20.Kapitel

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Als sich diese Worte in mein Hirn gebrannt haben, hätte ich am liebsten auf der Stelle losgeheult. Dies konnte ich gerade noch so verhindern, indem ich stattdessen tief einatmete und meinen Atem rasselnd wieder hinausließ.
Das sah Jasper ähnlich. Er hatte es wieder geschafft mir Angst einzujagen. Immer und immer wieder schaffte er es und ich habe mich kein Stück entwickelt. Weder in Bezug meiner Kraft noch in meiner Persönlichkeit. Ich bin immer noch ein ängstliches Ding!
Wütend auf mich selbst, aber auch getrieben von der Furcht stand ich auf und ging auf wackeligen Beinen zum Meister. Die anderen hatten es wohl aufgegeben zu fragen, was denn mit mir los sei. Sie warfen mir nur fragende Blicke zu.
"Meister?!", schnaubte ich mit erstickter Stimme und kam neben ihm zum stehen. Er setzte sein Glas ab und schenkte mir seine Aufmerksamkeit. "Was kann ich für dich tun, Skylar?"
"Ich muss mit Ihnen reden. Ganz dringend. Unter vier Augen!", brachte ich hervor und blickte immer wieder zur Tür, so, als könnte Jasper jeden Moment zurückkommen.
"Hmm" Der Meister bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick. "Es scheint dir um etwas Ernstes zu gehen. Komm, wir reden in meinem Arbeitszimmer"

"Verstehen Sie jetzt, warum ich so eine Panik habe?"
Ich hatte Meister Makarov alles erzählt. Wirklich ALLES. Meine Trennung von Natsu, meine Reise, meine Gefangenschaft, Ano und Jasper, die große weiße Kugel, die Rolle der Dragonslayer, meine Flucht. Ich habe ihm mein ganzes Herz ausgeschüttet und bestimmt eine viertel Stunde durchgeredet, aber es tat so unendlich gut!
Seufzend ließ ich mich in meinen Stuhl sinken.
"Ohja, das tue ich", sagte der Meister und lehnte sich ebenfalls zurück, seine Finger hatte er ineinander verschränkt.
"Ich hätte nie geahnt, dass du so etwas durchmachen musstest, Skylar. Ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken-"
"Nein, Sie müssen gar nichts dazu sagen! Es ist passiert und damit basta. Ich bitte Sie nur darum es niemandem zu erzählen, okay?", fragte ich flehend. "Aber die Gilde muss wissen, mit welcher Bedrohung sie es zu tun hat", erwiderte er.
"Das ist mir klar, aber bitte bringen Sie es nicht mit mir in Verbindung. Ich weiß auch nicht wirklich warum, es ist mir wohl einfach ziemlich unangenehm und ich habe Angst, dass mich die anderen dann in einem anderen Licht sehen"
"Na schön, du hast mein Wort. Ich werde es sofort beim Rat beantragen lassen diesen Jasper zu suchen und diese 'Sekte' wie du sie nanntest, ausfindig zu machen"
Als er dies sagte beruhigte ich mich etwas. Dann fielen mir plötzlich aus heiterem Himmel die Gefangenen ein.
"Sind in den letzten Monaten eigentlich Menschen spurlos verschwunden?", fragte ich deshalb. "Hmm, lass mich überlegen. Ja, da waren mehrere Fälle, die auch während der Ratssitzungen besprochen worden sind. Wieso?"
Ich lehnte mich weiter nach vorne. "All diese Menschen wurden für Experimente entführt. Es wurde geprüft, ob sie eine bestimmte Magie -vermutlich die der Dragonslayer- in sich tragen, um damit diese Kugel zu stärken. War dies nicht der Fall, dann wurden sie allesamt umgebracht", wisperte ich. Mir schauderte es bei der Erinnerung. Auch Makarov war der Schrecken anzusehen. Ich sprach weiter: "Auf dem Weg zu seiner Hinrichtung hat ein Mann aus Leibenskräften geschrien und geschworen, dass Fairy Tail sie alle rächen würde. Der ältere Mann, mit dem ich am Ende eine Zelle teilte, hat mir schließlich dazu geraten hier hin zu kommen. Den Rest kennen Sie ja", beendete ich meine Aussprache.
Es blieb für einen kurzen Moment still, doch dann strahlten seine Augen plötzlich eine unglaubliche Wut aus. "Diese Menschen haben uns gekannt und bis zu ihren letzten Momenten in uns vertraut. Ich schwöre dir bei meinem Leben, dass wir sie rächen werden!", knurrte er und sprang dabei, klein wie er war, auf den Schreibtisch.
Mein Herz erwärmte sich. "Danke!"
Er nickte. "Ich danke dir für die Informationen. Du kannst jetzt gehen. Ich werde mich um alles weitere kümmern"
Ich wollte gerade aufstehen, doch dann fiel mir etwas wichtiges ein, was ich beinahe vergessen hätte.
"Da ist noch etwas!"
"Ja?"

"Wissen Sie, ich habe ein besonderes Ziel. Während all der Zeit konnte ich nichts tun. Ich konnte weder mir, noch anderen helfen und habe mich so schwach gefühlt"
Ich legte eine kleine Pause ein und überlegte, ob ich weiter machen sollte, da mir der nächste Teil ja doch ziemlich peinlich war. Schließlich wurde ich deswegen hier aufgenommen. "Ich muss unbedingt trainieren. Das mag jetzt ziemlich bescheuert klingen, aber...seit diesen... Experimenten... habe ich ziemliche Angst vor meiner Magie...das ist dumm, nicht wahr?" Ich blickte zur Seite und erwartete ernsthaft, dass er mich auslachen würde. "Angst? Ich meine...", er räusperte sich. "Ich muss zugeben, dass ich das nicht erwartet habe, aber wenn das so ist, dann musst du dich nicht schämen"
Überrascht blickte ich ihn wieder an. Mir fiel gerade ein riesen Stein vom Herzen! "Nachdem, was du mir alles erzählt hast, ist es doch normal, dass dir deine Magie Furcht bereitet"
"Wenn Sie es so sagen, fühle ich mich etwas besser", sagte ich und lächelte leicht. "Tja, dafür bin ich auch da", erwiderte er grinsend.
"Auf jeden Fall wollte ich Sie fragen, ob sie eine Möglichkeit kennen, wie ich diese Angst besiegen und gleichzeitig stärker werden kann? Oder kennen Sie jemanden, der mir dabei helfen könnte?"
"Ich verstehe..." Plötzlich schien ihm eine Idee zu kommen, da er seinen Finger nach oben streckte und seine Augen sich erfreut weiteten, doch dann schien er an etwas schreckliches zu denken und sackte wieder in sich zusammen. Heftig schüttelte er den Kopf. "Nein, das wäre die schlechteste Idee überhaupt"
Geduldig saß ich in meinem Stuhl, während Makarov in seinem Drehstuhl hin und her wirbelte, auf der Suche nach der passenden Lösung. Ich fand es rührend, dass er so bemüht war mir zu helfen.
"Ja, das müsste funktionieren" Er sprang vom Stuhl und schritt auf die Tür zum Nebenzimmer zu.
"Laxus! Laxus? Wo bist du?? Laxus! La-" "Ist ja schon gut alter Mann!!", hörte ich ihn rufen, was mich kichern ließ, doch dann wurde mir wieder bewusst, warum er ihn gerufen hat. Sollte Laxus mich trainieren? Ob das wohl eine gute Idee war?
Der blonde Dragonslayer trat ein und warf mir dabei einen ganz kurzen Blick zu, ehe er sich wieder seinem Großvater zuwendete. "Wieso musst du immer alles zusammenschreien?", fragte er seelenruhig und lehnte dabei lässig an der Wand. Dabei hielt er sich einen verbundenen Arm "Du wirst ab sofort Skylar trainieren, verstanden?", erklärte Makarov, ohne auf Laxus Frage einzugehen. "Bitte was?", fragte dieser perplex. Seine Lässigkeit begann zu bröckeln. "Du hast schon richtig gehört! Sie hat Angst vor ihrer Magie und du musst ihr beibringen sie wieder richtig einzusetzen"
Ich wäre am liebsten im Boden versunken. "So direkt musste es jetzt auch nicht sein", sagte ich. Zu meinem Bedauern lachte Laxus auch noch los. "Angst? Vor ihrer Magie? Als Dragonslayer? Verarscht jemand anderen, ich bin weg!" Er wollte gerade den Türgriff fassen, doch dann wurde sein Arm von Makarov gepackt, der plötzlich gewachsen zu sein schien. Sein gesamter Körper war von stählernen Muskeln übersäht und er blickte nun auf Laxus hinab, der-wie ich genau sehen konnte-schlucken musste. Ob das wohl Teil der Magie des Meisters war?
"Ich habe dir diese Aufgabe zugeteilt und du wirst sie auch ausführen, habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?" Seine Augen leuchteten weiß und sein Blick duldete keine Widerrede. Automatisch presste ich mich stärker in meinen Stuhl.
Laxus knurrte, knirschte mit den Zähnen und ließ sich Zeit bei seiner Antwort. "Na schön!", sagte er schließlich und riss sich los. Plötzlich schrumpfte der Meister wieder auf seine Zwergengröße zurück und lächelte seinen Enkel herzallerliebst an. "Na siehst du, geht doch!"
"Tch. Du da!" Laxus warf mir einen giftigen Blick zu. Ich schluckte und erwartete schmerzhafte Trainingsstunden. "Heute Abend, Punkt Acht Uhr vor Magnolias Tor"
Mit diesen Worten verschwand er wieder im Nebenzimmer, unterließ es aber nicht die Türe zuzudonnern.
"Jetzt habe ich Angst", kam es aus mir heraus. "Ach was, der ist ganz harmlos. Wirst schon sehen!", antwortete der Meister und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Sein Lächeln war immer noch auf seinem Gesicht.
"Und jetzt hopp. Zurück mit dir zu den anderen. Ich kümmere mich um den Rest", sagte er und wedelte mit seiner Hand, machte deutlich, dass ich nun gehen sollte. Ich stand auf und verbeugte mich kurz. "Vielen Dank, Meister! Das schätze ich sehr!"
Ich öffnete die Tür zur Empfangshalle und bekam beinahe den Schreck meines Lebens. Dort stand Gray und tat so, als würde er gerade vorbei gehen. Ich sah genau, dass er nur so tat. Seine Haltung war zu verkrampft! Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Er hatte gelauscht!
"Was machst du hier?", zischte ich ihn an. "Ehm..hier vorbei gehen", erwiderte er, als wäre es das natürlichste der Welt. Verärgert zog ich ihn beiseite. "Wie viel hast du gehört?" Er wich meinem Blick aus. Ich vermutete das Schlimmste. "Wie viel?", fragte ich noch einmal mit mehr Druck. Er seufzte. "Alles. Von Anfang an"...

Destiny (Fairy Tail FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt