Epilog

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Gemeinsam, bis dass der Tod uns scheidet.

PS: Hört das Lieb oben - ich liebe es!

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Elliot

Die Hirn-OP von Phoebe verlief zwar ohne Komplikationen, doch danach dauerte es einige Tage, bis sie sich davon erholt hatte. Man merkte also, wie schwach sie mittlerweile war und dass ihr Immunsystem immer anfälliger wurde.
Somit war klar, dass Phoebe weitere Chemos nicht mehr verkraften würde – der Tumor im Hirn allerdings entfernt wurde, was das einzig Gute in diesen Zeiten war.
Ich saß an ihrem Bett und hielt ihre Hand, wartete darauf, dass sie aufwachen und mir sagen würde, wie es ihr ginge. In der Hoffnung, dass es heute besser wäre, als gestern.
Aber sie wurde auch nach einer Stunde nicht wach, weshalb ich mir etwas zu trinken holte und auf dem Flur Dr. Smith begegnete.
»Elliot«, sagte er und kam auf mich zu. »Ist Phoebe schon wach?«
Ich schüttelte den Kopf und seufzte. »Es wird auch nicht besser.«
Er fuhr sich mit einer Hand in den Nacken, den er zur Entspannung kurz massierte. »Es ist nicht leicht. Der Krebs greift den HIV an, wodurch die Behandlungen für den Krebs nicht anschlagen können – es ist einTeufelskreis.«
Ich nickte verbittert. »Das habe ich schon gemerkt.«
Dr. Smith blickte mitfühlend drein. »Wir versuchen alles ...«
»Ich weiß. Verdammt, das weiß ich!« Ich verbarg das Gesicht hinter den Händen und ließ verzweifelt den Kopf zurückfallen, ehe ich ihn wieder ansah. »Manchmal ist Alles eben nicht genug.«
Er schwieg, stieß hart die Luft aus. »Wenigstens haben die Krämpfe schon mal aufgehört.«
»Ja, wenigstens das hat aufgehört«, meinte ich hoffnungslos und ging wieder zurück zu Phoebe, neben die ich mich aufs Bett setzte und sie ansah. Sanft strich ich ihr eine Strähne nach hinten und zog meine Hand zurück, wobei ich etwas Haar darin festhielt. Bei dem Anblick musste ich mühsam schlucken.
»Das sind die Nebenwirkungen«, erklärte Dr. Gordon leise, der plötzlich am Türrahmen stand und mich ansah. »Die meisten Patienten verlieren das Haar, weshalb sie sich Perücken kaufen.«
Ich antwortete nicht.
»Sobald Phoebe wieder auf den Beinen ist, können wir es weiter versuchen«, ermutigte er mich, und ich schaute zu ihm. »Wie lange hat sie noch?«
Dr. Gordon blinzelte über meine unverblümte Frage. »Nun, das kann man nie genau sagen.«
»Schätzen Sie.«
Er fuhr sich durch das kurze Haar und trat näher, blickte auf Phoebe herab und zog eine gequälte Grimasse. »Es sieht schlecht aus und wir sind bald an unseren Grenzen. Der HIV verschlechtert die Behandlung des Krebses – er verhindert es sogar, wodurch wir nicht sagen können, dass es überhaupt noch Chancen gibt. Natürlich versuchen wir es weiter ...aber die Gefahr, dass es weitere Rückschläge gibt, ist groß.« Er sah zu mir. »Wahrscheinlich waren die Metastasen im Kopf bloß der Anfang.«
Ich nickte stumm, kämpfte gegen den Drang an, zu schreien und versuchte vernünftig zu bleiben. Nicht den Glauben zu verlieren. Doch wie lange sollte das noch anhalten?

***

Als es Phoebe wenige Tage endlich wieder so gut ging, dass sie entlassen werden konnte, hatte Dr. Gordon beschlossen, mit der nächsten Chemotherapie zu warten. Er war der Meinung, dass Phoebe sich erst noch erholen müsste und wir es erst dann ein weiteres Mal versuchen würden. Zeitgleich würde Dr. Smith eine andere Therapiemaßnahme gegen den HIV bedenken, damit die nächste Chemo besser verliefe, als die letzten.
Es sorgte für neue Hoffnung, neue Gebete, neuen Glauben. Und ließ den Kampf lohnenswerter wirken – aber war er es letzten Endes auch wirklich wert?
Ich seufzte und kniff die Augen zu, stützte mich am Waschbecken bei mir Zuhause ab und dachte nach. In letzter Zeit stellte ich mir die Zukunft immer öfter vor und kam immer wieder auf dasselbe Ergebnis: Ohne Phoebe wäre es kein Leben mehr. Ohne sie machte nichts einen Sinn.
Sie war es, die mich ausmachte, die mich vervollständigte – und das seit zwanzig Jahren.
»Elliot?«
Ich öffnete die Augen und sah über meine Schulter nach hinten. Da stand sie. Blass, müde und von den ganzen Kämpfen erschöpft, dennoch lächelte Phoebe zaghaft.
»Babe«, murmelte ich und wandte mich zu ihr, streckte die Hände nach ihr aus und zog sie an mich. Ich brauchte in diesem Moment ihre Nähe, das Gefühl, sie bei mir zu haben.
»Wie geht es dir?«, fragte ich leise.
»Soweit ganz gut.«
»Wirklich?« Ich betrachtete sie forschend, und sie nickte. »Ich habe keine Krämpfe mehr und konnte ohne Übelkeit durchschlafen. Also ja, mir geht es gut.«
Erleichtert atmete ich aus und nahm sie fester in meine Arme, küsste ihre Stirn und schloss die Augen, während ich ein Stoßgebet gen Himmel schickte. Danke, Herr.

till the Death - gemeinsam krank, gemeinsam sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt