"Mum, ich bin zu Hause!", rief ich und schmiss die Türe hinter mir zu. Mir war bewusst, dass sie mir nicht antworten würde, weil sie sicherlich wieder mit Schlafanzug in ihrem Bett hockte und Dr. House schaute. Meine Mum hatte Depressionen. Sie hatte seit 4Monaten das Haus nicht verlassen, gab kaum ein Wort von sich und man musste sie zwingen sich wenigstens duschen zu gehen. Warum sie Depressionen hatte? Mein Vater war vor 4Monaten abgehauen und hatte uns alleine mit seinen Schulden zurück gelassen. Seit dem war er wie vom Erdboden verschwunden und meine Mum bekam ihre Depression. Sie hatte mir nie wirklich gesagt was mit ihr los war, aber ich vermutete sie kam einfach nicht mit unserer Situation klar, also war ich diejenige die stark blieb. Im ersten Monat war ich verdammt sauer auf meine Mum, weil sie uns einfach so hängen ließ, aber mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden. Meine ältere Schwester Jane war der Meinung meine Mum würde bald wieder die Alte werden, aber, so stark ich es auch zu vermeiden versuchte, mein Pessimismus gewann.
Es war wirklich schwer für mich gleich beide Eltern aufeinmal zu verlieren. Sie waren zwar nicht verstorben, aber dennoch nicht bei mir. Ich wollte immer sauer sein, auf meinen Dad meine ich, aber ich konnte nicht. Es ging einfach nicht. So sehr ich es auch versuchte. Das einzige was ich empfand war Trauer. Nicht einnmal Enttäuschung. Nein, Trauer. Weil ich sein verschwinden einfach nicht nachvollziehen konnte. Ich vermisste ihn in der ersten zeit schrecklich, aber dann wuchs diese Trauer zu Wut und ich empfand nichts als Hass. Meine Sicht auf ihn änderte sich grundlegend. In meinen Augen war er kein Vater- nichtmehr mein Vater, wenn er einfach verschwindet und uns mit seinem Ruin zurücklasst.Unser Haus war klein, gerade so, dass Jane, meine Mum und ich Platz hatten. Trotz allem vermieteten wir unser größtes Zimmer an irgendwelche "Gestrandeten", die in diesem Kaff eine Unterkunft zur Überreise brauchten. Das Geld konnten wir wirklich nötig gebrauchen, wegen Dads Schulden. So schlimm es auch manchmal war, fremde Leute( Kiffer, Hippies oder Notgeile), in unserem Haus-meinem zu Hause, zu haben, ging es nicht anders.
Jane kam immer am Wochenende nach Hause, weil sie sonst Psychologie studierte, in einer Stadt 4 Stunden von unserer Heimat. Ihr Studium hatte Dad schon vor 1 1/2 Jahren komplett abbezahlt, somit konnte sie nach seinem Verschwinden problemlos weiter machen.
Wie das nächstes Jahr mit mir verlaufen würde, konnte ich mir im Leben nicht vorstellen.Als ich die Küche betrat, um das Willkommens-Essen zu kochen, verließ ein Schrei meinen Mund. Ich riss die Augen auf und war wie erstarrt. Vor mir stand ein Mann Ende fünfzig, mit Cowboyhut-, Hose und Stiefeln. Er trug kein Oberteil, was seinen haarigen Bierbauch zur Geltung brachte.
"Wer zur Hölle sind Sie?", schrie ich geschockt.
Der Cowboy drehte sich zu mir um und grinste mich frech an.
"Ich bin Konrad. Hab das Schild draußen gesehen wegen dem Zimmer, du weißt schon, und da das Gartentor offen stand und die Terassentür auch dachte ich, ich komm mal rein. Hoffe das ist Okay. Es war ja Niemand da."
Er sagte das mit so einer Selbstverstandlichkeit, dass ich am liebsten an die Decke gehen wollte. Ich riss meine Augen noch weiter auf und ging langsam drohend auf ihn zu. "Sie", zischte ich, "nehmen sich jetzt sofort ihr Hemd, verlassen dieses Haus und kommen nie wieder, verstanden?!" Ich schmiss ihm das verschwitzte Cowboyhemd ins Gesicht und riss ihm seinen Holzspieß, der zwischen seinen Zähnen klemmte, aus dem Mund.
Er wollte gerade zu einem "aber" ansetzen, da schnitt ich ihm das Wort ab: " Ich glaube man hat ihnen keine Manieren beigebracht, verschwinden sie jetzt!"
Keine Sekunde später hatte er auch schon kopfschüttelnd das Haus verlassen.
Ich ließ mich auf den kalten Küchenbodem nieder, schloss meine Augen und versuchte mich zu beruhigen. Normalerweise traute ich mich nie solche Aktionen, aber dieser Typ hatte mich wirklich zur Weißglut gebracht.
Es klingelte und als ich die Tür aufriss, stand ein Junge mit Rucksack vor mir. Bevor er überhaupt anfangen konnte über unser Zimmer zu reden, stieg ich die Treppen vor dem Haus hinab, riss das Schild mit der Aufschrift "Zimmer für jeweils eine Nacht zu vermieten" ab, schmiss es auf den Boden und rief: "Keine weitere Vermietung!"
Dann lief ich wieder zurück zum Haus und knallte die Tür vor der Nase des Jungen zu.
Schulden hin oder her, ich wollte keine weiteren Arschlöcher in unserem Haus."Mali-lali, wie ich dich vermisst hab!"
Jane lief mit ausgebreiteten Arme auf mich zu und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Ich strich mir die, mit Mehl beklekerten, Hände an meiner 'Kochen 4 Life' Schürze, die ich letztes Jahr von Jane bekommen hatte, ab und umarmte sie.
"Du weißt schon, dass wir uns erst letzte Woche gesehen haben, oder?", fragte ich belustigt nuscheld in ihre schwarzen Haare. Sie packte mich an den Schultern und schmollte: "Soll das etwa heißen du hast mich nicht vermisst?"
Ich nickte.
Für einen kurzen Augenblick starrte sie mir tief in die Augen. "Hah, du lügst. Ich habs genau analysiert", rief sie freudig.
Schon wie von alleine begannen meine Augen die berühmte Augenrolle zu machen.
Seit Jane ihr Studium begonnen hatte, analysierte sie Alles und Jeden. Wirklich Alles und Jeden.
"Lass das, Jane."
Sie seufzte. "Werd mal nicht zum Tarzan okay, ich kann leider nicht damit aufhören."
"Hilf mir einfach beim Kochen."
Ich drehte mich zurück ans Waschbecken und begann den Salat zu waschen, während Jane das Gemüse schnitt.
Sie erzählte mir, dass sie es echt scheiße fand, das es kaum heiße Studenten gab. Sie sagte sie sei enttäuscht ,weil es nicht so war wie in Bad Neighbours. Ich konnte darüber nur Lachen.
"Und gibt es bei dir was Neues, Mali-lali?"
Ich stöhnte bei der Erinnerung an das Museum auf und begann ihr davon zu erzählen.
Als ich zuende war, wartete ich auf eine Reaktion ihrerseits, doch sie sagte einfach garnichts.
Sie grinste bloß verschmitzt vor sich hin. Das bedeutete garnichts gutes.
"Ein Typ hat dir also geholfen... wie nett."
Ihr Grinsen wurde immer breiter. Ich boxte sie gegen die Schulter.
"Erzähl mir von ihm."
"Och Jane, da gibt's echt nichts zu erzählen. Ich hab garnicht wirklich auf ihn geachtet. Ich analysiere die Leute nicht so wie du", ich zwinkerte.
"Irgendwas musst du doch wohl wissen. Er wird ja schließlich nicht durchsichtig gewesen sein."
"Keine Ahnung. Er trug ein weinrotes Polo, hatte braune Haare und das wars. Ich hab echt nicht drauf geachtet wie genau er aussieht."
Ich hatte mir an diesem Tag wirklich nicht viel aus diesem Jungen gemacht und das war komisch. Normalerweise mutierte ich sofort zu einer 'Ich will Liebe'- Maschiene, sobald nur ein Typ an mir vorbeilief. Wahrscheinlich war ich einfach viel zu sehr fixiert Hilfe zu bekommen um die Skulptur zu finden und hatte ihn deshalb nicht wirklich beachtet.
Jetzt verdrehte sie die Augen.
"Malía Rosie Grace! Du schwärmst die ganze Zeit von heißen Typen in Serien und dann triffst du mal einen in echt und dich juckts nicht die Bohne wie genau er aussieht."
Ich lachte. "Halt die Klappe! Und wenns dich beruhigt... Ich muss morgen nochmal hin, weil ich meine Aufgabe nicht beendet hab und dann werd ich ihn von mir aus expizit (?) analysieren. Nur für dich."
Sie lekte sich zufrieden über die Lippen und wir machten uns weiter an die Arbeit.
--------
Und, wie gefällt es dir bisher? Gibt es Verbesserungsvorschläge oder generell Feedback? 😊

DU LIEST GERADE
Our Souls
RomanceZwei Sichtweisen. Zwei Leben. Zwei Menschen. Zwei Seelen. "Ist dir bewusst warum Stürme nach Menschen benannt wurden, Malía?" Ich vergrub meine Füße weiter in den kalten Sand hinein und schüttelte den Kopf. Sein Blick war starr auf das toben...