Vorbei? (1/ ?)

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Leere. Ich spürte eine tiefe Leere in mir. Es fühlte sich so an, als ob ich hohl wäre. Nichts ergab mehr Sinn für mich, alles hatte an Bedeutung verloren. Dabei lief mein Leben eigentlich gar nicht schlecht, im Gegenteil, es lief sogar total gut. Mit YouTube hab ich immer noch total viel Spaß, vor mir erstreckte sich eine glänzende Zukunft, ich war der Stolz meiner Eltern, jeder der mich kannte lobte in höchsten Tönen von mir und der wundervollste Mädchen das es nur gab, war genauso in mich verliebt, wie ich in sie. Was wollte ich eigentlich mehr? Alles davon bedeutete mir auf einmal so gut wie gar nichts mehr. Alles hatte seinen Sinn verloren. Und das alles nur wegen einem einzigen Grund.

Ich drehte den Kopf zur Seite und betrachtete den Bildschirm, der sich neben meinem Bett befand. Gelbe Zacken erhoben sich vom schwarzen Hintergrund und ein monotones Piepen erfüllte die Stille, die in dem Zimmer herrschte. Mein Blick wanderte zu meinem Handgelenk, in welchem eine Nadel steckte. Ich folgte mit den Augen dem Schlauch, der in einem Tropf endete, welcher halbvoll mit einer Flüssigkeit war.
Ein Herzfehler. Ein kleiner, unbedeutender Herzfehler. Und er hatte alles kaputt gemacht. Mein ganzes Leben war am Ende, denn die Wahrscheinlichkeit, dass mein Körper diesen Herzfehler überlebte, lag bei ca. zehn Prozent. Also so gut wie unmöglich.
Ich ballte die Faust und unterdrückte die Tränen, die sich in meine Augen drängten. Warum? Warum ausgerechnet ich? Warum konnte es nicht jemand sein, der sowieso nicht leben wollte? Jemand der jeden Tag mit Selbstmordgedanken spielte, sie jedoch aus Furcht nicht durchführen konnte. Warum konnte es nicht so jemanden treffen statt mich!?
Ich mochte mein Leben. Ich wollte nicht, dass es vorbei war. Wollte nicht alles, was mir am Herzen lag, hier zurück lassen. Meine Eltern, meine Schwestern, meine ganze Familie, meine wundervollen Fans, meine Freunde und sie. Melina.

Kaum war ihr Name in meinen Gedanken, projizierte mein Verstand ein Bild von ihr in meinem Kopf. Ein unglückliches Lächeln umspielte mein Gesicht, als ich die vertrauten Züge vor mir sah. Die warmen, blauen Augen, die braunen Haare, die festen und freundlichen Gesichtszüge und das wundervolle Lächeln, dass mich dazu veranlasst hatte, mich in dieses Mädchen zu verlieben.
Noch immer war es für mich nur schwer begreifbar, dass sie wirklich auch in mich verliebt war. So viele Mädchen könnte sie haben und trotzdem hatte sie sich für mich entschieden. Wie war das nur möglich? Es kam mir so unglaubwürdig vor, dass sie mir gegenüber tatsächlich die gleichen Gefühle hegte, wie ich für sie. Ich seufzte. Sie ist jetzt für ein Jahr nach Island gezogen. Sie wollte unbedingt das ich mit ihr nach Island gehe nur ich konnte leider nicht. Wir haben ausgemacht das ich in drei Tagen für ein paar Wochen zu ihr nach Island komme. Nur das kann ich jetzt auch leider nicht machen. Es wäre zu gefährlich für mich, wir haben uns jetzt schon seid 3 Wochen nicht mehr gesehen. Ich vermisse sie aber ob ich sie je wieder sehen werde ist zur Zeit unwahrscheinlich. Ein Tag nachdem Melina geflogen ist, bin ich zu einer normalen untersuchung gegangen, so kam dann dieser scheiß raus.
Schon beim Gedanken an sie schien mein Herz zu zerschmelzen und das Piepen, das meinen Herzschlag anzeigte, beschleunigte sich. Na toll. Meine Wangen färbten sich rot, was glücklicherweise keiner sehen konnte. Das würde ja noch peinlich werden, wenn jeder mitbekam, wie ich Herzrasen bekam, nur weil ich an ein Mädchen dachte.
Sie wusste noch gar nicht, wie es um mich stand. Im Krankenhaus waren keine elektronischen Geräte gestattet. Nicht dass sich da irgendwer dran hielt, aber leider wurde mein Zimmer videoüberwacht, um mich immer im Auge behalten zu können, sollte sich mein Herzfehler irgendwie negativ auswirken. Ich hatte meine Schwester gebeten, ihr Bescheid zu sagen. Das war jedoch mittlerweile eine Woche her aber sie hatte mir nichts gesagt, was dieses Thema anging. Wie sie wohl reagiert hatte? War sie unglücklich gewesen oder hatte sie womöglich sogar geweint? Diese Überlegung gab mir einen tiefen Stich. Ich ertrug es nicht, wenn sie unglücklich war. Ich wollte, dass sie immer der ganzen Welt das traumhafte Lächeln zeigte, in das ich mich verliebt hatte.
Was würde sie tun, falls ich tatsächlich sterben sollte? Tränen brannten in meinen Augen. Würde sie sich wieder in jemand anderen verlieben? Mit jemand anderem glücklich sein? Ihr Leben an der Seite eines anderen Mädchens verbringen?
Ich schluchzte und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Dabei war es mir komplett egal, dass man mich mit Sicherheit grade über die Videokamera beobachtete und sich sicherlich köstlich über mich amüsierte.
Warum ich? Warum musste das ausgerechnet mir passieren? Ich wollte nicht sterben, ich wollte weiterleben. Warum hatte ich nur eine so geringe Wahrscheinlichkeit zu überleben?
Einen Monat. Die Ärzte hatten mir noch maximal einen Monat gegeben, sollte ich diesen Herzfehler nicht überstehen. Und den musste ich auch noch im Krankenhaus verbringen. Seit drei Wochen lag ich hier nun und durfte nichts anderes tun, als liegen und mich ja nicht aufregen. Tat ich aber trotzdem. Ich meine hey, wenn ich sowieso sterben musste, warum sollte ich mich dann noch an Vorschriften halten?

Kellina OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt