8 - die nächstbeste

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Der Schmerz kann so süß sein, dass er dich in Versuchung führt.

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Phoebe

Als Hayley heute Morgen plötzlich vor mir stand, war ich einen Moment lang überrascht, letztendlich war es jedoch ihre Freundlichkeit, die mich zur Weißglut trieb. Ich wusste nicht wieso - eigentlich sollte es mich freuen, dass Elliot und sie sich endlich verstanden, aber als ich bemerkte, wie sie ihn anstarrte, hätte ich mich übergeben wollen. Vielleicht störte es mich weniger, dass Hayley auf einmal bei Elliot auftauchte, sondern mehr, dass es mir falsch vorkam – ihr Lächeln und ihre gekünstelte Stimme. Was wollte sie damit erreichen?
Allem in einem war ich schlecht gelaunt, als ich mit ihr zusammen auf Shoppingtour ging.
»Was hältst du von dem hier?«, fragte sie und hielt mir ein Kleid vors Gesicht.
»Ist ganz okay«, murmelte ich.
Seufzend sah Hayley mich an. »Das ist jetzt schon das fünfte Kleid, das du so abtust. Wenn du heute keine Lust auf shoppen hast, hättest du mir das auch vorher sagen können.«
»Sorry«, sagte ich achselzuckend. »Bin noch ein bisschen müde.«
Skeptisch lugte sie zu mir hinüber. »Lange Nacht?«
Ich hob langsam den Kopf an. »Was willst du damit andeuten?«
»Nichts.« Sie drehte sich von mir weg und griff nach einem anderen Kleid. »Wie ist das?«
Stumm musterte ich Hayley, die mich fröhlich angrinste. Ich nickte. »Ja, das ist schon besser.«
Sofort verschwand sie damit in der Kabine. »Ach, Phoebe?«
»Hm?«
»Hat Elliot dir eigentlich erklärt, wieso er sich letztens fast mit Milo geprügelt hätte?«
Ich hielt schlagartig inne und ließ ein Kleid los, das ich betrachtet hatte. »Er hat sich geprügelt?«
»Na ja, fast. Zumindest hat das Shane erzählt«, rief sie mir durch den Vorhang zu. Ich runzelte die Stirn. »Wann denn?«
»Letzte Woche, als wir beim Schlussverkauf waren.«
Nachdenklich suchte ich nach etwas, was er vielleicht erzählt haben könnte, aber da war nichts.
»Nein, das wusste ich nicht.« Allerdings würde das seine schlechte Laune erklären, die er die Tage danach hatte.
»Und?« Hayley trat aus der Kabine und präsentierte mir das Kleid. Stumm nickte ich, was Antwort genug war und sie wieder verschwand. »Ist ja auch egal, es wird wohl nicht wichtig gewesen sein, wenn die Jungs heute schon wieder zusammen auf der Party sind«, redete sie weiter, wohingegen ich schwieg. Eigentlich hatten Elliot und ich keine Geheimnisse, wir erzählten und alles, egal was es war ... doch das hatte er mir verschwiegen. Und irgendwie war das ein seltsames Gefühl.
»So, ich hab alles. Wie weit bist du?«
»Ich glaube, ich nehme das hier«, murmelte ich geistesabwesend, wobei ich auf das Kleid deutete, das ich vorhin so abrupt losgelassen hatte.
Hayley musterte es erfreut. »Das ist toll.«
Als wir unsere Sachen bezahlt hatten, schlug sie vor, noch etwas Trinken zu gehen.
»Läuft bei dir und Elliot eigentlich was?«
Ich zuckte auf die Frage hin heftig zusammen und starrte sie an. »Was? Wie kommst du darauf?«
»Es interessiert mich nur.«
Meine Braue hob sich, während mein Gesichtsausdruck reglos blieb.
Sie zuckte gelassen mit einer Schulter. »Ihr schlaft in einem Bett, er war heute Morgen halb nackt ...«
Ja, dass er halb nackt war, war mir aufgefallen – und ihr auch.
»Nein, wir sind nur Freunde«, erklärte ich knapp. Dass ich mirallerdings schon öfters vorgestellt hatte, wie Elliot im Bett wäre und dass mich seit Neustem seine Präsenz einschüchterte, behielt ich für mich, denn wirklich verstehen konnte ich das zurzeit noch nicht.
Hayley nickte und dachte einen Moment nach. Ich fixierte sie argwöhnisch und fragte mich, wieso sie das überhaupt wissen will. Hatte sie etwa ... wollte sie etwa ...?
Bei dem Gedanken runzelte sich meine Stirn. Elliot und Hayley? Irgendwie hinterließ das einen schalen Geschmack auf meiner Zunge. Nicht, dass ich eifersüchtig war, aber müsste ich mich erst noch daran gewöhnen.
»Möchtest du mir vielleicht etwas sagen, Hayley?«
Sie schaute zu mir und lächelte. »Was denn?«
»Willst du ... also ich meine ... willst du etwas von ihm?«
Großer Gott, fiel mir diese Frage schwer.
Ihr Mund zuckte als sie mich ansah. »Wäre das ein Problem für dich?«
Mir klappte die Kinnlade auf. »Himmel noch eins, Hayley! Du weißt wie er ist ... und ihr habt euch bis vor zwei Tagen nicht einmal verstanden. Verzeih mir also bitte, wenn ich das nicht verstehe«, sagte ich.
»Also wäre es ein Problem für dich, Phoebe?«
»Nein«, knurrte ich. Verdammt, woher kam das alles? War ich im falschen Film? Warum verhielten sich all meine Freunde plötzlich so seltsam? Scheiße, ich verstand die Welt nicht mehr. Und wieso in Gottes Namen war ich jetzt so wütend?
»Ich kann dich beruhigen«, meinte Hayley. »Selbst wenn ich es wollte, hätte Elliot kein Interesse.«
Damit erhob sie sich, und ich blieb völlig verwirrt sitzen.

till the Death - gemeinsam krank, gemeinsam sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt