Happy Family?

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Die Übelkeit ließ sich nicht abschütteln. Es war diese Art von Übelkeit, die nichts mit einem verdorbenem Magen zutun hatte. Es ging wesentlich tiefer.
Der Anblick von der hochschwangeren Stella hatte Ana fast umgeworfen, immer wieder ging sie in ihrem Kopf diese Szene durch, wie sich Stella den Rücken hielt und seufzte, sich an das Auto lehnte und mit kreisenden Bewegungen ihren Bauch streichelte.
8 Monate. 8 Monate. Vor 8 Monaten.

Ana saß auf der Rückbank von Yassers Auto und keiner traute sich so richtig, etwas zu sagen. Nur Kimba regte sich, drehte sich immer mal wieder zu Ana um und betrachtete sie besorgt. Ana starrte aus dem Fenster, der mittlerweile dunkle Himmel war seltsamerweise, trotz bewölktem Tages, sonderbar klar und ließ den Blick frei auf einen ungewöhnlich großen Vollmond, der das sonst schwarze Nachtgestirn, in ein tiefes Ultramarin-Blau tauchte.

Verschwommen nahm Ana die vorbeiziehenden Lichter der Stadt war und schluckte immer wieder trocken das schlechte Gefühl herunter. Sie öffnete das Fenster einen Spaltbreit, roch die frische Abendluft und versuchte durchzuatmen und dabei ihre rasenden Gedanke zu beruhigen.

Aber ihr Kopf kam einfach nicht zur Ruhe, sorgen und fragen rasten im Sekundentakt durch ihren Verstand, sie bemerkte nicht mal das sie vor ihrem Apartment vorgefahren waren.
Sie starrte weiterhin abwesend aus dem Fenster und fuhr gedankenverloren mit dem Finger, an ihrem Shirtkragen entlang.
"Ana?" Kimbas stimme riss sie aus ihren Gedanken,
"Hm?"
"Bist du ok?" Fragte sie sachte und reichte umständlich nach hinten und berührte tröstlich Anas Knie,
"Natürlich ist sie nicht ok!" Sagte Yasser jetzt ungewöhnlich bestimmt, seine Hände fest am Lenkrad und der Blick stur geradeaus gerichtet, beide blickten ihn überrasch an,
"Die Alte ist höchstwahrscheinlich schwanger von Michael wenn du recht hast, wie soll sie da ok sein..." Fügte er hinzu und klang wütend, Kimba wollte etwas erwidern aber Ana kam ihr zuvor,
"Yasser hast du etwas gewusst?" Fragte Ana und ihre Stimme klang verletzlich und müde,
"Wallah Ana, ich wusste von nichts und ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen das Michael irgendwas davon weiß..."
Die Erwähnung seines Namens hinterließ ein seltsames Gefühl in ihr.
Er wusste von nichts? Ana bezweifelte das, sollte sich Stella wirklich von ihm geschwängert haben lassen, dann würde sie ihm das doch nicht verheimlichen. Schwangerschaften veränderten Frauen, das mochte sein, aber auf die finanzielle Unterstützung und die mediale Aufmerksamkeit würde diese Frau auf keinen Fall verzichten, dem war sich Ana hundertprozentig sicher. Ana gönnte dem ungeborenen Kind eine gute Mutter, vielleicht könnte sie das ihrem Kind auch sein, aber sie wusste das Stella als Person, alles andere als korrekt war.

Die drei blieben noch einen Moment schweigend im Wagen sitzen, bevor Kimba die Initiative ergriff und Ausstieg, den Kofferraum öffnete und eine, der drei prall gefüllten Kartons ergriff und zu Anas Tür trug. Ana hastete hinterher und öffnete Haus und Wohnungstür bevor auch sie einen Karton packte und mit Yasser im Schlepptau, Kimba ins Wohnzimmer folgte.

Kimba machte ihnen allen einen Tee und setzte sich zu Ana auf das Sofa, wo sie sich Reflex artig unter einer Decke eingekuschelt hatte und den bitteren Geschmack der letzten Stunde nun mit dem süßen Tee wegzuspülen suchte.
"Er muss von etwas wissen-" sagte Ana unverwandt in die Stille, Kimba warf ihr und dann Yasser einen ernsten Blick zu,
"Er hat nichts erwähnt..." Sagte dieser erneut und zuckte mit den Schultern,
"Ja aber wirkt er denn anders? Bedrückt oder so..." Versuchte Kimba einzulenken,
"Natürlich ist er bedrückt, die ganze Zeit seit..." Yasser sah zu Ana rüber, in ihren Magen wieder das flaue Gefühl. Die drei überlegten noch eine weile rum, vor allem Kimba regte sich ungehemmt über Stella und Michael auf, all das war allerdings einfach zu viel für Ana. Höflich aber geschlagen machte sie irgendwann Andeutungen alleine sein zu wollen und Kimba und Yasser verabschiedeten sich bald darauf besorgt von ihr und redeten ihr leise gut zu, während sie kurz darauf im Flur Jacke und Schuhe anlegten, aber die nett gemeinten Worte prallten an Ana völlig ab und sie lächelte nur müde bevor sie irgendwann erleichtert, die schwere Holztür hinter den beiden schloss.

Berliner Nächte (Shindy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt