Kapitel 33

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PoV Jeremie

Seit einer Stunde saß ich im Café und hielt einen Tee in der Hand. Ich hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Die Kontaktperson sollte schon vor zehn Minuten auftauchen und war immer noch nicht da. Langsam bekam ich Angst, dass sie nicht mehr kommen würde.
"Du bist Jeremie?" unterbrach in diesem Moment eine Stimme meine Gedanken und ich sah auf. Ein Mann,  soweit ich riechen konnte ein Werwolf, setzte sich mir gegenüber und ich nickte.
"Entschuldige meine Verspätung. Ich bin Elias." Er hielt mir eine Hand hin, die ich ergriff und kurz schüttelte.
"Was für wichtige Nachrichten gibt es, dass sie an den Rat persönlich weiter gegeben werden müssen?" Elias hob fragend eine Augenbraue.
"Sagt dir der Name Ria etwas?" Sofort kam ein nicken seinerseits.
"Natürlich. Wer kennt Ria bitte nicht, sie war die größte Seherin dieser Zeit." Anscheinend hatte ich seine Neugierde geweckt.
"Dann kennst du sicher auch das Gerücht, über ihr getötetes Kind. Aber es ist nicht wahr. Rias Kind lebt. Und hat etwas gesehen, was von höchster Bedeutung ist." Elias lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte skeptisch.
"Wie soll das Kind bitte leben?"
Sein misstrauen war berechtigt, dennoch musste ich es mir verkneifen, die Augen zu verdrehen.
"Amanda hat es gerettet." Elias schnaufte und schüttelte kurz den Kopf.
"Amanda scheint ihre Finger überall mit drin zu haben. Woher bist du sicher, dass es wirklich Rais Kind ist?"
fragte Elias, sah jetzt aber schon deutlich besänftigter aus als vorher.
"Amanda erkannte ihn, als wir bei ihr waren. Sie sagte, sie hätte gewusst, dass wir kommen würden." Elias beugte sich nach vorne und musterte mich erneut.
"Stellt sich noch eine Frage. Wieso ist ein Vampir mit einem Seher unterwegs?" Ich spürte, wie sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.
"Aus ein und demselben Grund. Wir hatten beide das selbe gesehen und so führte das Schicksal uns zusammen. Bevor die Frage aufkommt: ich wurde als Seher gefangen genommen und in einen Vampir verwandelt, um intensiver gefoltert werde zu können." Elias sah erstaunt aus.
"Vampir und Seher in einem. Das höre ich zum ersten Mal. Aber ich spüre, dass du die Wahrheit sprichst. Was haben du und der Seher gesehen?"
"Krieg." lautete meine stumpfe Antwort.
"Ein grausamer Krieg, zwischen Werwölfen und Vampiren, der fast die komplette Menschheit auslöscht." Elias Gesicht verlor sichtlich an Farbe und er öffnete den Mund. Brachte aber kein Wort heraus.
"Das hatte ich nicht erwartet. Ich dachte, es würde nur um einen einfachen Angriff der Vampire gehen, aber das....Das muss ich sofort dem Rat melden. Und am besten reden wir auch mit Rais Kind." Ich nickte.
"Er heißt Evan." Eigentlich wollte ich noch mehr sagen, aber ich spürte einen stechenden Schmerz an der Schläfe, der mich zusammen zucken ließ. Ein leises Zischen verließ meinen Mund und ich griff mit der Hand nach der Stelle.
Mir ging es bis gerade noch gut, also war vielleicht etwas mit Evan?
Hektisch suchte ich mein Handy in der Tasche.
"Hast du eine Gefährtin?" fragte Elias, der meine Sorge mitbekommen hatte und ich nickte nur abwesend.
Bitte lass ihn nichts passiert sein.
Als ich mein Handy gefunden hatte, wählte ich schnell Niclas Nummer und widerstand dem Drang an meinen Fingernägeln zu kauen.
Endlich hob Niclas ab.
"H-hey Jeremie. Wir-" Niclas räusperte sich. "-wir wollten dich gerade anrufen." Niclas Stimme klang sehr nervös und Elias runzelte die Stirn.
"Wo ist Evan? Es ist wichtig." Meine Stimme klang rauer, als ich wollte und kurz herrschte schweigen am Telefon. Im Hintergrund konnte ich das Wimmern einer Wölfin hören.
"Lana ist verletzt, wie du vielleicht hörst und Evan....er ist weg, Jeremie. Dein Bruder hat ihn mitgenommen. Es tut mir leid." Ich spürte, wie sich eine eisige Hand um mein Herz legte und zudrücken.
Gleichzeitig schnürte die Besorgnis mir die Luft ab und Tränen traten mir in die Augen. Ich klappte das Handy zu und ließ es auf den Tisch fallen. Dann vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen.
"Jeremie. Sobald er Rat Bescheid weiß, werden wir alles dafür tun, Evan zu befreien. Das schwöre ich dir." Ein leises schluchzen entfuhr mir. Was wenn es dann schon zu spät war?

Seher - Der FluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt