Terminsache

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"Sehen Sie schon was, Ms. White?"

Meine Laune, die sich inzwischen im einstelligen Bereich befindet, will und will nicht besser werden. Erst recht nicht durch Mrs. Miller, die wie eine Glucke um den Behandlungstisch lief und mich von jeder Seite aus beobachtet, um ihre Angst zu lindern, dass ich ihre Katze Tinkle Bear nicht versehentlich den Kopf abziehe.

Als Tierärztin habe ich recht früh von dem Vergleich gehört 'Wie das Haustier - so der Besitzer'. Bei Mrs. Miller und Tinkle Bear hätte ich es sofort unterzeichnet. Tinkle Bear - eine britische graue Kurzhaarkatze - Mrs. Miller mit ihren kurzen grauen Haaren. Tinkle Bear - ein mehr als gut überfütterter Kater, der bei der kleinsten Bewegung ins Schnaufen kam - Mrs. Miller, die mit ihren 1,60m gute 180 Pfund wiegt, hat inzwischen den tiefroten Ton in ihrem Gesicht bekommen, schniefte aber immer noch wie eine kleine Dampflog.

"Wie lange hat er diese Probleme schon?" frage ich und taste alle wichtigen Körperteile nach Knoten oder Fettgeschwüren ab.

"Mhm, ich glaube, es ist jetzt eine Woche her, dass er sich nicht mehr vom Körbchen entfernt."

"Frisst er?"

"Selbstverständlich!" Das war mir klar.

Ich lasse von dem Kater ab und sehe zu der Dame herab. "Mrs. Miller, ich will ehrlich mit Ihnen sein. Tinkle Bear, ist adipös!"

Ich warte einige Sekunden, bevor ich den unschuldigen Blick deuten kann. "Sie ist übergewichtig, Mrs. Miller. Sehr übergewichtig."

"Aber so sieht er doch gar nicht aus!"

"Ich kann nicht einmal mehr die Wirbelsäule spüren."

Ihre Miene wird trauriger, schlagartig bereue ich meine raue Art und versuche es noch einmal. Dennoch muss ich bei der Besitzerin des Patienten für Einsicht sorgen. Ich schnappe mir den dicken Kater, der sich nicht einmal mehr darüber beschwert, dass ich ihn von dem Tisch nehme und bringe ihn auf die Wage, bevor ich die Dame zu mir rufe.

Sie schnappt hörbar nach Luft.

"Britische Kurzhaarkatzen neigen gerne zu Übergewicht aufgrund der Gemütlichen Lebenseinstellung, gerade auch nach einer Kastration, aber das hier ist nicht gut für den Kleinen."

Die rote 9,8 blinkt noch einmal auf, bevor ich Tinkle Bear wieder in meine Arme nehme und ihn zurück bringe. "Ich werde ihn nochmal auf Diabetes testen und Melinda bitten Ihnen ein Rezept für Diätfutter zu verschreiben. Wenn Sie nichts dagegen haben, röntge ich Tinkle auch noch einmal, um mögliche Verschleißerscheinungen der Knochen auszuschließen."

"Gibt es denn so eine Art Katzensport, Ms. White? Würde ihm das helfen?" fragt die stämmige Dame und krault den Kater durch das kurze graue Fell.

"Für den Anfang reicht es, wenn Sie ihn einfach nur das Futter geben. Wenn er dann aus dem Körbchen wieder kommt, beschäftigen Sie sich mit ihm. Spielen sie mit ihm und lassen Sie ihn durchs Haus rennen. Das reicht vollkommen aus."

"Also auch nicht die selbstgemachten Pasttätchen von meinem Mann? Die liebt er doch so sehr."

Als könnte der Kater sie verstehen, beginnt er mit Schnurren und steht auf.

"Nein."

"Und auch keine warme Milch?"

Augenblicklich fallen mir beinahe die Augen heraus. "Mrs. Miller keiner Katze sollte man Milch geben, außer der Katzenmilch."

Als wäre ich ein Wesen von einer anderen Welt sieht mich die Dame erstaunt an. "Aber ... wir haben das damals den Katzenbabys auf unseren damaligen Bauernhof gegeben und denen ging es gut!"

Tierisch verliebt - Chris Evans FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt