Kapitel 1

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Als ich die Augen aufschlug, hatte ich das Gefühl in den Nachthimmel zu blicken. Als ich den Kopf drehte, stellte ich allerdings fest, dass es nur der dunkelblaue Stoff des Himmelbettes war, in dem ich lag. Tageslicht fiel durch ein Fenster herein. Mein Kopf schmerzte. Ich tastete an meine Stirn und fühlte eine Beule und einen kleinen Kratzer. Irgendjemand musste sich darum gekümmert haben. Und plötzlich fiel mir alles wieder ein. Mein Geburtstag, der Angriff, die Ermordung meiner Eltern und wie mich König Damien von Dametia verfolgt und vom Pferd gestoßen hatte. Schlagartig wurde mir bewusst, wo ich war. Das hier musste das Schloss der Sandorians sein. Bei dem Gedanken wurde mit einem Mal schlecht. Warum war ich hier? Da kamen mir Damiens Worte wieder in den Sinn, als er meinte, er wolle mich lebend. Dieser Gedanke verstärkte die Übelkeit. Ich schaute mich in dem Raum um. Die Wände waren mit weißem Holz vertäfelt und im Raum standen dunkelblau bezogene Sofas, ein weißer Schreibtisch und ein Bücherregal. Am anderen Ende des Raumes waren zwei Türen in die Wand eingelassen und eine doppelflügelige Tür an der seitlichen Wand. Trotz dem pochenden Kopfschmerz stand ich auf und ging zum Fenster. Draußen erstreckte sich ein großer Garten, dem sich ein scheinbar endloser Wald anschloss. Ich hatte gehört, dass Dametia sehr viel Waldfläche hätte, aber das was ich sah, raubte mir den Atem. Meinem Vater hätte es bestimmt gefallen. Er liebte die Wälder. Oder hatte es zumindest. Wieder musste ich mich daran erinnern, dass meine Eltern nicht mehr am Leben waren. Tränen stiegen mir in die Augen und ich legte eine Hand ans Fenster. Ich hatte niemanden mehr. Keine Familie, keine Freunde. Sie alle waren tot und ich war in einem fremden Königreich. Die Tränen begannen mir über die Wangen zu strömen und die Landschaft hinter dem Fenster verschwamm.

Ich stand in der offenen Tür und beobachtete sie. Ava hatte mich nicht kommen hören. Sie weinte. Ihr Körper wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt. Eine Hand hatte sie gegen das Fenster gelegt. Die Prinzessin trug noch immer das schwarze Kleid, welches nun jedoch etwas beschmutzt war, durch den Sturz vom Pferd. Ihre braunen Locken fielen offen über ihren Rücken. Sie wirkte so traurig, wie sie so mit hängenden Schultern dastand. Ich überlegte zu ihr zu gehen, kam jedoch zu dem Schluss, dass ich wohl der letzte war, den sie gerade sehen wollte. Also verließ ich das Zimmer und überließ sie ihrer Trauer.


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