Kapitel 31: Die Legende der Kierline Arani
»Aber musst du mich deswegen erdrücken?« Lachend drückte Prinzessin Marialis ihre Schwester von sich weg.
»Ja.« Mejra schmunzelte. »Ich hab' dich vermisst, Schwesterherz.«
»Ich dich doch auch«, gab die goldblonde Prinzessin zu. »Es ist einfach zu lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben.«
»Wintersonnenwende«, erinnerte sich Mejra, »Als du so plötzlich verschwunden bist.«
»Gaia musste mich ja unbedingt nach Hause bringen, also zu Aylin«, korrigierte Marialis. Ihr richtiges Zuhause, das von ihrer Familie, lag ja hier. Das Rosenschloss, Zentrum der Macht in Reylia.
»Oh, wie lange ich nicht mehr hier war!«, seufzte Karia wehmütig, »Es müssen siebzehn Jahre sein!«
Marialis schmunzelte.
»Aber«, begann ihre Schwester dann, »Den einzigen und auch einen der schönsten Orte, den ich dir noch nicht gezeigt habe, ist das Rosenschloss. Komm mit!« Mejra sprang auf, packte sie an der Hand und zerrte ihre große Schwester mit sich. »Also, der Name des Schlosses stammt daher, dass Karia-Erera zu ihrer Zeit Rosen liebte. Sie fand sie ausgesprochen hübsch und liebte ihren Duft. Also hat sie eine Rosenzucht aufgemacht und einen Wintergarten gebaut, der nun zu den Gemächern der Königin, also von Liarëen-Merila, gehören.« Die braunen Augen der Prinzessin funkelten, als wäre sie begeistert, ihrer älteren Zwillingsschwester ihr Zuhause zu zeigen. Sie deutete auf einen rundum verglasten Balkon, der hoch über dem Innenhof schwebte und an dessen Scheiben sich welke Rosen drückten. »Nur schade, dass Pear-Meiaro* sie hat verkommen lassen. Zu Hochzeiten war der Innenhof voll von ihnen.« Mittlerweile standen nur vereinzelt Rosen, aber auch Lilien und anderes, auch Marialis unbekanntes Gewächs, wohl Teil dieser Welt.
»Ciri, nein!«, hallte plötzlich Liarëens Stimme durch den Garten.
»Wer ist Ciri?«, fragte Marialis.
»Also, um ehrlich zu sein ...« Mejra neigte sich vor und fuhr flüsternd fort: »Seit der Sache damals hat sie einen kleinen Knacks weg.« Um es zu verdeutlichen wedelte sie mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. »Sie redet die ganze Zeit mit einer Ciri, die ihr angeblich Böses will.«
»Ciri?«, hakte Karia nach, »Irgendwoher kommt mir dieser Name bekannt vor.«
»Hallo Marialis, was machst du denn hier?« Angesprochene erschrack, als sie die Stimme ihrer leiblichen Mutter hörte.
»Ich komme euch besuchen.«
»Das trifft sich gut, ich wollte euch eh noch etwas zeigen.« Liarëen lächelte, und für einen kurzen Augenblick verschwand die Melancholie aus ihrem Blick. Wenn sie lächelte, konnte man beinahe vergessen, dass sie mit der Luft sprach und dass sie ein traumatisches Erlebnis hinter sich hatte. Beinahe. Doch ein Hauch der Traurigkeit war noch immer zu sehen, wenn man genau hinsah. »Folgt mir.«
Während Mejra ihrer Schwester mehr über das Schloss erzählte, marschierte Königin Liarëen schweigend vorneweg. Sie führte ihre Töchter durch einen Geheimgang - »Den kannte ich noch gar nicht!«, kommentierte Mejra - in eine riesige Bibliothek. Ehrfürchtig blickte Maria sich um. Diese Bibliothek lag zwar unter der Erde, doch war taghell erleuchtet. Das Licht, so erkannte sie, stammte von leuchtenden Kugeln, die zwischen den Regalen hin und her schwebten. Staub tanzte durch die Luft und ließ sich auf Bücher, Regalen und Tischen nieder. Überall standen alte Bücher, es war ein Paradies für Marialis.
»Willkommen in der Privatbibliothek der königlichen Familie!« Liarëen breitete ihre Arme aus und fing den Raum mit ihren Armen ein. »Hinein kommt nur, in wessen Adern königliches Blut fließt.« Sie schritt auf eine gläserne Vitrine zu. »Kieri Aniara-rin**!« Sofort kamen einige von diesen Lichtkugeln angeflogen und erhellten die Vitrine noch mehr als die Lichter, die hier ohnehin herumschwirrten. »Die Kieri Aniara-rin haben die Angewohnheit, sich dann von einem zu entfernen, wenn sie benötigt werden«, erklärte Liarëen, »Wenn sie aber ruft, bleiben sie bei einem, bis man sie entlässt. Dann treiben sie weiter ihren Schabernack. Aber jetzt kommt her!«
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Quest Of An Äreviel 1: Die Legende Der Kierline
FantasyWenn der selbsternannte König fällt, Wird ein Stern erblüh'n in dieser Welt. Ein Flügelschlag, sanft wie der Wind, Der Stern nähert sich dem Ziel geschwind. Und in jener dunklen Nacht hat sie das Licht hervor gebracht. Eins vollbracht, warten noch v...