PoV Evan
Ich drehte mich im Bett von links nach rechts und versuchte die Augen offen zu halten, obwohl ich gerne noch ein paar Stunden geschlafen hätte. Aber ich würde kein Auge zumachen, solange nebenan ein Vampir saß, der mich angeblich beschützen wollte. Auch wenn mir seine Absichten ehrlich erschienen, vertraute ich ihm dennoch nicht. Er wäre nicht der erste Vampir, der mir erst Freundschaft vorspielen wollte, um mich dann hinterrücks abzustechen.
Jeremie hatte zwar nicht Antworten auf alle Fragen, zum Beispiel, warum die Vampire genau hinter mir her waren, aber dennoch schien er mehr zu wissen, als ich. Allerdings war das bei seinem Alter auch kein Wunder. Man konnte an seiner Ausstrahlung erkennen, dass er ein starker Gegner war, aber älter als tausend Jahre hätte ich ihn nicht geschätzt. Der älteste Vampir, dem ich je begegnet war, war etwas über neunhundert Jahre alt gewesen und der hatte schon unfassbare Kräfte gehabt.
Nachdem ich mich eine Stunde lang hin und her gedreht hatte, stand ich auf und ging zurück ins Wohnzimmer. Jeremie stand am Fenster und seine Aura zuckte wild um ihn herum. Er war wütend.
"Ich hab dir gesagt, dass ich deine Spielchen nicht mitmachen werde, Jerom!" knurrte er ins Telefon und drehte sich zu mir um.
Bei dem Namen regte sich etwas in mir. Irgendwo hatte ich den schonmal gehört. Ich runzelte die Stirn und dachte kurz nach. Jeremie schien das auch zu bemerken und hob fragend eine Augenbraue.
"Ich leg jetzt auf." Ohne ein weiteres Wort, beendete er den Anruf und machte einen Schritt auf mich zu.
"Was weißt du?" Ich musste kurz schlucken, wegen dem harten Ton in seiner Stimme, ließ mir aber sonst nichts anmerken.
"Jerom ist dein Bruder?" Jeremie nickte nur kurz.
"Ich habe gestern einen Vampir getötet. Dabei habe ich etwas gesehen, wo auch ein Jerom dabei war."
Ungeduldig deutete Jeremie, dass ich weiter reden sollte.
"Was hast du gesehen? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, verdammt!" Ich schnaufte kurz und fuhr mir durch die Haare.
"Jerom stand vor sieben Vampiren und diese wollten, das er heraus findet, wo der Rat der Werwölfe seinen Sitz hat." Jeremie sah tatsächlich einen Moment lang geschockt aus.
"Also ich wusste ja, dass mein Bruder einen Krieg will, aber auch der Rat der Vampire? Und dann wollen sie auch noch die höchst gestellten Werwölfe der Welt angreifen! Das ist ja noch schlimmer als ich dachte." Jeremie ließ sich auf seinen Sessel fallen und starrte nachdenklich an die Wand.
"Und was genau sollen wir deswegen tun?" fragte ich nach einem Moment der Stille. Ich wusste einfach nicht genug über die Räte, um das wissen zu können.
"Wir müssen den Rat der Werwölfe warnen. Wenn ihr Rat angegriffen wird steht einem blutigen Krieg nichts mehr im Weg." Ich runzelte die Stirn.
"Aber wenn die Werwölfe wissen, dass die Vampire sie angreifen wollen, schlagen sie dann nicht sofort zurück?" kam es zögerlich von mir. Ich würde mir jedenfalls vorstellen, dass die Werwölfe so reagieren.
Aber Jeremie schüttelte den Kopf.
"Werwölfe gehen Krieg eigentlich solange sie können aus dem Weg. Sie sind nicht so Machtgeil. Aber jetzt stellt sich immer noch die Frage,-" Jeremie musterte mich kurz, was mir schon ein wenig unangenehm war.
"-warum sie ausgerechnet dich haben wollen?" Ich zuckte nur mit den Schultern und ließ mich auf das alte Sofa fallen.
"Keine Ahnung. Vielleicht hat einer mitbekommen, dass ich von diesem Plan weiß und will mich darum töten?" Jeremie strich sich mit der Hand übers Kinn.
"Nein. Dann würden sie einen einzelnen Späher schicken oder Auftragsmörder. Aber kein Kopfgeld auf dich setzten. Das würde zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen." Ich seuftzte.
"Aber woher kennen die mich überhaupt? Und wissen, dass ich ein Seher bin?" Jeremie sah mich eindringlich an.
"Ich habe keine Ahnung. Das gilt es herauszufinden. Und gleichzeitig müssen wir den Rat ausfindig machen. Dieser Krieg muss verhindert werden."
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Seher - Der Fluch
VampireHalt den Kopf gesenkt. Sieh sie nicht an. Nicht starren. Einfach weiter gehen. Lass sie es nicht bemerken. Zeig keine Emotionen. Für nichts. Für niemanden. Als junger Mann sollte man eigentlich das Leben genießen, Freunde treffen, die Liebe sein...