12 - fehlinterpretierte Zeichen

3.9K 215 52
                                    

Du kannst den Sturm der Gefühle nur so lange unter Kontrolle halten, bis er ausbricht.

--------------------------

Phoebe

Ich wurde wahnsinnig!
Dieser Blick, den Elliot mir vor ein paar Tagen in der Q-Bar zugeworfen hatte, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Er war voller Verlangen und Begierde, dass ich plötzlich eine Lust verspürte, von der mir schwindelig wurde. Nun wieder neben ihm im Bett zu liegen war ein wahr gewordener Albtraum – seine Haut an meiner zu spüren, zu wissen, dass er nur in Boxershort neben mir lag, die Muskeln zu fühlen, wenn er sich bewegte oder wenn sein Atem meinen Nacken traf... Gott, ich wurde wahnsinnig!
Seit vier Tagen war mir nun bewusst, dass ich für meinen besten Freund mehr empfand, was das Ganze zwischen uns schwierig gemacht hatte. Denn seitdem konnte ich nicht mehr entspannt neben ihm liegen, ohne an mehr zu denken. Außerdem fielen mir jetzt so viele Dinge auf, auf die ich vorher nicht geachtet hatte – die Blicke der Frauen. Überall starrten sie Elliot an, als würden sie ihn fressen wollen. Verdammt, und das brachte meine Eifersucht echt an ihre Grenzen.
Und um ehrlich zu sein, erschöpfte es mich; dieser Kampf gegen Gefühle anzukommen war echt hart. Immer musste ich jemanden etwas vorspielen und mit mir selbst ringen, um keinen Fehler zu machen. Immer wieder musste ich über Dinge hinwegsehen, die ich am liebsten ermordet hätte.
Und dann Prisha! Sie hatte Elliot einen Tag später geschrieben, nachdem sie in der Q-Bar auf uns gestoßen war – ob das zufällig war, bezweiflte ich ja -, aber er hatte nicht darauf reagiert. Natürlich freute ich mich darüber, auch wenn es fies war. Gott, ich wurde echt zu einem Miststück!
»Phoebe, verdammt!«, blaffte Elliot. »Mach den scheiß Wecker aus!«
Ich zuckte zusammen und wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Elliot sich bei einem weiterem Bimmeln aufrichtete, sich über mich hinweg lehnte und den Wecker meines Handys ausstellte. Grummelnd sah er zu mir. »Hast du denn nichts gehört?«
»Nein«, gab ich zu und lag reglos unter ihm, spürte seine komplette Präsenz, welche mir bis ins Mark schoss.
Er ließ sich seufzend zurück ins Kissen fallen und lugte zu mir hinüber, wobei er die Augen verengte. Ich ignorierte es geflissentlich und beruhigte meine verrückt werdende Libido.
»Bekommst du deine Tage, Babe?«
Empört schnappte ich nach Luft und riss meinen Kopf zu ihm herum. »Nein!«
Still musterte Elliot mich. »Du bist zickig.«
»Dann nerv mich doch einfach nicht«, entgegnete ich und wollte aus dem Bett steigen, als er mich plötzlich zurückhielt und ich gegen seine Brust prallte. Prompt hielt ich den Atem an und erschauderte am ganzen Körper.
»Ich glaube, du brauchst mal wieder eine unserer morgendlichen Raufereien«, raunte er mir zu, womit er eine Gänsehaut auf meinen Armen auslöste, und mir erst nach wenigen Sekunden bewusst wurde, worauf Elliot hinaus wollte. Protestierend und lachend riss ich mich von ihm los und entging seinem Versuch, mich zu quälen.
»Feigling«, höhnte er, und ich lachte. »Steh auf, wir dürfen nicht wieder zu spät kommen.«
»Jetzt wird sie auch noch zur Spraßbremse!«
Schmunzelnd ging ich ins Bad, wo ich einmal tief durchatmete und mich dann fertig machte, anschließend mit Elliot zur Uni fuhr.

Elliot

Schmunzelnd beobachtete ich Phoebe, wie sie alles konzentriert mitschrieb, was der Dozent erklärte, und dabei gelegentlich auf ihre Lippe biss.
Als sie irgendwann aufsah, schweifte ihr Blick kurz zu mir hinüber, sodass ich grinsen musste und mich zurücklehnte. Sie lächelte und sah wieder auf ihre Notizen, was meine Sitznachbarin zu meiner Linken gleich ausnutzte und mir mit einem Stift in die Seite pikste. Ich zuckte zusammen und fuhr herum. »Was?«
Hayley schaute spöttisch drein. »Schöne Aussichten, nicht wahr?«
»Halt die Klappe, Biest.«
»Oh, und dann auch noch so charmant heute.«
»Zu deinem Glück«, entgegnete ich, was Hayley leise lachen ließ. Ich verdrehte die Augen und lugte wieder heimlich zu Phoebe hinüber, die ich beim Starren erwischte. Ich hob einen Mundwinkel an und zwinkerte ihr zu, was dafür sorgte, dass sie amüsiert den Kopf schüttelte.
Als wir in der Pause in der Kantine saßen, bemerkte ich den Blick von Dawn auf mir, weshalb ich mich zu ihr wandte und sie mich lieblich anlächelte. Ehrlich, ich mochte sie, im Gegensatz zu Hayley.
»Was ist, Dawni?«
Sie seufzte. »Nichts.«
Ich nickte und widmete mich wieder meinem Mittag, als auch Shane dazukam, der zu meinem Leiden seine Schwester im Schlepptau hatte.
»Also, El, heute ...«
»Lass gut sein«, unterbrach ich Hayleys Sticheleien.
»Was ich sagen wollte«, setzte sie trotzdem an. »Heute haben wir ja früher Schluss als Shane und Dawn, deswegen hatte ich die Hoffnung, dass du mich nach Hause bringen könntest.« Sie klimperte mit den Wimpern, sodass ich grinste. »Dachtest du, ja?«
»El«, brummte Shane, den ich überhaupt nicht beachtete. »Sag mal, Hayley, war das jetzt schwer für dich, mich um einen Gefallen zu bitten?«
»Du hast ja keine Ahnung wie sehr«, trällerte sie gekünstelt nett.
»Dann kannst du dir überhaupt nicht vorstellen, wie schwer es für mich ist, dir diesen Gefallen nicht zu tun.«
Hayley zog die Augen zu Schlitzen, und ich grinste breiter.
»Mann, El, kannst nicht einmal machen, um was man dich bittet?«, schnautzte Shane, den ich ruhig ansah. »Das könnte ich gewiss. Aber auch nur dann, wenn man sich aus Dingen raushält, die einen nichts angehen.«
»Jetzt geht das schon wieder los!«
»Ich wusste gar nicht, dass du so nachtragend bist«, bemerkte Hayley. »Ich hab es schließlich nur gut mit Prisha gemeint.«
Ich warf ihr einen finsteren Blick zu, als plötzlich Dawn sich neben uns zu Wort meldete: »Um was geht es hier eigentlich?«
»Dawni Süße, wo ist überhaupt Phoebe?«, antwortete Hayley mit einer Gegenfrage.
»Sie wollte noch kurz zum Spind – kann mir jetzt jemand sagen, um was es hier geht.«
Ich sah mahnend zu den Geschwistern, damit sie nichts verraten würden. Zu meinem Glück seufzte Shane lediglich und seine Schwester blickte ihre Nägel an. Kein Wunder, das taten Biester öfters.
»Bin ich echt die Einzige, die es nicht weiß?«, empörte Dawn sich.
»Um genau zu sein, bist du nicht die Einzige«, sagte Hayley, wodurch ich die Hand auf den Tisch knallen ließ und meinen Ärger hinunterschlucken musste, bevor ich sie vor all den Zeugen erwürgen würde.
»Also weiß Phoebe es auch nicht?«, schlussfolgerte Dawn, die uns allesamt musterte und zuletzt Shane ins Visier nahm. Dieser rutschte unruhig auf seinem Platz herum.
»Eigentlich ...«
»Hayley«, knurrte ich.
»... geht es um sie.«
»Und um was genau?«, wollte Dawn wissen.
»Unser geliebter Elliot könnte die Freundschaft anders deuten, als sie es tut«, erklärte Hayley, sodass selbst Shane jetzt einschritt und sie leise ermahnte.
Dawn schaute derweil mit geweiteten Augen zu mir. »Aber ...«
»Vergiss es, Dawni, ich will darüber nicht reden. Allerdings verstehen das die beiden hier nicht und mischen sich in Dinge ein, die sie nur noch schlimmer machen.«
»Ich habe nicht mal etwas gemacht!«, sagte Shane, den ich belustigt ansah. »Ach nein? Von wem war denn der gut gemeinte Rat, der mich überhaupt in diese Hütte trieb?«
Er schwieg.
»El«, begann Hayley, die ich prompt unterbrach. »Du bist sowieso die Schlimmste von euch beiden. Was sollte der Mist mit Prisha? Wenn ich sie sehen will, dann rufe ich sie auch selbst an. Und falls ich noch einmal mit jemanden reden will, seid ihr das mit Sicherheit nicht«, blaffte ich und stand von meinem Platz auf, drehte mich um und blickte in Phoebes Gesicht. Sie lächelte, was ihr jedoch verging, als sie die Spannung am Tisch bemerkte.
Ich schnaubte und lief an ihr vorbei, weshalb sie mir folgte und mich am Arm aufhielt. »Hey, was ist los?«
Tief holte ich Luft und beruhigte mich ein wenig, ehe ich mich zu ihr wandte und sie ansah. Wenige stille Sekunden betrachtete ich Phoebe, konnte es nicht vermeiden wie sehr ich mich nach ihr sehnte und wie stark ich mich zu ihr hingezogen fühlte, wie sehr mich diese grau-grünen Augen faszinierten und ihre Lippen so verdammt perfekt waren, dass ich sie stundenlang küssen könnte.
»Nichts.«
Sie legte ihren Kopf schräg und sah mich wissend an. Ich fuhr mir durchs Haar. »Lass uns später reden okay, Babe?«
Phoebe nickte und ließ meinen Arm los.

till the Death - gemeinsam krank, gemeinsam sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt