Zwei Männer und ein Baby

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"Wie hinterhältig bist du eigentlich, Bruder?" fragt Scott und steckt sofort seine Nase wieder in die Internetrecherche hinein.

Genervt sehe ich zu meinen Bruder hinüber, während ich mit der weinenden Hannah im Penthaus auf und ab laufe und Dodger mir folgt. "Hat doch perfekt funktioniert! Du bist hier und hilfst mir mit dem Baby!"

"Aber wie! Du hast gesagt, du willst mit mir das Footballspiel der New Patriots sehen!" Die Laune meines Bruders scheint bereits im Keller sein.

Ich zeige auf den Fernseher, der nur im Hintergrund leise herum flackert. "Läuft da das Spiel oder nicht?"

Mit spielerisch verzogener Miene sieht mich Scott wieder an. Seine Augen sind dabei zu Schlitzen zusammengezogen. "Das Teil, ist seit ich hergekommen bin, auf stumm geschalten!"

Ich bin mit den Nerven am Ende. Seit Kate mit ihrer Schwester zum Shoppen verschwunden ist, weint Hannah einen Marathon. Ich hab alles versucht und doch half nichts. In meiner letzen Not habe ich mir Scott hochbestellt, mit der Ausrede, das Spiel der Patriots anzusehen. Manchmal hörte Hannah innScotts Anwesenheit schneller auf zu weinen. Aber heute ist dem nicht so.

Ich zeige auf den Laptop. "Hast du endlich was gefunden?"

Grimmig tippt Scott weiter auf den Tasten meines Mac Books herum und scrollt herum, bis ein lautes "AHA" kommt. Allerdings so laut, dass es Hannah in noch mehr Angst verwickelt und sie noch eine Oktave höher weinen lässt.

"Hi-hi-hier steht was! Auf AnleitungfürDaddy.com ist eine Liste veröffentlicht! 'So beruhigst du dein wildgewordenes Monsterbaby'! Das ist es!"

"Dann lies vor!" brumme ich und laufe erneut meine persönlichen Jakobsweg in der Wohnung ab.

"Wenn du das erste Mal mit deinem Baby alleine bist, übernimmst du eine große Verantwortung. Womöglich hast du Angst. Womöglich fühlst du dich hilflos und alleingelassen - genauso geht es deinem Baby mit dir auch. Die Mutter kümmert sich normalerweise fast vierundzwanzig Stunden um das Kind, du selber bist meist nur stiller Beobachter. Aber hab keine Angst! Dein Baby beißt dich nicht - noch nicht zu-"

Wütend über das Schreien meiner Tochter, fange ich selber an zu brüllen. "SCOTT! KOMM ZUM PUNKT!"

Beleidigt steckt er mir seine rosa Zunge heraus. Mit mit Widerwillen schüttelt er sacht mit den Kopf, scrollt und weiter liest. " 'Hier ist das ultimative Anleitungshandbuch für Väter. Was tun, wenn dein Baby schreit?
Erste Vermutung: Hunger!
Stecke deinen Baby den Finger in den Mund und achte darauf ob es an ihm saugt. Weiterhin wird es sein Kopf unruhig hin und her bewegen, um die Brust der Mutter zu suchen!'
Tut sie das?"

Seufzend übe ich den Ratschlag aus. "Nein, tut sie nicht."

" 'Zweite Vermutung: Schmerzen!
Singt dein Baby in hohen, ununterbrochenen schrecklich langen Tönen? Zieht es sich dabei seine Beine an, ballt die Hände oder Füße und hat Schweiß auf der Stirn? Dann hat dein Baby Schmerzen.
Vater-Bro-Guide rät, dein Baby auf eventuelle Blähungen zu kontrollieren, die für Bauchschmerzen sorgen. Streiche in Kreisbewegungen über seinen Bauch oder winkle den Bauch deines Babys an, um so die Winde schneller entfliehen zu lassen.' Boar, das kannst du alleine machen! Ich weiß von Stella und Miles sehr gut wie lieblich der Duft von Kinderpupsen ist und wenn Hannah in diesem Sinne nur annähernd nach dir kommt, wären mir Arbeiten im Atomkraftwerk lieber und zwar nackt!"

