Das muss erstmal sacken

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Damit hätte Miri nun wirklich nicht gerechnet. Noch immer nicht ganz im klaren darüber was gerade passiert war, ging sie, nachdem sie noch einige Sekunden dort stand, wie hypnotisiert die Treppe herunter.
Ihre Lippen kribbelten, ihr Herz sprang ihr förmlich aus ihrer Brust um einen Marathon zu laufen und ihr Kopf...?! Ja, ihr Kopf... ihr Kopf war stumm. Kein Gedanke wollte wirklich zu einer Erkenntnis führen. Miri nahm kaum wahr, wie sie das Gelände des Kindergartens verließ und sich in Richtung Schule wandte. Ihre Beine trugen sie einfach dorthin, wo sie hin musste. In die Schule, in den Unterricht, zu ihren Schülern.
Erst im Schulgebäude angekommen realisierte Miri, dass sie nun wirklich in den Unterricht musste. Sofort schaltete ihr Kopf sich wieder ein. Oh Nein!! Sie war zu spät! Mist, wie hätte ihr das nur passieren können?!.... Ach ja, da war ja das mit Emma... Emma.... Emm....

Nein, Miri musste sich jetzt konzentrieren. Wenn sie schon zu spät kam, dann wollte sie wenigstens den Unterricht gut gestalten. Was hatte sie jetzt nochmal? Und mit welcher Klasse?
Das war ja nicht zum aushalten, befand Miri. Sie rannte die Treppe hoch zu ihren Klassenraum. Schon vom Weiten hörte sie ihre Klasse. Na toll, das konnte ja wieder spaßig werden. Wenn die schon so laut waren, dann bedeutete das meistens nichts gutes. Na egal, Augen zu und durch.
Doch so richtig wollte ihr an diesem Tag nichts gelingen. Ihr Kopf schaltete sich immer wieder aus. Immer dann, wenn sie an Emma dachte und versuchte zu ergründen, was da passiert war. Was ziemlich oft geschah, wie sich Miri eingestehen musste.

Eigentlich wollte sie gar keine Mittagspause haben. Denn Miri war klar, dass sie dann wieder nur an Emma denken würde, aber da musste sie anscheinend durch, denn schon hatte es zur Pause geklingelt. Also gut, dachte sich Miri. Augen zu und durch!
Miri ließ sich in ihrem Lieblingscafe nieder und bestellte sich einen Cappuccino.
Und wie sie es schon befürchtet hatte, schaltete sich ihr Kopf wieder aus und sie spürte wieder Emmas Lippen auf den ihrigen. Sie fuhr sich leicht mit den Fingerspitzen über ihre Lippen, wobei sie ihre Augen geschlossen hielt um dieses unglaubliche Gefühl festzuhalten. Der unverkennbare Duft von Emma stieg ihr wieder in die Nase. Ihr Körper fühlte sich leicht an. So unglaublich leicht und dennoch kribbelte es bis in jede noch so kleine Ecke. Ihr war, als könnte sie die ganze Welt umarmen.
Alles wurde mit einem Mal so intensiv. Die Farben, der Geruch ihres Cappuccinos, das Zwitschern der noch verbliebenen Vögel, die Musik, die leise aus dem Cafe drang. Einfach alles.
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie die Situation, die am Morgen geschehen war reproduzieren konnte. Sie konnte sich an jede noch so kleine Einzelheit erinnern, wie z.B. Emmas Geruch. Dem Gefühl ihre weichen Lippen auf den eigenen zu spüren. Alles war wieder da. Ihr Kopf ließ nun zu, dass sie das verarbeiten konnte.
Mit einem Schlag, wurde ihr deutlich bewusst, was passiert war!!! Wer hier wen geküsst hatte!!! Es war von Emma aus gegangen!!! Diese ganze Situation, war von ihr ausgelöst worden.
Emma hatte SIE geküsst!!!!!!!!!
Nicht anders herum. Nicht, wie es sich Miri zuerst ausgemalt hatte. Sie war nicht diejenige gewesen, die Emma zum ersten Kuss herangezogen hatte. Nein! Emma war es gewesen.
Als diese Erkenntnis gewonnen worden war, war Miri mindestens nochmal genauso überrascht, wie am Morgen. Nur gab es nun einen entscheidenden Unterschied: diese Erkenntnis, sackte schneller durch als das Ereignis heute morgen. Damit verbunden, wurden Miri auch die Konsequenzen, von dem was passiert war schneller klar.
Es bestand eine sehr, sehr reelle Chance, das Emma genauso empfand wie sie selbst!
Es bestand die reelle Chance, dass Miris Träume wahr werden könnten.
Während diesen Gedankenganges, hatte sich Miri unweigerlich aufgerichtet und saß nun kerzengerade da und starrte ins Leere vor sich. Als ihr das bewusst wurde, sah sie sich schnell um, ob jemand der anwesenden etwas mitbekommen hatte und setzte sich wieder entspannter hin. Ihr Kopf jedoch arbeitete immer weiter und malte sich schon die schönsten Zukünfte aus, die sie mit Emma und Luca haben könnte.
Ein nie gekanntes Glücksgefühl stellte sich ein und eigentlich wäre Miri jetzt am liebsten sofort zu Emma in den Kindergarten gerannt. Sie hätte sie aus den Kindergarten gezogen und geküsst. Das Verlangen nach Emma, welches vorher zweifelsohne schon stark war, stieg nun ins unermessliche. Miri hätte sich das nie vorstellen können. Sie dachte immer, dass das was sie eh schon für Emma empfand sehr stark war. Doch nun?! Nun erkannte sie ihren Irrtum. Ihr Verlangen stieg mit jeder Sekunde.

Warme Herbsttage (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt