder alleine.

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