Vorsichtig nehme ich eine ihrer Hände und sehe sie mir an. Immer wieder greift sie in die Luft, wackelt mit ihren Beinen herum und dreht dem Kopf von mir weg. Zu ihr gerichtet, murmele ich leise: "Was ist denn nur los mit dir? Vermisst du so sehr deine Mama? Sie ist doch nur für ein paar Stunden mit Tante Linda unterwegs. Sie braucht auch endlich mal wieder ein bisschen Zeit für sich. Komm, Krümmel! Lass mich nicht hängen!"

Doch statt nett zu mir zu sein, kommen noch mehr Tränen zum Vorschein. Wo kommen die nur alle her? Sie ist doch so klein und leicht.

"Und?"

"Steht da was vom Kopf wegdrehen?"

"Nö. Vater-Bro-Guide hat aber noch zwei weitere Vermutungen."

Zornig sehe ich zum Bildschirm hinüber. "Welche tollen Einfälle kommen noch?"

"Sie könnte auch Langeweile haben! Dann kannst du mit ihr baden gehen, ihr was vorsingen, mit ihr tanzen, spazieren gehen und gemeinsam furtz- ... nein, in eurem Fall lassen wir das lieber."

Plötzlich sehen wir uns beide an. Die Motivation steht uns beiden nicht ins Gesicht geschrieben. Doch das leichte Kopfnicken meines Bruders, lässt mich aufatmen. "Rocken wir das Baby!"

Zwei Stunden, ein Bad, fünf Lieder, drei Tanzeinlagen und ein Spaziergang auf der Dachterrase später, sitzen wir erschöpft zu dritt auf den Sofa und würden mit Hannah am liebsten mitweinen. Nichts hat funktioniert!

Weder das Bad zu dritt, die Klavier- und Gesangseinlagen von uns, das Profitanz verdächtige hin und her Wackeln von Scott mit Hannah im Arm oder mein Ausflug mit den Kinderwagen auf dem Balkon.

Wir sind am Ende - genau wie Hannah.

Dodger hat sich mit Gretchen weit ab in der oberen Etage versteckt und lässt sich seit dem Bad mit meinem Bruder und mir nicht mehr blicken - womöglich hatten wir ihn mit dem vielen Schaum und unserer Nacktheit einen ordentlichen Schrecken eingejagt.

"Chris, du hast ein Schreikind! Sieh das endlich ein!"

Statt zu antworten, stöhne ich nur auf und setze die Füße auf den Sofatisch.

"Vielleicht sollten wir Ma oder doch Katy anrufen. Die werden wissen was zu tun ist."

Sofort schnalle ich hoch. "Auf. Keinen. Fall!"

Mit einer weinerlichen Schnute blickt mich Scott an. "Chris, ein wahrer Krieger weiß, wenn er verloren hat! Deine Tochter hört einfach nicht auf zu schreien! Vielleicht vermisst sie ja doch Kate."

So leicht würde ich nicht aufgeben! Es ist schließlich auch meine Tochter und ich würde sie genauso befriedigen können wie Katrina. "Hast du nicht was von vier Vermutungen gesagt? Was ist die letzte?"

Schwerfällig beugt sich mein Bruder auf, tippt kurz auf das Touchpad, bevor der Mac wieder anspringt und sich erhellt.

"Vierte Vermutung: Müdigkeit!
Dreht dir dein Baby das Gesicht weg? Dann will es womöglich schlafen und in Ruhe gelassen werden.
Der Vater-Bro-Guide rät sich dabei mit dem Kind hinzulegen, es auf die nackte Brust zu legen und sanft in den Schlaf zu streicheln. Dein Atem, dein Herzschlag und dein Geruch helfen dabei, dass das Baby schneller einschläft und du selber kannst auch schlafen!"

Im Chor jammern wir zu dritt auf, bevor wir uns beide fast sämtlicher Klamotten entledigen, das Sofa aufklappen und ich mir Hannah auf die Brust lege. Wieso verdammt noch einst, bin ich nicht selber darauf gekommen?

Doch noch bevor ich weiter Fluchen kann, verstummt der Krümmel, genau wie wir.

*

"♬DA SIND WIR WIEDER!♬ Ach, du Heiland! Katy, schau dir das mal an! Sag mal, sind die nackt? Und ist das da Hannah zwischen Scott und Chris? Sicher das dein Verlobter keine krummen Dinger mit seinem Bruder schiebt?"

Ein leises Grunzen ertönt. "Ha ha! Und das Bild der Beiden werd ich der ganzen Familie schicken! Rache ist so süß wie Pudding!"

Tierisch verliebt - Chris Evans FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt