Kapitel 18

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Kamu schleckte mir über das Gesicht und ich wachte auf. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich eingeschlafen war. Gewitterwolken hingen am Himmel, dennoch war es warm. Ich ging raus auf den Steg, Kamu folgte mir. Ich zog meine Sachen aus, bis auf meine Unterwäsche. Mein schwarzer Sport-BH und meine schwarze Unterhose sah so wieso fast aus wie ein Bikini. Ich sprang in den See und schnappte einmal nach Luft. Er war eiskalt. Kamu sprang hinter her.
Ich tauchte und schwomm. Es bereitete mir totalen Spaß mich an Kamu festzuhalten, so dass er mich ziehen musste. Als mir langsam kalt wurde schwamm ich zurück zum Steg. Ich zog mich hoch, blieb jedoch am dort. Irgendwas war komisch, anders. Ich schaute mich um. Plötzlich fiel mir auf, dass ein Auto an der Hütte stand. Ich kannte das Auto nicht. Ich bekam Angst. Wer war das? Lana hätte mir bescheid gesagt, wenn irgendjemand kommen sollte. Ich ließ mich wieder zurück ins Wasser gleiten. Kamu hielt ich fest, damit er kein Laut machte.
Dann sah ich ihn. Das erste Mal seit circa acht oder neun Jahren. Er ging an der Hütte entlang. Er war älter geworden. Er hatte die ersten grauen Haare und er hatte etwas abgenommen. Mein Onkel. Wie hatte er Lana und mich hier gefunden?
"Kamu, komm.", flüsterte ich ihm zu. Ich tauchte so lange wie ich die Luft anhalten konnte. Als ich wieder hoch kam, war Kamu zum Glück genau über mir. Ich schaute wieder zurück und sah, dass mein Onkel immer noch die Hütte absuchte. Ich schwamm Richtung Ufer und stieg aus dem Wasser. Kamu kam mir hinterher. Ich lief in den Wald rein, in der Hoffnung, dass er mich nicht gesehen hatte. Ich fror und hatte überall Gänsehaut. Langsam fing es an zu dämmern. Ich fing an zu weinen. Ich war erschöpft und wollte einfach nur zu Nina. Ich kniete mich runter zu Kamu und nahm ihn in den Arm. Er war immer noch ein bisschen nass und er roch nach Hund, aber das war mir egal. Er war wenigstens warm. Ich löste mich von ihm und stapfte voller Entschlossenheit weiter. Ich hoffte, dass ich irgendwann auf eine Straße treffen würde. Ich lief und lief.
Inzwischen war es dunkel. Ich war kurz davor zusammen zu brechen. Meine Füße waren inzwischen blutig von den ganzen Ästen auf dem Boden, aber ich spürte sie fast nicht mehr vor lauter Kälte.
Ich ging noch eine ganze Weile bis ich das Gefühl hatte Autos zu hören. Ich sah zu Kamu, er spitze die Ohren, vielleicht hörte er auch Autos. Also ging ich weiter bis ich zwischen den Bäumen tatsächlich irgendwann eine Straße erblickte. Ich lief mit einem guten Abstand an ihr entlang. Ich wusste ja nicht wer da lang fuhr. Gar nicht weit weg entdeckte ich einen Parkplatz. Ich steuerte ihn an. Als ich ihn erreichte, blieb ich trotzdem wieder auf Abstand. Ich hatte Angst und das Gefühl gleich zu erfrieren. Es standen nicht viele Autos auf dem Parkplatz. Plötzlich rannte Kamu los.
"Kamu", rief ich so leise wie möglich hinter ihm her. Doch er hörte nicht auf mich.
"Scheiße. Kamu komm her. Bitte.", ich war wirklich verzweifelt.
Kamu lief zu einem schwarzen Auto, an dem eine Frau stand. Er wedelte sie freundlich an. Ich folgte ihm, aber so dass mich niemand sehen konnte.
"Hey, was machst du denn da?", hörte ich die Frau sagen. Sie bückte sich und streichelte ihn.
"Bist du jemandem wegge...?", die Frau unterbrach sich selbst.
"Ich kenn dich doch, oder?", sagte sie plötzlich. Sie sah sich um und ich konnte endlich ihr Gesicht sehen. Ich zog die Luft ein. Ich kannte sie wirklich. Sie wohnte bei uns in der Nachbarschaft. Zwei Häuser weiter oder so. Ich traute mich aus meinem Versteck und Kamu lief wieder zu mir als er mich bemerkte.
"Oh Gott.", geschockt sah die Frau mich an. "Du bist doch meine Nachbarin oder? Die, die bei Nina wohnt?"
Ich nickte. Sah ich wirklich so schlimm aus?
Die Frau lief zu ihrem Auto und holte eine große Wolldecke raus. Sie kam auf mich zu und wickelte mich damit ein.
"Also ich bin Caty. Wie heißt du eigentlich und was ist passiert?", fragte Caty mich und führte mich zu ihrem Auto.
"Kyra. Nichts es geht mir gut.", log ich.
Sie sah mir in die Augen und ich sah, dass sie wusste dass ich log.
"Wo fährst du hin?", fragte ich sie.
"Natürlich nehm ich dich und deinen Hund mit.", meinte Caty und lächelte mich an.
Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und Kamu sperrten wir in den Kofferraum. Mir war immer noch kalt, aber durch die Decke und das warme Auto wurde mir langsam wärmer. Caty fuhr los.
"Und warum bist du fast nackt durch den Wald gelaufen?", fragte sie mich nach einer Weile.
"Ich habs zur Zeit nicht leicht und ich bin mit einer Freundin von daheim weg um mal meine Ruhe zu haben. Dann war ich baden und jemand ist aufgetaucht, der bestimmt nichts nettes wollte und dann bin ich mit Kamu durch den Wald gelaufen bis ich die Straße gefunden habe.", erzählte ich ihr nicht die ganze Wahrheit. Warum nannte ich Lana nur eine Freundin und nicht meine Freundin?
"Die Polizei war bei euch.", sagte Caty ganz trocken.
Ich zuckte mit den Schultern. Ich war totmüde und ich spürte meine Füße wieder. Sie brannten wie Feuer.

"Kyra, Kyra?", Caty rüttelte an meiner Schulter. Ich war wohl eingeschlafen.
"Wir sind da.", sagte sie. Ich nickte. "Komm, ich bring dich rein."
Erstaunt schaute ich sie an. Sie war echt nett. Caty machte ihre Tür auf, ließ Kamu aus dem Kofferraum und klingelte bei Nina. Ich wickelte mir die Decke enger um den Körper. Ich sah, dass Caty mehr als einmal klingelte, bevor Nina die Tür aufmachte. Sie sah verschlafen aus. Kamu sprang an Nina vorbei ins Haus. Ich beobachtete wie Caty und Nina sich unterhielten. Nina sah als erstes wütend aus, dann besorgt, wieder wütend, dann erstaunt und zum Schluss, zu meinem Erstaunen, unsicher. Ich hatte Nina noch nie unsicher erlebt.

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