PoV Evan
Mit schmerzendem Kopf wachte ich auf und versuchte meine Finger oder Zehen zu bewegen, was mit glücklicherweise auch gelang.
"Er hat sich bewegt. Er wird gleich wach." Das war die Stimme der Frau, der wir schon vor dem Dorf begegnet waren. Und was war dann passiert? Das letzte, an das ich mich erinnerte war, wie mich jemand am Arm gepackt hatte.
"Evan?" Das war Jeremie. Bildete ich mir das ein oder klang er besorgt? Wieso sollte er?
Ich spürte einen leichten Druck an der Hand.
"Kannst du zudrücken, Evan?" Die Stimme war die, der Frau, aber die Hand war eindeutig zu groß und rau. Also war es wohl Jeremies.
So gut ich konnte, drückte ich zu und ich hörte wie jemand erleichtert aufatmete.
Kurz verzog ich leicht das Gesicht, bis ich die Augen aufschlug. Das erste was ich sah, waren ein paar heller, besorgter Augen.
Wunderschön...
Bei dem Gedanken zuckte ich zusammen und wandte mich ab. Ich schob das einfach darauf, dass ich gerade erst wach geworden war. Immerhin waren Jeremies Augen so normal, wie alles andere auch. Nichts besonderes.
"Hallo Evan. Ich bin Lana. Willkommen in unserem Dorf." Die Werwölfin hielt mir eine Hand hin und ich hob eine Augenbaue hoch. Sicherlich würde ich sie nicht berühren. Ich war gerade erst aufgewacht. Lana schien auch zu verstehen und zog ein wenig verlegen ihre Hand zurück.
"Entschuldige. Reflex. Wie geht es dir? Weiß du was passiert ist?" Ich schüttelte den Kopf und strich mir mit einer Hand über die Stirn. Kurz scannte ich den Raum.
Ich lag auf einer Liege und links und rechts neben mir waren Trennwände, also gab es hier noch mehr Liegen. Die Fenster waren ein wenig abgedunkelt und es roch nach Desinfektionsmittel.
Das ganze sollte wohl eine art Krankenzimmer darstellen, wenn auch kein sehr fortschrittliches. Aber immerhin besser als nichts.
"Ich habe Kopfschmerzen." Lana nickte wissend und deutete auf ein Glas Wasser, welches auf einem kleinen Nachttisch stand.
"Ich wusste nicht, dass du ein Seher bist. Sonst hätte ich niemals zugelassen, dass Niclas dich berührt. Du musst schreckliche Dinge gesehen haben." Ich schnaufte bitter und setzte mich langsam auf. Jeremie wollte mir aufhelfen, aber reflexartig zuckte ich vor ihm zurück und Jeremie nahm sofort seine Hand weg. Sein Gesichtsausdruck ließ sich nicht deuten.
Mit einem Schluck trank ich das Glas leer und seuftze erleichtert, als der Schmerz ein wenig nachließ.
"Tut mir wirklich leid. Niclas ist der älteste Vampir, den wir hier haben und er hat einige unschöne Dinge gesehen."
"Dan bin ich froh, dass ich mich nicht daran erinnern kann." brummte ich leise und mit rauer Stimme und Lana nickte.
"Jeremie hat mir erzählt, warum ihr hier seid. Ihr könnt gerne hier bleiben und euch ausruhen. Wir hätten sogar noch ein leerstehendes Haus, welches ich euch zur Verfügung stellen kann. Es hat nur ein Doppelbett, da vorher ein Paar darin gelebt hat, aber ich werde sicherlich noch ein Bett auftreiben können. Ansonsten haben wir auch Schlafsofas. Ich muss mich jetzt um Papierkram kümmern, deswegen wird Niclas euch alles zeigen. Gib ihm eine Chance, er ist eine Person, mit der man sehr gut klar kommt." Lana nickte uns beiden kurz zu, bevor sie aus der Tür verschwand.
"Meinst du, wir können wirklich hier bleiben? Wenn die Leute vom Rat uns hier finden und angreifen..." fing ich an meine Bedenken zu äußern, aber Jeremie unterbrach mich, indem er eine Hand hob.
"Mach dir darüber jetzt keinen Kopf. Werde erst gesund, dann gucken wir weiter. Außerdem bin ich mir fast sicher, dass die Leute hier auch ohne uns ärger mit dem Rat haben."
Ich nickte zustimmend. Das konnte ich mir sehr gut vorstellen, immerhin
glaubte der Rat, sich bei allem einmischen zu können und alles so zu regeln, wie sie es wollten.
"Wer braucht hier eine Rundführung, durch unser süßes kleines Camp?" ertönte eine nervig fröhliche Stimme und unterbrach unser Gespräch.
Ein junger Mann, mit blonden Haaren stand in der Tür und lächelte uns leicht an.
"Willkommen im Camp Chaos. Soll ich euch eure Hütte zeigen? Ach und übrigens, ich bin Niclas."
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Seher - Der Fluch
VampireHalt den Kopf gesenkt. Sieh sie nicht an. Nicht starren. Einfach weiter gehen. Lass sie es nicht bemerken. Zeig keine Emotionen. Für nichts. Für niemanden. Als junger Mann sollte man eigentlich das Leben genießen, Freunde treffen, die Liebe sein...