VI

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Nachdem Felipe mich in der Bar und meine Mum wieder daheim abgesetzt hatte, war er selbst Nachhause gefahren.
"Lorena, das ist Owen, dein neuer Kollege", kam es von Richard in derselben Sekunde in der ich ein Fuß in die Bar setzte. Mein Chef zeigte dabei auf einen blonden Typen der bereits hinter dem Tresen stand und mit ein paar Frauen redete, die er gerade bediente.
Ich nickte nur, noch etwas perplex von dem 'Überfall'.
Mit einem leichten Lächeln ging ich dann zu meinem neuen Mitarbeiter um mich vorzustellen. Er hatte sich bereits zu mir gedreht als ich ein paar Meter von ihm entfernt stand.
"Hallo, Lorena", ich reichte ihm meine Hand um seine zu schütteln.
"Owen, der Ersatz für Lillian", stellte er sich mit einem charmanten Lächeln vor.
Ich nickte nur freundlich bevor ich meine Jacke auszog und sie auf den Kleiderständer in der Ecke hing.
"Also Owen bist du schon eingearbeitet?", fragte ich ihn, wobei ich nebenbei eine neue Bestellung mixte.
"Ja, ich war schon eine Stunde früher da und außerdem bin ich bereits seit zwei Jahren in dieser Branche tätig", antwortete er und betrachtete mich von der Seite.
Ich nickte, glücklich mit der Antwort, da ich keine Lust hätte das noch zu tun.
Ich überreichte dem Kunden seinen Cocktail bevor ich meinen Blick an Owen wandte, der mich immer noch mit verschränkten Armen musterte. Fragend zog ich meine Augenbrauen hoch. Hatte ich ein Schnitzel im Gesicht oder was?
"Weißt du Lorena, ich habe mich immer gewundert wieso ausgerechnet diese Bar so beliebt ist, aber da ich jetzt die Barkeeperin kenne, verstehe ich es", versuchte Owen mit mir zu flirten. Ich konnte nicht anders als ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und einem 'U serious?' Blick anzusehen. Irgendwie konnte ich es nie ernst nehmen, wenn jemand versuchte mit mir zu flirten. Ein Lächeln schmückte sein Gesicht während ich versuchte skeptisch zu schauen.
"Alles klar, danke", sagte ich dann wobei ich mir ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen konnte.
"Der hat nicht so gezogen oder?", fragte er grinsend mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Nah nicht wirklich", antwortete ich ehrlich bevor ich einen neuen Kunden begrüßte der sich auf einen Barhocker in meiner Nähe gesetzt hatte.
Zwei Stunden Arbeitszeit vergingen wie im Flug, da mich Owen mit billigen Anmachsprüchen ablenkte.
"Wie witzig...", fing er plötzlich wieder an weshalb ich mich fragend zu ihm drehte.
"Wollte gerade die Heizung runter drehen, weil es hier so heiß ist aber dann ist mir aufgefallen, dass du das bist", sagte er gespielt überrascht und ich konnte nicht anders als zu schmunzeln.
"Du hast Glück, dass du schwul bist ansonsten würde ich dir wegen diesen schlechten Anmachsprüchen eine klatschen", antwortete ich ihm amüsiert. Ach so und ich hatte in den zwei Stunden rausbekommen, dass Owen für das andere Team spielte.
Kalte Nachtluft wehte auf einmal in die Bar als jemand sie betrat. Automatisch hob ich meinen Blick um zu schauen wer eingetreten war. Meine Mundwinkel zuckten hoch als ich Felipes Pokerface sah.
Mit zügigen Schritten lief er zu mir, völlig ahnungslos von den Blicken der Frauen die ihm förmlich hinterher sabberten.
"Ich habe ein Angebot zu machen", kam es sofort von ihm als er vor mir stand.
"Ich werde meine Organe nicht verkaufen", antwortete ich automatisch.
"Was? Nein ich meine ein Jobangebot", sagte er mit einem 'What the Fuck' Blick.
"Ich werde nicht mit dir schlafen", log ich, weshalb ich in mich hineinlachte. Natürlich würde ich aber nicht für Geld. Okay, stopp.
I need some holy water...
"Lorena, kannst du bitte einfach zuhören bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst?", fragte er mich mit einem nicht ganz so ernsten Gesichtsausdruck.
"Natürlich", gab ich dann von mir und schob die ganzen perversen Gedanken in die hinterste Schublade meines Hirnes.
"Also es geht um meinen jüngsten Bruder, Xavier. Er- ehm, er isst nichts. Oder sollte ich sagen nicht wirklich. Er ernährt sich nur von Äpfeln oder trockenem Brot und ich, ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll", erzählte er verzweifelt, wobei seine Stimme von Wort zu Wort immer rauer wurde, beladen mit Emotion.
"Und ich mein du hast Psychologie studiert...vielleicht könntest du ja helfen?", vollendete er die Erzählung unsicher. Es war komisch einen sonst so selbstbewussten Mann, so verunsichert zu sehen.
Noch bevor ich ihm Antworten konnte, redete er weiter.
