20 - romantische Ausflüge

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Du bist der Kuss, der meine Seele sorglos macht. Und selbst wenn du neben mir bist, bist du immer noch zu weit weg – Rush Rush von Paula Abdul, Liedtext

Doppel Update!

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Elliot

Mittlerweile waren mehrere Wochen vergangen, in denen Phoebe und ich mit den Umständen, dass wir HIV hätten, gut leben konnten - die Tabletten nahmen wir regelmäßig ein, ohne sie zu vergessen, und die Angst vor der Krankheit wurde mit jedem weiteren Tag weniger.
Wir kamen damit klar.
Irgendwann waren wir auch dazu bereit, es den anderen zu erzählen. Natürlich hatten sich Shane, Dawn und Hayley erst einmal geschockt gezeigt, ehe sie Sorge und Angst zeigten. Doch als sie unsere ruhige Stimmung bemerkten, wurden auch sie ruhiger. Es war verständlich, dass sie Fragen hatten und uns am Ende sogar Vorwürfe machten, weil wir es so lange für uns behalten hatten, aber sie waren eben richtige Freunde, die es verstehen konnten. Freunde, die hinter uns standen.
»Und wisst ihr auch, durch wen es kam?«, wollte Dawn wissen.
Ich seufzte. »Wir wissen es nicht genau, allerdings ist auch Prisha involviert.«
Prisha hatte zu Phoebe und mir täglichen Kontakt. Seit auch sie von dem HIV Virus Bescheid wusste und es ihrem Freund, Joseph, gestanden hatte, waren wir zu viert ein Team geworden, das zusammen zu Arztterminen ging oder sich über alles unterhielt; waren es Sorgen, Ängste oder Frustrationen.
Es war fast so, als hätte uns die Krankheit zusammengeführt, sodass wir etwas teilten und uns gegenseitig unterstützten - selbst Phoebe und Prisha schafften es Freunde zu werden.
»Mann, wie ätzend das ist!«, meinte Hayley, die uns unsicher ansah. »Aber diese Tabletten sorgen wirklich dafür, dass ihr am Leben bleibt?«
»Ja«, antwortete Phoebe und erklärte ihr die Wirkung von den Tabletten, woraufhin Hayley seufzte. »Wieso trifft es eigentlich immer die Falschen?«
»Man kann bei so etwas nicht beurteilen, was richtig oder falsch ist«, sagte ich und dachte selbst daran, wie oft ich mich gefragt hatte: Wieso wir?

Phoebe

Es waren weitere Wochen vergangen und der Winter begann langsam in seiner vollen Schönheit aufzublühen. Überall bereiteten sich die Menschen auf die Weihnachtszeit vor: Gerüche von Gebäck hingen in der Luft, Lebkuchen und Schokolade waren überall zu kaufen und Lichterketten erhellten die dunklen Tage. Man merkte, dass es so langsam Zeit wurde, um Geschenke zu kaufen und sich auf die Feiertage vorzubereiten.
An solch einem Tag stand ich in meinem Zimmer vor dem Balkon, trank einen warmen Kakao, während Elliot duschen war, und machte große Augen, als endlich der erste Schnee fiel.
»Elliot!«, rief ich und stellte hektisch die Tasse ab. »El, es schneit!« Ich lief ins Bad und erwischte ihn gerade beim Anziehen. Er stockte und sah mich an.
»Es schneit, El!«, wiederholte ich strahlend, und er grinste. »Lass uns raus gehen.«
»Ich zieh mich noch eben zu ende an, ja?«, meinte er belustigt.
»Okay, aber beeile dich!« Ich hastete wieder in mein Zimmer und zog mir eine dicke Jacke, Mütze sowie Handschuhe an und schlüpfte anschließend in meine Winterboots. Dann stürmte ich nach draußen und stellte mich vor das Haus, ließ den Kopf zurückfallen und schaute in den dunklen Himmel, aus dem weiße, kalte und dicke Schneeflocken fielen. Kichernd drehte ich mich einmal um meine eigene Achse und blickte zur Tür, an der Elliot lehnte. Er beobachtete mich schmunzelnd, wobei er selbst eine Mütze auf hatte und ebenfalls dick angezogen war. Immer noch schmunzelnd kam er auf mich zu und zog mich an sich. Lächelnd lehnte ich mich an seine Brust und schaute zu ihm auf.
»Ich liebe den ersten Schnee«, hauchte ich.
»Und ich liebe es, dir dabei zuzusehen, wenn du dich über ihn freust«, raunte er leise und strich mir sanft über die Wange. Ich lächelte noch breiter, bevor ich ihn küsste und meine Arme um seinen Nacken schlang. Sogleich hob Elliot mich an und drehte uns mehrere Male herum, bis ich mich lachend von seinen Lippen löste und er mich wieder abstellte.
»Komm, lass uns die Decken holen«, schlug ich vor und nahm seine Hand in meine, zog ihn ins Haus und polterte die Treppen rauf, wo ich zwei Wolldecken holte. Auf dem Weg nach unten begegnete ich meiner Mum, die mich angrinste. Sie wusste, wie sehr ich den Schnee liebte und auch was das bedeutete. Denn sobald der erste Schnee fiel, würden wir unseren jährlichen Ausflug kurz vor Weihnachten machen - eine Art Familientradition, an die wir uns mit den Dexters gemeinsam hielten.
Als ich wieder unten an der Haustür ankam, wartete Elliot bereits auf mich. Zusammen setzten wir uns auf die Veranda vor dem Haus; mit einer Decke unter dem Po und eine über uns ausgebreitet. So genossen wir den Abend zu zweit, dicht aneinander gekuschelt und mit einem Kakao in der Hand, den meine Mum uns später brachte, als sie sich zu uns setzte.
Still sahen wir dann dabei zu, wie der Schnee fiel und die Welt langsam weiß wurde ...

till the Death - gemeinsam krank, gemeinsam sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt