Brave.

XXV

"Und dann meinte er: Ich werde dich hier herausholen. Du musst das nicht mehr machen, wenn du mein bist", erzählte Lillian von einem ihrer Klienten, der sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte.
"Und ich nur: Boo wenn ich das nicht machen wollen würde dann wäre ich hier schon längst raus. Die Kohle stimmt und mir macht es Spaß Männern den Kopf zu verdrehen", sprach sie weiter, weshalb ich auflachte.
Wir liefen gerade in der Stadt umher, auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für Xavier bevor wir meiner Mutter einen Besuch abstatten würden.
"Wenigstens machst du ihm keine Hoffnungen nur um ihm sein Geld abzuziehen", kommentierte ich lächelnd.
"Witzig, dass du das erwähnst denn das hatte ich mir sogar überlegt zu machen aber irgendwie tat er mir dann leid. Er ist nämlich so ein süßer, schlaksiger Typ der mir wahrscheinlich die Welt zu Füßen legen würde", antwortete sie.
"Wieso dann der Korb? Wenn er doch so lieb ist?", hakte ich verwirrt nach.
Lillian sah mich mit einem 'Dein ernst?'- Blick an.
"Kennst du mich wirklich so wenig? Du weißt doch, dass ich auf Bad Boys stehe. Auf richtige Männer die mir zeigen wo es lang geht und nicht auf Bubis die an jedem meiner Wörter kleben", gab sie von sich, weshalb ich amüsiert meine Augen rollte.
"Und genau deshalb kommst du nur mit Spasten zusammen die dich nach einem One-Night-Stand sitzen lassen", belehrte ich sie und bog in die Straße in der meine Lieblings-Buchhandlung war. Es war ein kleiner Laden, der einer älteren Dame gehörte. Sie war unglaublich süß und hatte immer einen bunten Blumenkranz auf.
"Und die Hälfte der Zeit sind sie nicht mal gut in der Kiste...", gab Lilly zu Bedenken.
"Okay ich starte einen Selbstversuch und fixiere mich ab jetzt nur noch auf Nerds", machte sie mit sich selbst aus und folgte mir in das kleine Geschäft.
"Lorena, hallo", begrüßte mich die Frau.
"Hey Lisa", grüßte ich sie lächelnd zurück.
"Oh hast du mir eine neue Kundin mitgebracht?", hakte sie ebenfalls lächelnd nach, wobei ihre Lachfalten sichtbarer wurden.
"Oh no Honey. Das einzige was ich lese ist die Vogue", antwortete Lilly sofort.
"Die haben wir auch hier", kam es von Lisa zurück.
"Okay, mir gefällt dein Laden Hippie-Lady", sagte Lilly daraufhin, weswegen Lisa auflachte.
"Und du gefällst du mir Riesen-Titte", schoss sie zurück.
Lillian und ich waren zunächst schockiert doch als Lisa anfing zu lachen konnten wir nicht anders als miteinzustimmen.
Das so etwas von einer süßen alten Dame kommen konnte, hätte ich niemals gedacht.

Nach einer Weile hatte ich ein ansprechendes Buch für Xavier gefunden und bezahlte es ehe Lillian und ich ein Taxi in die Klinik nahmen.
Und wie es der Zufall so wollte, war Abderrahim der Fahrer.
"Ah Guten Tag Shamsi und Freundin", grüßte er uns als wir einstiegen.
"Hey warum bekommt du einen Spitznamen und ich bin nur 'Freundin'", beschwerte sich Lilly.
Ja, sie fand Abderrahim schon immer zum Anbeißen und war neidisch, dass er nie Kamele für ihre Hand geboten hatte.
"Was heißt eigentlich Shamsi?", fragte sie ihn dann.
Ich konnte vom Rücksitz aus beobachten wie Abderrahims Wangen erröteten.
"Meine Sonne", sprach er ziemlich leise, weswegen ich auch spüren konnte wie ich errötete jedoch schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.
Er war zu niedlich.
"Awww das ist ja so süß. Ich werde glatt neidisch", quietschte Lillian ehe sie ihm in die Wange kniff.
"Aua! Nichts anfassen!", beschwerte er sich sofort und nahm Lillys Handy von seinem Gesicht.
Sie lehnte sich deswegen nur beleidigt zurück.
"Krankenhaus?", hakte er nach und ich nickte. Kurz darauf fuhr er los.
"Lorena hat aber bereits einen Freund", murmelte sie genervt und wir wurden schier nach vorne geschleudert als Abderrahim bei der roten Ampel fest auf die Bremse stieg.
"Ich- ich wollte nichts zu nahetreten. Ich nichts gewusst, dass du hast Freund", entschuldigte er sich sofort.
"Mach dir keine Sorgen. Du bist mir nicht zu nahegetreten", beruhigte ich ihn schnell, doch es brachte nichts.
"'Tschuldige. Sorry. Du vergeben mir?", fragte er reumütig und mied meinen Blick.
"Ja und jetzt hör dir auf Gedanken darüber zu machen. Du hast ja nichts schlimmes gemacht und mir gefällt der Spitzname", gab ich von mir und konnte sehen wie er sich bemühte nicht zu Lächeln.
Nachdem die Ampel grün wurde fuhr er weiter.
"Unfair warum wollen dich gleich zwei süße Typen haben und ich bekomme sogar einen Korb von meiner eigenen Mülltonne?", sagte Lillian schmollend, weswegen ich Lachen musste.
In Wirklichkeit hatte sie unendlich viele Verehrer aber sie beachtete diese nicht und rannte stattdessen Arschlöchern hinter her.

Vor der Klinik hielten wir an, bezahlten und stiegen aus.
"Soll ich deiner Mum eine Strip-Show bieten? Sie hatte bestimmt seit Ewigkeiten keine Action mehr und vielleicht bringt sie das zum Lachen?", fragte Lillian und ich lachte auf.
Das Mädchen war unverbesserlich.
"Nein, ich denke du bringst sie auch nur mit deinem üblichen Geschwätz zum Lachen", antwortete ich ihr schmunzelnd.
"Du hast recht. Ich bin nicht nur sexy, sondern auch lustig. Eigentlich hätte ich den 'Funny and Hot' - Award gewinnen sollen und nicht Emma Stone", glorifizierte sie sich selbst.
Hach, ich liebte ihr Selbstbewusstsein. Kein Typ konnte ihr das wegnehmen.

Genau als wir vor dem Raum ankamen, in dem meine Mum lag, klingelte mein Handy.
Ich schickte Lillian bereits rein als ich den Namen las.
"Oh was verschafft mir die Ehre, dass du anrufst anstatt Roy es zu sagen, der es dann wiederum mir sagt?", sprach ich in den Hörer.
"Ha-ha. Wo bist du?", ging er gar nicht erst auf meine Anspielung ein.
"Im Striplokal mit Lillian. Sie hat gerade eine Show", antwortete ich ironisch, was von Schweigen entgegnet wurde.
"War ein Witz. Wir beide sind gerade im Krankenhaus", atmete ich aus als er meinen Scherz nicht zu verstehen schien.
"Okay. Sehe ich dich heute Abend wieder?", fragte er nach, weswegen ich Grinsen musste während mein Herz Saltos schlug.
"Wir haben uns doch erst heute früh gesehen, da ich bei dir geschlafen habe", spielte ich einen auf 'Schwer zu haben'.
"Ja aber das ist sieben Stunden her", kam es von ihm und ich fing an zu lachen.
"Du bist eine ganz schöne Klette, weißt du das?", fragte ich rhetorisch, obwohl es mir gefiel, dass er mich ständig bei sich haben wollte, denn zugegeben, genau dasselbe wollte ich auch.
"Gut, dann eben nicht...ich muss dich heute nicht unbedingt nochmal sehen...", fing er plötzlich an und benutzte eine heißbegehrte Frauentaktik.
"Okay passt", fiel ich nicht darauf rein und fing an zu lachen als er genervt grölte.
"Klappe. Ich hol dich in zwei Stunden ab", kam es von ihm bevor er auflegte.
Ich grinste wahrscheinlich wie ein Honigkuchenpferd, doch konnte nichts dagegen machen und auch als ich das Zimmer meiner Mum betrat, lächelte ich, denn selbst sie schmunzelnde wegen einer von Lillians Storys.
Ich nahm mir vor die letzten Tage, Wochen vielleicht auch nur Stunden mit meiner Mutter zu genießen.
Für Trauern hatte ich noch ein Leben lang Zeit und ich wollte damit nicht die Laune meiner Mum verderben.

Irgendwie hätte ich mega Bock ein Kapitel aus Lillians Sicht zu schreiben und bisschen auf ihr Leben einzugehen. Hättet ihr Lust drauf? :)