"Oh und du würdest natürlich einen guten Lohn bekommen", er holte einen gefalteten Zettel aus seiner Anzugjacke, "Ich habe bereits einen Vertrag angelegt und das ist was du pro Monat verdienen würdest"
Er überreichte mir den Vertrag und zeigte dabei auf die Summe. Meine Augen fielen mir fast aus dem Schädel und mein Mund war so weit aufgeklappt, dass es das Replikat des Ozonloches hätte sein können.
"Aber, aber...", bekam ich nur raus.
"Ich habe extra nachgesehen wie viel Psychiater so im Monat verdienen und ich dachte, das wäre angemessen...", murmelte er und kratzte sich leicht am Nacken.
Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf als ich den Vertrag auf den Tresen legte.
"Felipe, ich bin keine ausgebildete Psychiaterin, ich habe noch nicht mal mein Studium abgeschlossen. So viel Geld kann ich nicht annehmen, vor allem nicht, wenn ich nicht mal weiß ob ich deinem Bruder helfen kann", sprach ich die Tatsachen aus. Ein etwas enttäuschter Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit bevor er wieder ernst wurde und ich die Zielstrebigkeit in seinen Augen sehen konnte.
Und in diesem Moment wurde mir klar, dass dieser Mann alles bekommen könnte, wenn er nur wollte.
"Mir ist das alles bewusst Lorena aber, wenn ich mir nicht sicher wäre, dass du ihm helfen kannst dann hätte ich dich nicht gefragt und ich weiß auch wie sehr du das Geld brauchst. Denk bitte an deine Mutter und vor allem denk an dich, willst du für den Rest deines Lebens drei unterbezahlte Jobs führen oder einen richtigen Job mit dem du ohne Probleme über die Runden kommst?", stellte er mich vor die Wahl.
Ich rieb nachdenklich über meine Stirn. Ich wusste dass er recht hatte aber ich wollte kein Geld für etwas kassieren, was vielleicht nicht mal klappen würde. Doch dann kam das Bild meiner Mutter vor meine Augen und ich wusste, dass es idiotisch wäre das Angebot abzulehnen.
"Gut, ich werde mir den Vertrag durchlesen und ich könnte morgen ja vorbei kommen um zu sehen ob ich für so etwas gewachsen bin", atmete ich erschöpft aus.
Seine Mundwinkel zuckten siegessicher hoch als er meine Antwort hörte.
"Ich werde Männer schicken um dich abzuholen", gab er dann zufrieden von sich, woraufhin ich nickte.
"Lorena ich habe noch etwas", ertönte Owens Stimme auf einmal wieder, der zuvor mit der Kundschaft beschäftigt war.
"Der Name 'Lorena' hat sechs Buchstaben genau wie 'sexy af'. Zufall? Ich denke nicht", redete er weiter und ich konnte nicht anders als aufzulachen.
"Das war der schlechteste bis jetzt", informierte ich ihn ehe er sich grinsend einer neuen Kundin zuwandte.
Ich schüttelte amüsiert meinen Kopf als ich ein Tippen am Tresen hörte. Mein Blick fiel auf Felipes Finger, die er genervt auf den Tresen klopfte. Fragend sah ich zu ihm hoch, nur um zu sehen, dass er mit einer finsteren Mimik in Richtung Owen starrte.
"Wer ist der Typ?", fragte er wobei er etwas gereizt klang.
"Oh Owen?", tat ich überrascht. "Mein Freund", antwortete ich dann gleichgültig.
Felipes Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig als sein Kopf zurück zu mir schnappte. Er sah mich so an als hätte ich ihm ein Felsen gegen das Gesicht geklatscht. Ich konnte mein Lachen nicht mehr innehalten und brach schließlich ab. Sein Blick war einfach zu witzig gewesen.
"Sch-scherz", brachte ich nur schwer zwischen meinem Gelächter raus. Felipe fand es aber weniger amüsant weshalb er mich mit einem mörderischen Ausdruck musterte.
"Es war ein Scherz. Owen ist mein neuer Arbeitskollege. Ich würde doch nie meinen zukünftigen Ehemann betrügen", führte ich den Insider zwischen ihm und meiner Mutter weiter.
Er sah etwas beruhigt aus, doch sagte nichts mehr dazu. Stattdessen strich er sich wie so oft schon mit dem Daumen leicht über seine Unterlippe.
"Wie wär's wenn du sofort kündigst und dir jetzt schon ein Bild über Xavier verschaffst?", schlug er plötzlich vor und sah dabei kalkulierend zu Owen.
Ich setzte amüsiert meinen Ellenbogen am Tresen ab und legte dann meinen Kopf auf meine Hand.
"Rieche ich da etwa eine Brise von Eifersucht?", fragte ich ihn provokant.
"Nein das ist dein Schweiß", schoss er emotionslos zurück. Gespielt empört zog ich scharf die Luft ein und legte dramatisch meine Hand über mein Herz.
"Abderrahim hätte so etwas nie gesagt", sprach ich dann mit einem enttäuschten Kopfschütteln ehe ich ihn stehen ließ und zu Owen lief um ihm mit den Bestellungen zu helfen.

Gosh Bitchachos, sorry für die unregelmäßigen Updates aber ich bin einfach faul as fuck. :/


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