08/ Er und Ich T2

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"Chace also, hm?"
Er nickte. Seine Hände hatte er in seiner beigen Hose vergraben und sein Blick war starr auf den Boden gerichtet. Wir spazierten wieder durch den Park und in irgend einer Weise genoss ich es, obwohl da diese unangenehme Stille zwischen uns war. In meinem Hinterkopf lag immernoch die Verwirrung wegen des vorherigen Tages, aber ich wollte dieses Treffen in diesem Moment einfach nicht ins negative ziehen, obwohl das Negative der Grund war warum wir uns trafen.
Als ich wieder in den Himmel blickte, fiel mir auf das die Sonne verschwunden war und sich nun dunkle, graue Gewitterwolken gebildet hatten. Insgeheim freute ich mich schon, nach Hause zu kommen, mir einen Kakao zu machen und mich in meinem Dachzimmer zu verkriechen, um den Regen zu beobachten.
Soweit war es aber noch nicht.
Der erste Regentropfen traf meine Nasenspitze und die Herbstbriese begann sich leise in einen Wind zu verwandeln.
"Ich glaube es fängt gleich an zu regnen", nuschelte ich und band mir meine Haare in einen Zopf, damit der Wind sie nicht verknoten konnte.
Er hob seinen Blick in den Himmel. Irgendwie kam es mir vor als wäre
ihm das alles ganz unangenehm.
"Glaub ich auch."
Im nächsten Moment begann es dann auch schon zu regnen. Aber nicht so, dass man es mit schnellem Gehen oder einem Regenschirm retten konnte, nein. Innerhalb ein paar Sekunden war man beinahe durchnässt.
Ich zog mir meine Kaputze über und begann zu rennen. In irgendeine Richtung. Er tat es mir gleich.
Der Geruch von nassem Gras stieg auf und ich genoss es. Am liebsten wäre ich für einen Moment stehen geblieben und hätte im Regen getanzt, aber ich traute mich nicht. Nicht vor ihm, denn ich kannte ihn nicht. Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung wer er war.

Ein Klingeln ertönte als er die Tür des kleinen Cafés öffnete. Er hielt mir die Türe offen und bat mich hinein.
Ich lächelte ihm dankend zu, wringte aber erst mein Shirt und meine Haare aus bevor ich wirklich eintrat.
Wir waren klitschnass. Meine Kleider klebten an mir wie kalte Spaghetti es aneinander tun. Das Gefühl war eckelhaft.
Das Café war in Violett-und Weißtönen gehalte. Von der Decke hingen kleine Kronleuchter und es roch nach Schokolade.

"Schön kitschig, nicht?", fragte er schmunzelnd als wir uns an einen Tisch niedergelassen hatten.
"Ach was. Das ist doch kein Kitsch."
Meine Stimme triefte nur so von Ironie.
"Hay, willkommen im Rosie's. Habt ihr was ausgesucht?"
Eine Mädchen war an unseren Tisch gekommen. Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt und es nervte mich wie sie ihre Haare herum schwingte, als wollte sie irgendjemanden beeindrucken. Außerdem sah man ihr an, dass sie nicht wirklich Lust verspürte diesen Job anzutreten. Das Mädchen behandelte mich wie Luft, das einzige was sie sah war Chace, doch dieser schaute weiterhin gelangweilt auf die Karte und würdigte ihr keines Blickes. Innerlich tanzte ich Macarena.
"Ich hätte gerne einen Kakao auf Eis. Aber bitte mit nur einem Eiswürfel, Sahne... Ach und vergiss den Keks bitte nicht."
Ich setzte mein gespieltestes Lächeln auf und zwinkerte ihr zu.
Chace hielt sich die Karte vor den Mund und verkniff sich ein Lachen.
Das Mädchen schaute mich geschockt an und nuschelte soetwas wie 'Dumme Kuh'.
"Und ich hätte gern eine Zimtmilch."
Sie kritzelte auf ihrem kleinen Block herum und watschelte dann ohne ein weiteres Wort davon.
Chace prustete los. Ich schmunzelte. Er sah wirklich süß aus.
"Ruf sie wieder her und bestell dir was Anderes, Grace."
Ich runzelte die Stirn. "Was, warum?"
"Du willst doch nicht echt eine Art Kakao on the Rocks trinken, oder?", fragte er belustigt und ließ sich weiter in seinen Stuhl sinken.
Meine Verwirrung war mir bestimmt anzusehen. "Ist das denn schlimm?"
Seine Pupillen weiteten sich.
"Nein! Ich dachte nur, du hast das extra gesagt, um das Mädchen auf die Palme zu bringen."
Ich begann zu Lachen. "Nein nein, das trink ich immer im Herbst. Es ist nicht zu kalt und nicht zu warm, genauso wie die Jahreszeit selbst."
Er nickte anerkennend.

"Hier, dein kalter Kakao."
Das Mädchen von eben stellte mir mein Getränk nicht gerade liebevoll vor die Nase und warf mir einen eingebildeten Blick zu . Die hälfte des Kakaos war übergeschwappt. Ich schaute sie böse an.
"Und hier, deine Zimtmilch."
In ihren Augen stiegen förmlich die Herzchen auf, als sie Chace das Getränk sachte hinstellte. Er jedoch, schenkte ihr wieder einmal keine Beachtung, weshalb sie dann schnaufend davonlief. Der Macarena- Tanz in meinem Kopf begann von vorne.

"Was wolltest du eigentlich mit mir bereden?"
Er nahm noch einen Schluck von seiner Milch und guckte mich dann gequält an.
"Ich hatte gehofft du hast es einfach vergessen."
Ich verschrenkte die Arme vor meiner Brust und schüttelte den Kopf.
"Eigentlich wollte ich mich entschuldigen, für mein Verhalten gestern."
"Aber?" Ich zog eine Augenbraue nach oben.
"Aber mir wurde bewusst, dass du bestimmt eine Erklärung willst. Wie kennen uns nicht, Malía, aber ich glaube ich bin dir diese Erklärung schuldig. Das Problem ist nur, ich hab keine Erklärung. Ich weiß nur, dass ich ein totaler Kotzbrocken war und es mir leid tut. Was du aber wissen musst, ist, dass ich mich noch an dich erinnern konnte. Ich hatte dich nicht vergessen, doch deine ganze Ausstrahlung war an diesem Abend weg. Du hattest irgendwie Angst vor mir und deshalb ist mir erst, nachdem ich mich wie ein komplettes Arschloch aufgeführt habe, aufgefallen, das du es bist."
"Und warum hast du mich dann nicht noch aufgeklärt?", fragte ich beleidigt.
"Es war zu spät, Malía."
Ich umfasste meine Tasse stärker. Sie gab mir in irgendeiner Weise Halt.
Er holte tief Luft und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
"Ich weiß mein Verhalten war falsch, aber ich kann es nicht rückgängig machen. Nimm es mir bitte nicht zu übel."
Mein Verstand riet mir dazu ihm kein Wort zu glauben und sagte mir, dass das eine grottenschlechte Erklärung gewesen war, die garnichts aussagte, aber mein Herz schrie danach ihm zu verzeihen, weil er es vielleicht nur gut meinte. Und wie so oft, gewann mein Herz.
"Es ist okay. Ich bin selbst Schuld, wenn ich in deinen Wagen rein rase."
Mein Verstand begann um sich zu treten und schrie, dass ich naiv und dumm sei, doch ich ignorierte es.
Chace lächelte mir dankbar zu und beinahe schmolz ich dahin. Seine glänzenden Augen, zusammen mit dem kleinen Grübchen. Oh gott.

"Übrigends...", er lehnte sich zu mir und flüsterte: "das Café gehört dir. Malía Rosie Grace."
Sein kühler Atem streifte mein Ohr und ich bekam eine Gänsehaut.
Ich sprang auf.
"Ich muss mal."
Er grinste verschmitzt.
"Hör auf zu Grinsen, Chace", rief ich etwas zu hysterisch. Ich hielt ihm meine Hand vor den Mund. Wenn er weiterhin dieses Grinsen grinsen würde, würde ich verrückt werden.

Meine Hände hatte ich auf das Waschbecken gestützt und starrte mich im Spiegel an. Meine Haare lagen mir immernoch feucht auf dem Kopf und meine Wangen hatten einen Roseton angenommen. Ich versuchte mir die verloffene Mascara unter meinem Auge wegzuwischen, doch ich machte es nurnoch schlimmer. Jetzt, wo ich mich im Spiegel gesehen hatte, fühlte ich mich einfach unwohl. Der Regen ließ mich noch schlimmer aussehen als sonst. Mein Selbstvertrauen hatte sich durch nur einen Blick wie in Luft aufgelöst.
Ich drehte den Wasserhahn auf Eiskalt und spritzte mir das Wasser ins Gesicht.

Als ich ein wenig später wieder zu Chace kam, legte ich etwas Geld auf den Tisch, schnappte mir meine Jacke und ließ ihn zurück. Sein verwirrter Blick entging mir nicht und natürlich tat es mir auch leid für ihn, aber ich konnte nicht mehr bei ihm sein. Nicht mit diesem Gefühl in mir.

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