Das erste Mal, dass wir uns nach 3 Wochen sahen und dann unter solchen Umständen. Warum ist das Leben so schrecklich ungerecht? Dieses Treffen hatte ich mir so anders vorgestellt.
Ich fühlte, wie Melina's Hand sanft über meine Wange streichelte. „Geh nicht.", bat sie leise. „Bleib bei mir."
„Wenn ich nur könnte." Meine Stimme war nur ein leises Flüstern. Ich hob die Hand und wischte mit zitterndem Finger die Tränen von ihren Wangen. Ihre Haut fühlte sich warm und weich an. „Melina.", begann ich, doch ich kam nicht dazu, auszureden. Ehe ich weitersprechen konnte, packte sie mein Gesicht fester, zog es zu sich und drückte ihr Mund auf meinen.
Der Apparat, der meinen Herzschlag anzeigte, beschleunigte sich, während ich erzitterte. Ganz warm und weich schmiegten sich ihre Lippen an meine. So tief hatte mich ein Kuss noch nie berührt.
Meine Augen schlossen sich wie von selber, meine Hände tasteten sich vorwärts und fanden den Weg um ihr Hals, um sie noch näher an mich zu ziehen. Mein Herz raste, ich zitterte unkontrolliert und noch immer liefen mir Tränen aus den Augen, doch es war mir vollkommen egal. Das war einfach der schönste und wundervollste Moment, den ich seit Langem erlebte.
„Ich liebe dich Prinzessin.", murmelte sie gegen meine Lippen, die sich zu einem Lächeln verzogen, als ich den Kosenamen hörte. Ich hatte es ihr zwar nie gesagt, doch ich liebte es, wenn sie mich so nannte. Dann bekam ich das Gefühl, als ob ich für sie wirklich etwas Besonderes bin.
„Ich liebe dich auch.", erwiderte ich leise.„Bleib, bitte.", verlangte sie und zog mich an ihre Brust. Ich ließ meinen Kopf gegen ihre Schulter sinken und machte die Augen zu. Es fühlte sich so traumhaft schön an, sie tatsächlich bei mir zu haben. Ich spürte, wie schnell ihr Herz schlug und dass ihr Atem etwas stockend ging. Sie zitterte, dabei war es gar nicht kalt im Zimmer. Sie fühlte sich auch ganz warm an. Doch wahrscheinlich war nicht die Temperatur der Grund für ihr Zittern.
Ich konnte es nicht fassen das sie wirklich hier bei mir war. Das kam mir so unrealistisch vor, als ob es nur ein Traum ist. Doch für einen Traum fühlte sich ihre Nähe und Wärme viel zu real an. Ich spürte wie sie ihre Arme um mich schlang und mich noch enger an sich zog. Ihr Atem berührte meinen Nacken als sie ihr Gesicht an mein Haar drückte.
Ich schluckte und drängte mich noch näher an sie. Meine Sicht verschwamm, als sich meine Augen wieder mit Tränen füllten. Endlich war sie bei mir und dann war es unklar, wieviel Zeit mir noch blieb. Ich könnte jeden Moment sterben. Das durfte einfach nicht passieren.
„Melina.", flüsterte ich mit zitternder Stimme die sie dazu veranlasste, mich prompt noch näher an sie zu ziehen. „Ich will nicht, dass das jetzt schon vorbei sein muss."
„Das wird es nicht." Sie klang bestimmt.
„Aber die Ärzte sagen..."
„Das ist mir egal!", unterbrach sie mich. Ihr Griff um mich wurde schon beinahe schmerzhaft eng und sie sprach flüsternd weiter. „Ich lasse dich nicht gehen. Ich brauche dich. Das hab ich dir schon oft gesagt. Ich kann nicht ohne dich. Ich liebe dich so sehr. Du bist die Liebe meines Lebens. Du gehörst zu mir, sowie ich zu dir."
Wieder öffnete ich den Mund, doch es war, als hätte sie es geahnt dass ich widersprechen wollte und legte ihre Finger auf meine Lippen. Ich spürte wie etwas auf mein Gesicht tropfte und richtete den Kopf auf. Ihr Anblick zerriss mir beinahe das Herz. Ihre Augen waren gerötet, sie war blass und ich sah, dass ihre Tränen über das Gesicht liefen. Sie hatte einen so todunglücklichen Gesichtsausdruck, der mich prompt dazu veranlasste, sie fester in den Arm zu nehmen. Mit zitternder Hand wischte ich die feuchten Spuren von ihren Wangen weg und lehnte meine Stirn gegen ihre. Ihr Atem streifte über mein Gesicht, während sie schwer ein und aus atmete.Sie hob ihre Hand und legte sie um meine, welche noch auf seiner Wange verweilte. Zitternd beugte sie sich noch weiter vor und küsste mich ganz sanft. Es fühlte sich so an, als wollte sie alles Gefühl, was sie in sich hatte, in diesen Kuss hineinpacken. Ich spürte sie von den Haarwurzeln bis hin zu den Zehenspitzen. Ich bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut und ein Schaudern durchlief mich.
„Wie lange weißt du es schon?", sagte sie und löste sich von mir. Doch ihr Gesicht blieb nur wenige Millimeter von meinem entfernt. Bei seiner Frage senkte ich den Blick.
„Seit etwas mehr als drei Wochen." Ich musste sie nicht anschauen um zu sehen, dass ihr Gesicht zusammensackte.
„Und du hast es mir nicht gesagt?" Sie klang verletzt.
„Ich hätte anfangs nicht erwartet, dass es so ein Ende haben wird.", gestand ich. „Ich dachte, ich bekomme ein paar Medikamente und gut ist."
„Vertraust du mir so wenig?"
Ich schluckte. Meine Augen brannten. „Doch natürlich tu ich das!"
„Aber du hast es vor mir geheim gehalten." Sie wandte den Kopf ab, was für einen schmerzhaften Stich in meiner Brust sorgte. Die Geräusche vom Herzgerät wurden schneller und unregelmäßiger.
„Ich wollte nicht, dass du dir irgendwelche Sorgen machst." Ich zog die Knie an meine Brust und vergrub mein Gesicht darin. „Es tut mir leid ehrlich." Ich schluchzte leise. Was war nur mit mir los, dass ich mittlerweile auf alles so emotional reagierte? Wie oft war ich heute schon in Tränen ausgebrochen, warum auch immer? Ich ertrug den Gedanken nicht, dass sie so kurz vor meinem Tod noch sauer auf mich wurde. Was sollte ich machen, wenn sie jetzt einfach ging und mich hier zurückließ?
„Kelly." Ich fühlte wie sich zwei Arme um mich legten und mich an ihre warme Brust zogen. Sanft streichelte sie mir über mein Haar. „Du weißt doch, dass du mir immer alles erzählen sollst. Ich möchte dir helfen können, aber das kann ich nur tun, wenn du mir von deinen Problemen erzählst."
Ich schniefte. „Ist doch eh zu spät."
„Rede nicht so!" Sie lehnte ihre Wange an meinen Haaransatz. „Hör auf so zu denken, alles wird gut werden! Du wirst hier bei mir bleiben."
„Aber..."
„Kein Aber! Du gehst nicht, verstanden!? Du und ich.", erinnerte sie mich. „Wir haben gesagt, wir bleiben immer zusammen. Du hast mir dein Wort gegeben, weißt du noch? Willst du das jetzt einfach brechen?"
„Ich breche es doch gar nicht.", murmelte ich, während ich die Schmetterlinge, die in meinem Bauch tanzten, zu ignorieren versuchte. Niemals hätte ich erwartet, dass es ihr so nahe ging, falls sich mein Tod tatsächlich verwirklichen sollten. „Ich bin doch immer noch hier." Ich legte meine Hand an ihre Brust, genau auf ihr Herz.
„Das ist nicht das Gleiche.", erwiderte sie flüsternd. Ihr Griff wurde wieder fester.
„Aber eine Alternative. Ich werde nicht ganz weg sein." Vorsichtig kuschelte ich mich enger an sie und machte die Augen zu. Sie fühlte sich ganz warm an. Ihr Herz schlug schwer gegen ihre Brust. Sie reagierte nicht auf meinen letzten Satz. Stattdessen schwieg sie eine Weile, ehe sie antwortete.
„Du wirst nicht gehen. Ich lasse es nicht zu. Alles wird sich zum Guten wenden."
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