Kapitel 8: Wer Arrely wirklich ist
In der Stunde der Dämmerung begann Maria, zu wanken. Es kam ihr nun mehr vor wie Realität - mehr, als wäre es nur ein Traum.
Sie linste hinter dem schweren, dunkelroten Vorhang hervor, der ihren Teil des Zimmers von dem Gemeinschaftsteil desselben trennte. Alexandra war in ihrem Teil des Zimmers, sodass sie keinesfalls etwas mitbekommen sollte.
Maria trat hinter den Vorhang zurück und flüsterte: »Gaia, hilf mir!«
Sie musste einige Minuten warten, ehe Gaia in ihrer leuchtenden Gestalt erschien. Und in ihrem golden glühenden Licht sah sie aus wie ...
»... Arrely!«
Maria starrte sie an, und Gaia starrte aus Augen zurück, die wie flüssiges Gold waren.
»Ich könnte mitspielen und sagen, wer du bist«, sagte die Göttin leise und ließ sich auf Marias Bett sinken, »Doch das wäre gegen die Anweisung. Sie lautet beschützen, nicht aufklären.« Sie seufzte. »Wieso hast du mich gerufen?«
»Sind Sie wirklich Arrely?«, fragte Maria entgeistert.
»Herrgott, ja!«
»Entschuldigung, aber meinen Sie ... ich meine, meinst du nicht eher Fraugöttin? Oder Fraugaia? Oder ...« Maria hielt inne, weil sie bemerkte, welchen Stuss sie redete.
Gaia lachte: »Was ist denn mit dir los? Du bist doch sonst nicht so verwirrt!«
»Also ... Ich habe mir eingeredet, dass das alles, was geschehen ist, seit ich Penelope getroffen habe, ein Traum ist, weil mein logisches Gehirn das nicht verkraftet. Ich meine, ich ... das einzige, wo ich mir vorstellen konnte, dass es existieren kann, war vielleicht Gott, oder wie es richtiger heißen würde, du. Ich meine, es gibt so vieles auf der Welt, das den Wissenschaftskenntnissen widerspricht und ...« Maria stockte und blickte Gaia mit Tränen in den Augen an: »Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich verstehe meine Welt nicht mehr!« Schluchzend warf sie sich auf Gaia und erzählte alles, was geschehen war und die Göttin nicht wusste.
»Ach, Liebes«, meinte Gaia sanft und strich der Schülerin übers Haar, »Wir alle erleben Zeiten, in der sich unsere Welt auf den Kopf stellt, aber dennoch ist es wichtig, dass wir das Zentrum unseres Lebens nicht aus den Augen verlieren. Meines ist die Magie - und was ist dein Zentrum?«
»Was meinst du mit Zentrum?«
»Was ist der Zweck, warum du lebst? Also das, was du erfüllen musst? Ich muss mein Volk beschützen ... und du?«
»Ich weiß es doch nicht!«, stieß Maria verzweifelt hervor.
»Oh, Maria!« Eine Hand hob ihr Kinn an, und Gaias Lippen trafen ihre Stirn. »Ich werde dir helfen, so wie ich dir vorhin geholfen habe, als du im Gemälde feststecktest. Rufe mich einfach. Und ... nun, es ist so, dass du nur unter diesen Umständen zu meinen Schutzbefohlenen gehörst, doch das hindert mich nicht im Geringsten daran, dir zu helfen. Ich hätte es auch getan, hätte Liarëen mich nicht darum gebeten, oder versucht, mir zu drohen, wenn ich es nicht getan hätte, aber in ihrem Zustand hätte es eh nichts genutzt.«
Maria wischte die Tränen weg und blickte die Göttin verdutzt an: »Welches Interesse sollten eine Königin und eine Göttin daran haben, mich am Leben zu erhalten?«
»Weil du etwas besonderes bist.«
Weil du etwas Besonderes bist. Das sagte Aylin auch immer. Warum sagt sie das? Ich bin doch nur ein ganz normales Mädchen ...
»Aber was, wenn nicht?«, sprach eine gemeine, kleine Stimme, die sich Neugier schimpfte, dagegen, »Die aus den Fantasybüchern, die du liest, die sind auch nicht immer normale Mädchen. Aylin, Frau Meyer, Arrely. Sie wissen alle, was Sache ist. Was, wenn sie alle ihr kleines Spielchen weiterhin treiben und du niemals erfährst was vor sich geht? Was, wenn du dein Leben normal weiterlebst und bemerkst, wie dir jeder immer alles verschweigt? Was, wenn du ein unsterbliches Wesen bist und du völlig schockiert bist, dass du nicht mehr alterst, sobald du erwachsen bist?«
Das ist Unsinn, erwiderte Maria.
»Gaia sagte, du seist ursprünglich keine ihrer Schutzbefohlenen, und das sind die Menschen. Alle, ohne Ausnahme.«
Hör auf!, flehte die Schülerin, doch die Neugier hatte sich mit ihrem Verstand verbündet und fuhr ungerührt fort: »Wenn du kein Mensch bist, ist Aylin nicht deine Mutter, denn sie ist ein Mensch. Sie verheimlicht dir so viel, sie lügt dich an. Komm, ruf sie an und frag sie! Du wirst schon sehen, Maria.«
»Halt endlich die Klappe!«, kreischte Maria auf und hörte, wie sich hinter dem Vorhang etwas regte. Er schob sich beiseite, Alexandra steckte den Kopf hindurch und fragte: »Was ist denn, Maria, hast du einen Geist gesehen, dass du so schreist?«
In dem Moment erblickte die verschlafene Alexandra Gaia und erstarrte.
»Nein«, hauchte die jüngere Schülerin, »Ich weiß nur nicht länger, was ich glauben soll.«
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Quest Of An Äreviel 1: Die Legende Der Kierline
FantasyWenn der selbsternannte König fällt, Wird ein Stern erblüh'n in dieser Welt. Ein Flügelschlag, sanft wie der Wind, Der Stern nähert sich dem Ziel geschwind. Und in jener dunklen Nacht hat sie das Licht hervor gebracht. Eins vollbracht, warten noch v...