Neue Erkenntnisse

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Chris

Das Tierkranknenhaus sieht verlassen aus, als Scott um die Ecke einbiegt und den Motor vor der Eingangstür verstummen lässt. 
"Sicher, dass sie nicht schon zuhause ist?" frage ich mit heiser Stimme.

Linda schüttelt verneinend ihren Kopf und dreht sich zu mir zur Rückbank um. In ihren Fingerspitzen hält sie einen Schlüssel. "Katy hätte sich gemeldet, wenn alles in Ordnung gewesen wäre."

Vorsichtig und langsam reicht sie ihn mir. "Die ist immer solange dadrin, wenn einer ihrer Patienten ..." Plötzlich verstummt sie und sieht mich mitleidig ein. Schlagartig verengt sich mein Herz, bei dem Gedanken, dass Katy es nicht geschafft haben soll, ein Tier zu retten. "Sei lieb zu ihr. Katy ist echt zerbrechlich, wenn sowas passiert ist."

Ohne eine weitere Antwort steige ich aus und laufe zum gläsernen Eingang der Praxis.

Abgeschlossen ist sie noch nicht, jedoch brennt kein einziges Licht mehr im Wartesaal.

Auf Zehenspitzen schleiche ich zu den Behandlungsräumen - niemand da. Auch nicht in dem Aufenthaltsraum der Mitarbeiter.

Womöglich haben Scott und Linda doch unrecht gehabt und sie ist doch bereits gegangen, denke ich mir in dem Moment, als ich bereits gehen will - doch ein leises Schluchzen hält mich auf.

Ich laufe hinaus in das Wartezimmer und gehe den kleinen Flur entlang, der mich zu einer geöffneten Tür bringt.

Das Licht einer Schreibtischlampe fällt schüchtern durch den Türspalt. Zögerlich trete ich ein.

Mein Herz pocht vor Schmerz und Bestürzen auf.

Katy sitzt vor duzenden Zwingern, die mit schlafenden Hunden, Katzen, Hamstern und Meerschweinchen gefüllt sind. Ihr Gesicht ist im zarten Schein der Lampe ganz rot und verknittert. Tränen haben sich ihre Bahnen auf ihrer Wange gesucht.

In ihren Armen hält sie eine hellblaue Kinderdecke. Bei genaueren Hinsehen erkenne ich eine kleine schwarz-weiße Katze mit lustigen Mustern auf dem Gesicht, die ruhig schläft.

Als sie mich bemerkt, sieht sie zu mir auf. Ihre Lippen zittern und wieder kullern Tränen ihre Wange herab.

Geschwind setze ich mich neben sie, lege einen Arm und sie und küsse zärtlich ihre Stirn.

"Ich konnte nichts machen." schluchzt sie leise auf und streichelt liebevoll über den Kopf der Katze. "Ihre Besitzer konnten sich die OP nicht leisten, die sie gerettet hätte."

Ein dicker schwerer Kloß bildet sich in meinem Hals, als ich sie noch enger an mich heran ziehe. "Oh, Baby..."

"Ich habe ihnen angeboten, die Kosten für die Behandlung zu zahlen und sie hätten mir nur einen Teil davon in kleinen Raten abbezahlen können. Aber sie wollten nicht. Die Frau hat drei Kinder, lebt in einem Container weit am Stadtrand entfernt und ist arbeitslos. Sie konnten sich ohnehin nicht mal die Kosten fürs Röntgen leisten ... Mir sind die Hände als Tierarzt gebunden, wenn-" weiter kam sie nicht.

Meinen Arme schlingen sich um sie und halten sie fest, so dass kein Sturm der Welt ihr mehr etwas anhaben kann. Niemand in dieser Welt durfte ihr mehr wehtun - niemand.

Ein kleiner hellbrauner Zwergpudel, mit einem verbundenen Beinchen, springt von seiner Decke auf und läuft zum Gitter seines Zwingers, um dort vorsichtig mit seiner Nase dagegen zu stupsen. Es sieht aus, als ob der Kleine Katy Zuspruch geben will. Seine Augen funkeln hell in dem gedämmten Licht der Schreibtischlampe. Liebevoll lächelt meine Freundin unter Tränen zu dem kleinen Kerl und streichelt ihn sanft mit einem Finger an der Nase, ehe sie wieder die Trauer um das kleine Kätzchen ergreift und sie mich unglücklich ansieht.

Tierisch verliebt - Chris Evans FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt